1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Facebook-Flop

Andrej Sokolow, Daniel Schnettler, dpa25. Dezember 2012

Es sollte ein glorreicher Höhepunkt für Facebook werden, ein Triumph der neuen Internet-Ökonomie - doch stattdessen geriet der Börsengang des weltgrößten Online-Netzwerks zum Desaster.

https://p.dw.com/p/16w2X
Monitors show the value of the Facebook, Inc. stock during morning trading at the NASDAQ Marketsite in New York J(Foto: Reuters)
USA Wirtschaft Börse Nasdaq will Facebook Anleger entschädigenBild: Reuters

Die Aktie kostet nur noch etwa halb so viel wie zum Start im Mai - und Besserung ist nicht in Sicht. Milliardenwerte haben sich in Luft aufgelöst. Es war eine Mischung aus Gier und Fehlern bei Facebook und den Banken sowie einer Verblendung der Investoren, die das Debakel heraufbeschwor. Ein Facebook-Börsengang war als das Mega-Ereignis seit Jahren erwartet worden. Entsprechend hoch war der Druck. Jeder neue Medienbericht über potenzielle Börsenbewertungen, die aus dem Handel mit wenigen Mitarbeiter-Aktien hochgerechnet wurden, setzte eine Markierung, unter die man nicht mehr ohne Gesichtsverlust gehen konnte. Zudem sollen sich die Investoren im Vorfeld förmlich um die Aktie gerissen haben.

Im Ergebnis kletterte der angepeilte Aktienpreis immer höher und die Investoren mussten schließlich 38 Dollar pro Papier zahlen. In den ersten Tagen nach dem Börsengang am 18. Mai hielt sich der Kurs gerade noch über dieser Marke. Zum Debüt konnte man das Ausbleiben eines Kurssprungs noch mit den massiven technischen Problemen erklären, die den Handel mit Facebook-Aktien für Stunden lähmten. Die Banken stützen den Kurs zunächst in der Hoffnung, dass er sich wieder fängt.

Bogen überspannt

 Doch schon wenige Tage später wurde klar: Facebook und seine Banken hatten mit dem Börsenwert von über 100 Milliarden Dollar den Bogen überspannt. "Die Leute, die dachten, sie könnten diese Aktie kaufen und einen enormen Sprung erleben, waren naiv", sagte ausgerechnet der Chef der US-Investmentbank Morgan Stanley, James Gorman. Die Skeptiker, die schon lange warnten, ein Börsengang mit dem außergewöhnlichen Verhältnis von 1:100 zwischen Jahresgewinn und Börsenwert gehe nie gut, konnten sich bestätigt fühlen. Zum einen war der Hunger der Investoren nach Facebook-Aktien dann doch nicht so hoch wie die Banken und Facebooks Finanzchef David Ebersman meinten.

Zum anderen schwächte sich das Wachstum des Online-Netzwerks ausgerechnet zum Gang aufs Parkett merklich ab. Facebook knackte zum Herbst zwar die Marke von einer Milliarde Mitgliedern. Doch mehr als die Hälfte von ihnen greift auf den Dienst von Smartphones und Tablets aus zu. Und da war am Anfang keine Werbung zu sehen und Facebook verdiente deutlich weniger. Zuletzt ging das Unternehmen mit Top-Managerin Sheryl Sandberg in die Offensive und verkündete erste Erfolge mit neuen Werbeformaten, die Anzeigen direkt in den Nachrichtenstrom der Nutzer einbringen - also auch auf mobilen Geräten. Wie sich dies in Zahlen niederschlägt, bleibt jedoch abzuwarten.

Hoffen auf Investoren

Der Gründer, Chef und Hauptaktionär Mark Zuckerberg stürzte durch den Kursverfall in der "Forbes"-Rangliste der reichsten Amerikaner von Rang 14 auf 36 ab. Sein virtuelles Vermögen schmolz von 17,5 auf 9,4 Milliarden Dollar. Anleger, die am ersten Börsentag Geld in Facebook-Aktien gesteckt haben, verloren dagegen zum heutigen Stand die Hälfte ihres ganz realen Geldes. Und gleichzeitig sammelten das Unternehmen und seine frühen Geldgeber wie der aus Deutschland stammende Peter Thiel satte 16 Milliarden Dollar ein. Mark Zuckerbergs Spruch am ersten Börsentag, das sei jetzt ein "ziemlich großartiger Hack" gewesen, bekommt angesichts der späteren Entwicklung einen entsprechend faden Beigeschmack.

Nach einer Serie von schlechten Nachrichten tauchte Mitte November ein Hoffnungsschimmer auf: Einige Investoren deckten sich in großem Stil mit Aktien ein als hunderte Millionen Papiere mit dem Ablauf von Haltefristen frei handelbar wurden. Während ein weiterer Kurseinbruch befürchtet wurde, legte die Aktie um zehn Prozent zu - zwar von einem niedrigen Niveau aus, aber immerhin zeugt das von etwas mehr Vertrauen der Anleger.