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Verschwörungsfilme im Kino

Jochen Kürten
19. Mai 2020

"JFK" und Co.: Verschwörungstheorien im Kino - Oliver Stones Film über den Kennedy-Mord ist ein Werk, das selbst Verschwörungstheorien in die Welt setzt. Doch vergleichbare Filme kommen nicht nur aus Hollywood.

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JFK Dokumente - Oliver Stone signiert Plakat von John F. Kennedy
Bild: Imago/UPI Photo

Diese Theorie hat noch niemand geäußert - vermutlich: Corona wurde von der mächtigen Streaming-Lobby um Netflix, Amazon & Co. in die Welt gebracht um den Konkurrenten Kino in die Knie zu zwingen. Das ist natürlich absoluter Blödsinn. Und doch kann niemand ausschließen, dass irgendjemand auf der Welt auch diese krude These aufstellt. Keine Verschwörungstheorie ist irrsinnig genug, als dass sie nicht zu Papier gebracht oder im Internet verbreitet werden würde.

Verschwörungstheorien sind gar keine Theorien, sondern irrationale Gedankenspiele

USA | Filmstill | Die drei Tage des Condor: Ein Paar steht sich gegenüber
Vietnam-Trauma beförderte Verschwörungstheorien in den USA: Robert Redford im Paranoia-Thriller "Die drei Tage des Condor" mit Faye DunawayBild: picture-alliance/dpa/United Archives

In diesen Tagen, in denen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie Verschwörungstheorien grassieren, lohnt ein Blick zurück in die Filmgeschichte. Doch zunächst einmal: Eigentlich ist der Begriff "Verschwörungstheorie" unsinnig. Denn um eine Theorie handelt es sich ja meistens nicht. Eher um einen "Mythos", eine "Erzählung", ein "Märchen". Diese Begriffe würden besser passen. Verschwörungstheorien haben meistens weniger mit "Theorie" zu tun als das, wogegen sie sich richten.

Der Mord an US-Präsident John F. Kennedy in Dallas im Jahre 1963 hat zu einer ganzen Flut an Verschwörungstheorien geführt. Mal war es die CIA, mal die Sowjetunion, mal die Kubaner oder die Exil-Kubaner. Es gibt Theorien, die die Mafia als Urheber des Attentats ausmachen, auch welche, die die späteren Präsidenten Lyndon B. Johnson und George Bush sen. als Drahtzieher vermuten. Und das sind nur die "seriösen" Theorien - wenn man das Adjektiv in diesem Zusammenhang überhaupt benutzen kann. Bei einigen anderen, noch weit bizarreren "Theorien", spielen Homosexuelle oder Ufos die Hauptrolle.

Populärer Streifen über politisch-wirtschaftliche Verschwörungen: "JFK"

Filmstill JFK: Gerichtsszene mit Reportern und Anwalt und vielen Menschen
Aufrechter Staatsanwalt: Kevin Costner deckt in "JFK" vermeintliche Verschwörungen aufBild: Imago/Entertainment Pictures

Das hat das Kino natürlich irgendwann gierig aufgegriffen. Und weil der Mord an Kennedy bis heute nicht restlos aufgeklärt scheint, hatten Autoren, Produzenten und Regisseure leichtes Spiel und freie Hand. Wo Tatsachen im Nebel bleiben, lässt sich leicht spekulieren. Oliver Stones Film "JFK" (dt. Titel: "JFK - Tatort Dallas"/unser Bild oben) aus dem Jahre 1991 ist der bis heute populärste Film über den Mord. Kevin Costner war damals auf dem Höhepunkt seiner Karriere, ebenso US-Regisseur Oliver Stone.

Aber - bei aller filmischer Brillanz: Auch Stone heizte mit "JFK" die wilden Spekulationen über die Drahtzieher des Mordanschlags an. Bei Stone spielt vor allem die Waffenindustrie eine Rolle: Im Film sind die Produzenten der großen Waffenkonzerne die Drahtzieher, weil Kennedy unterstellt worden war, den Kalten Krieg beenden zu wollen. Die Logik dahinter: Keine Kriegsbedrohung, kein Wettrüsten, weniger Waffenkäufe, sinkender Umsatz - da musste der Verantwortliche für diese Entwicklung, John F. Kennedy, aus dem Weg geräumt werden, so die im Film geäußerte These.

Kino und Verschwörungstheorien - populistisch, unterhaltend, kritisch

Das Kino hat sich schon immer mit Verschwörungstheorien auseinandergesetzt. Das ist populärer Kino-Stoff. Dabei gibt es sowohl Beispiele für Filme, die reale Verschwörungen aufdecken als auch solche, die über wilde Theorien spekulieren. Es gibt Filme, die Verschwörungstheorien befeuern - die antisemitischen Propagandastreifen aus Nazi-Deutschland sind hier ein besonders gravierendes Beispiel. Und es gibt Filme, die "Verschwörungstheorien" kritisch hinterfragen.

Die Vereinigten Staaten als Nährboden für Verschwörungstheorien

Film | Das Testament des Dr. Mabuse | Fritz Lang: Schwarz-weiß-Szene mit zwei männlichen Personen, der eine ängstigt sich vor dem anderen
Thema Verschwörungstheorie im deutschen Stummfilmkino: Fritz Langs "Das Testament des Dr. Mabuse"Bild: picture-alliance/dpa/Everett Collection

Viele Filme zum Thema kommen aus Hollywood. Das mag an der mächtigen Film-Industrie mit all ihren schöpferischen Möglichkeiten und kreativen Köpfen liegen. Es hat aber vielleicht auch andere Gründe. Das scheint gerade heute einleuchtend: Im aufgeheizten gesellschaftlichen Klima der USA, mit einem Präsidenten an der Spitze, der gerne selbst alle möglichen Theorien in die Welt posaunt, blühen Verschwörungstheorien. Möglicherweise hat es auch mit der Größe des Landes, der Eigenständigkeit der Bundesstaaten, der Freiheitsliebe vieler Bürger und der Entfernung zur Hauptstadt Washington zu tun. Auf jeden Fall ist mangelnde Bildung immer ein Grund für das Entstehen von Verschwörungstheorien. Wie auch immer: in ein paar Jahren werden wir wohl einige Filme über Corona, Trump und Co. sehen.

Doch auch das deutsche Kino hat einiges zum Thema beigetragen. Schon während der Blüte des Weimarer Films, als die Menschen auf der Leinwand noch stumm agierten, wurde es häufig aufgegriffen, "Das Cabinet des Dr. Caligari", die "Mabuse"-Filme von Fritz Lang und nicht zuletzt "Metropolis" vom gleichen Regisseur behandelten in irgendeiner Art und Weise Verschwörungen.

Gut vorstellbar also auch, dass in ein paar Jahren das deutsche Kino von einer ganzen Welle von Verschwörungsthrillern heimgesucht wird, die dann das Thema Corona verarbeiten.