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Politik

Der Hongkonger Denkmalsturz geht weiter

24. Dezember 2021

"Göttinnen der Demokratie" haben in China derzeit schlechtere Karten denn je. Kein Wunder, dass in zwei Universitäten Hongkongs entsprechende Statuen und Bilder entfernt oder überpinselt wurden.

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Die "Göttin der Demokratie" auf dem Campus der der Chinese University of Hong Kong - sie ist Geschichte
Die "Göttin der Demokratie" auf dem Campus der Chinese University of Hong Kong - sie ist GeschichteBild: Liau Chung-ren/ZUMA/picture alliance

Zwei weitere Hongkonger Universitäten haben Statuen zum Gedenken an die Opfer von 1989 auf dem Pekinger Tiananmen-Platz beseitigt. Vom Campus der Chinese University of Hong Kong (CUHK) wurde die 6,4 Meter hohe Bronzestatue "Göttin der Demokratie" entfernt, die eine Flamme in die Höhe hält. Die Skulptur des Künstlers Chen Weiming war die Nachbildung einer riesigen Statue, die Studenten auf dem Tiananmen-Platz errichtet hatten. Für Hongkongs Demokratie-Bewegung war sie ein wichtiges Symbol.

Ungefähr zur selben Zeit ließ die Lingnan University of Hong Kong eine ebenfalls von Chen geschaffene Reliefstatue demontieren und eine Wand mit einem Bild der "Göttin der Demokratie" übermalen. Wegen der Weihnachtsferien war der Campus fast menschenleer.

Künstler Chen Weiming droht mit Klagen 

Der in den USA lebende Chen äußerte "Bedauern und Wut" über die Entfernung seiner Werke. Das Verhalten der Hongkonger Universitäten sei "illegal und unvernünftig". "Sie haben sich wie ein Dieb in der Nacht verhalten", sagte Chen. "Das war das Gegenteil von sauber und ehrlich." Der Künstler will beide Hochschulen verklagen, falls seine Werke beschädigt wurden.

Die CUHK erklärte, sie habe die "nicht autorisierte Statue" nach einer internen Überprüfung entfernt. Auch die Lingnan University erklärte, sie habe das Relief entfernt, nachdem sie "Gegenstände auf dem Campus überprüft und bewertet hatte, die rechtliche und Sicherheitsrisiken für die Universität darstellen könnten".

Der in den USA lebende Künstler Chen Weiming, der die nun entfernten Werke an den Hongkonger Unis geschaffen hat
Der in den USA lebende Künstler Chen Weiming, der die nun entfernten Werke an den Hongkonger Unis geschaffen hat Bild: Ringo Chiu/Zuma/imago images

Unterdessen wurden auf dem Campus der Lingnan University Flugblätter mit dem chinesischen Schriftzeichen für "Schande" gesichtet. Zwei junge Frauen - nach eigener Darstellung ehemalige Studentinnen - sagten, sie hätten die Flugblätter aufgehängt. "Sie löschen die Geschichte aus. Ich möchte nicht gezwungen werden zu vergessen", sagte eine der Frauen.

"Säule der Schande" fiel als erste

Bereits am Donnerstag hatten Bauarbeiter eine Statue an der Hong Kong University (HKU) abgebaut. Die acht Meter hohe "Säule der Schande" erinnerte ebenfalls an die gewaltsame Niederschlagung der Demokratie-Proteste in Peking 1989 und stand seit 1997, als die frühere britische Kronkolonie Hongkong an China zurückgegeben wurde, auf dem Campus der HKU.

Die "Säule der Schande" wurde bereits am Donnertag vom Gelände der Universität von Hongkong entfernt
Die "Säule der Schande" wurde bereits am Donnertag vom Gelände der Universität von Hongkong entferntBild: Isaac Wong/ZUMAPRESS/picture alliance

Die Sonderverwaltungszone Hongkong war jahrzehntelang der einzige Ort in China, an dem ein Gedenken an die Toten von Tiananmen noch toleriert wurde. Nach monatelangen Massenprotesten 2019 gegen den wachsenden Einfluss Pekings gehen die Behörden inzwischen jedoch mit zunehmender Härte gegen Kritiker in der Wirtschaftsmetropole vor. Im Juli 2020 trat das sogenannte Sicherheitsgesetz in Kraft: Es erlaubt den Behörden ein drakonisches Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Zahlreiche Führungsfiguren der Opposition wurden seither festgenommen oder gingen ins Exil.

Die Behörden erklärten, dass auch Gedenkveranstaltungen zu den Ereignissen auf dem Tiananmen-Platz als "umstürzlerisch" gewertet und bestraft würden. Im Juni 1989 hatte die chinesischen Armee Studentenproteste auf dem Pekinger Tiananmen-Platz gewaltsam niedergeschlagen. Wie viele Menschen dabei getötet wurden, ist bis heute unklar. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von mehreren hundert bis mehreren tausend Opfern.

sti/rb (afp, rtr)