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"Der Fußball kann Brücken bauen"

26. April 2011

Als in Libyen der Krieg ausbrach, musste Antoine Hey das Land schnell verlassen. Dabei würde der ehemalige deutsche Bundesligaprofi nichts lieber tun, als seine Arbeit als Direktor für den libyschen Fußball fortzusetzen.

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Antoine Hey in Libyen. (Foto: Heike Möllers)
Erfahrener Entwicklungshelfer in Sachen Fußball: Antoine HeyBild: Heike Möllers

Antoine Hey ist keiner, den man leicht von seinem Weg abbringt. Dieser Weg hieß und heißt immer noch, den libyschen Fußball aufzubauen. Und diesen Weg wollte er auch nicht verlassen, als im Land schon gekämpft wurde. Schließlich musste er es doch – schweren Herzens. "Nicht nur für mich, für viele Deutsche, die sich in Libyen aufgehalten haben, kam diese Entwicklung überraschend", erinnert sich Hey an seine vorerst letzten Tage in Libyen. "Am 21. Februar war die Deutsche Schule in Tripolis noch normal geöffnet. Am 22. war die Situation dann schon so dramatisch, dass sowohl die deutsche Botschaft als auch die deutsche Schule geschlossen wurden und wir aufgefordert wurden, das Land zu verlassen."

Ein ausgebranntes Auto in Benghasi. (Foto: AP)
"Die Situation hat mich überrascht", sagt Antoine HeyBild: AP

Erst nach dieser ultimativen Aufforderung der Botschaft stieg Antoine Hey in Tripolis in die Sondermaschine zurück in seine Heimat. Dort im rheinischen Hilden bei Düsseldorf macht er mit seiner Arbeit als Technischer Direktor des libyschen Fußballverbands weiter – trotz des Bürgerkriegs. Er telefoniert mit Trainern und Spielern, jedenfalls dann, wenn die Mobilfunknetze funktionieren. Gefragt, wie seine Arbeit konkret aussieht, meint Hey: "Im Prinzip ist meine Aufgabe die gleiche, die Matthias Sammer beim Deutschen Fußball-Bund macht. Ich bin zuständig für den Fußball im Allgemeinen im libyschen Fußballverband. Das geht los bei der U17-Nationalmannschaft und geht hoch bis in den Seniorenbereich. Die Aufgabe ist sehr vielfältig, aber darin liegt auch der Reiz."

68 Spiele in der Bundesliga sowie Trainer in Lesotho

Hey hätte auch Nationaltrainer werden können, aber er zog ein Amt vor, dass weniger von Resultaten abhängig ist. Der heute 40-Jährige bringt viel Erfahrung mit: Er spielte 68-mal in der Bundesliga für Fortuna Düsseldorf und Schalke 04. Danach erwarb er die Fußball-Lehrer-Lizenz, trainierte Amateur-Mannschaften in Deutschland, aber auch Nationalmannschaften in Lesotho, Gambia, Kenia und Liberia. Geplant hatte es Antoine Hey nicht, den Großteil seiner Trainerkarriere in Afrika zu verbringen. Vielmehr waren es Zufälle und immer wieder Angebote von afrikanischen Fußballverbänden, die sich viel von seiner Expertise versprachen.

Menschen spielen Fußball im Flüchtlingslager von Ras Ajdir. (Foto: AP)
Im Flüchtlingslager von Ras Ajdir: Selbst im Bürgerkrieg spielen diese Libyer FußballBild: AP

Er habe von diesen Engagements aber auch selbst profitiert und habe Einblicke in ihm bis dahin fremde Kulturen bekommen. Seit Sommer 2010 also Libyen: Dort machte Hey seine ganz eigenen Erfahrungen, welche Ursachen der Aufstand gegen Machthaber Muammar al Gaddafi hat. "Ich selber war noch Ende Januar, Anfang Februar im Osten Libyens unterwegs. Mir ist aufgefallen, dass der östliche Teil weit hinter dem Westen zurückhinkt", bemerkt Hey. "Auch herrscht dort eine sehr große Unzufriedenheit darüber, dass in Tripolis unglaublich viel investiert wird und sehr viele Prestigebauten in Auftrag gegeben wurden, während im Osten davon sehr wenig angekommt."

Kontakt zum Gaddafi-Clan

Libysche Fans beim Afrika Cup. (Foto: AP)
Fußball ist mit Abstand der beliebteste Sport in LibyenBild: AP

Dennoch sei für ihn aber nicht alles schlecht gewesen, was der Clan von Herrscher Gaddafi gemacht habe. So habe der älteste Sohn Gaddafis, Muhammed Gaddafi, als Vorsitzender des Libyschen Olympischen Komitees viel für den Sport erreicht. Ganz gleich wie der Konflikt in Libyen ausgehen wird, Antoine Hey will seine Arbeit fortsetzen. "Ich glaube, dass es keine Sportart und keine Institution so vermag zu verbinden und Brücken zu bauen wie der Fußball." Diese These untermauert er mit einem Beispiel aus einem anderen Land im Bürgerkrieg. "Man hat es ja im Irak gesehen, was in einer noch schlimmeren Lage war. Überraschenderweise ist Irak dann trotz dieser Situation Asien-Cup-Sieger geworden. Von daher glaube ich, dass der Fußball ein Stück weit dazu beitragen kann, die Ereignisse dieses schrecklichen Bürgerkriegs vergessen zu machen."

Libyen ist Ausrichter des Afrika-Cups 2013

Es sind große Aufgaben, vor denen der Sport und die Gesellschaft in Libyen stehen. Denn schon 2013 soll das Land den Fußball-Afrika- Cup ausrichten. Der Bau der Stadien wurde allerdings wegen der Konflikte unterbrochen. Dennoch glaubt Hey fest an die Ausrichtung des Turniers. "Sobald dieser Konflikt wie auch immer beendet ist, werden es sich die Libyer nicht nehmen lassen, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um dieses Turnier stattfinden zu lassen. Das ist auch eine Frage des Prestiges und des nationalen Stolzes." Und für Antoine Hey ist es eine Frage der Ehre, dem libyschen Fußball dabei zu helfen.

Autor: Joscha Weber

Redaktion: Arnulf Boettcher