1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Portrait von Joachim Löw

6. Juni 2010

Als Fußballprofi war Joachim Löw guter Durchschnitt in der zweiten Liga. Als Vereinstrainer hat er immerhin zwei nationale Titel gewonnen. Als Bundestrainer ist er einer der erfolgreichsten, den Deutschland je hatte.

https://p.dw.com/p/ND1V
Immer freundlich, wenn auch nicht herzlich: "Jogi" Löw. Foto: Oliver Berg
"Jogi" LöwBild: picture-alliance/ dpa
Ein gutes Team: selten ist Joachim Löw ohne seinen Schal zu sehen, wie hier beim Spiel gegen Wales im Oktober 2008. (AP Photo/Frank Augstein)
Löw und sein SchalBild: AP

Jogi – so wurde Joachim Löw schon als jungendlicher Kicker genannt. Das passt: denn schon damals galt Löw als ruhig und gelassen – wie ein Jogalehrer halt. Immer freundlich, wenn auch nicht herzlich. Emotionale Ausbrüche kennt man von ihm nicht. Bei der Europameisterschaft 2008 wurde er im letzten Gruppenspiel gegen Österreich etwas lauter, als einer der Schiedsrichter-Offiziellen ihn und seinen Trainerkollegen auf die Tribüne schickte, weil sie die Coaching-Zone angeblich zu oft verlassen hätten. Das war aber auch das höchste der Gefühle. Und wenn es um sein Privatleben geht, ist er regelrecht verschlossen: Er wurde vor fünfzig Jahren im Schwarzwald geboren, ist verheirat, erlernter Beruf: Großhandelskaufmann. Höchst selten beantwortet er Fragen wie diese: Lieblingsmusik? "Udo Jürgens." Lieblingsgetränk? "Mineralwasser." Lieblingsessen? "Italienische Küche, Fisch, Tortellini." Lieblingsurlaubsort? "Italien." Lieblingskleidung? "Bademantel." Bademantel? Das verwundert. Die meisten hätten wohl auf das Seidenhalstuch getippt, das er - wenn es nicht zu warm ist - immer trägt. Löw ist immer topgestylt, fast dandyhaft wirkt sein Auftreten

Guter Zweitligaspieler

Freiburgs Abwehrspieler Joachim Löw (l) im Zweikampf mit dem Berliner Blau-Weiß-Stürmer Thorsten Schlumberger. Der SC Freiburg verliert am 20.05.1989 im heimischen Dreisam-Stadion das Fußball-Zweitligaspiel gegen Blau-Weiß 90 Berlin mit 2:4. (dpa)
Löw als Spieler in FreiburgBild: picture-alliance/ dpa

Als Fußballprofi war Joachim Löw guter Durchschnitt in der zweiten, kurzfristig auch in der ersten Bundesliga. Die meiste Zeit spielte er beim SC Freiburg. Viermal lief er sogar für die U21-Nationalmannschaft auf. Als Vereinstrainer war er in Deutschland, Österreich und in der Türkei tätig. Dabei gewann er mit Tirol Innsbruck einmal den Meistertitel und mit Stuttgart einmal den DFB-Pokal. Meistens wurde er jedoch als Coach vorzeitig entlassen. Als Assistenz-Trainer von Jürgen Klinsmann hatte er maßgeblichen Anteil an Deutschlands Sommermärchen, als das DFB-Team bei der Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land Dritter wurde. Als er dann nach der WM offiziell zum Bundestrainer ernannt wurde, war er überzeugt: "Ich glaube, dass wir eine Spieler-Generation haben, die eine goldene Generation werden kann." Tatsächlich schaffte seine Mannschaft nach holprigem Start doch noch einen tollen zweiten Platz bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz – hinter Spanien.

Eine Frage des Geldes

Löw (links) mit seinem Kapitän Michael Ballack beim Training. (AP Photo/Daniel Roland)
Löw mit Kapitän BallackBild: AP

Nachdem Deutschland sich direkt für die WM in Südafrika qualifiziert hatte, verkündete der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes Theo Zwanziger schon gleich die Vertragsverlängerung mit Löw, die per Handschlag besiegelt worden sei. Löw aber bestritt dies und bei einem offiziellem Treffen Anfang dieses Jahres wurde deutlich, warum: Löw und Teammanager Oliver Bierhoff forderten zu viel Geld – der Vertrag wurde nicht unterschrieben. Die Empörung in Fußball-Deutschland war groß: der liebe Jogi geldgierig? Noch größer aber die Schlagzeilen einige Monate später: Der Bundestrainer gibt den formschwachen Spielern Miroslav Klose und Lukas Podolski eine Stammplatzgarantie, während er mit Kevin Kuranyi, den er im Oktober 2008 wegen Disziplinlosigkeit für immer aus dem Kader verbannt hatte, einen der torgefährlichsten Spielern der Bundesliga zu Hause lässt. Stellt er persönliche Motive vor sportlichen Fakten?

Die meisten der über 80 Millionen selbsternannten Bundestrainer in Deutschland sind mittlerweile von ihrem früher allseits beliebten Nationalcoach abgerückt. Die Kluft kann wohl nur durch eins wieder gekittet werden. Durch ein erfolgreiches Abschneiden bei der WM in Südafrika – also mindestens Platz drei.

Autorin: Sarah Faupel

Redaktion: Wolfgang van Kann