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Klimawandel

Das Gespräch führte Judith Hartl.18. Juli 2012

Die Gesprächsatmosphäre beim Petersberger Klimadialog sei sehr gut gewesen, so der ehemalige Chef des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer. Das sei entscheidend, damit der Klimagipfel in Katar erfolgreich werden kann.

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Klaus Töpfer (Foto: dapd)
Bild: dapd

Deutsche Welle: Herr Töpfer, glauben Sie denn an den menschgemachten Klimawandel?

Klaus Töpfer: Ich habe nie daran 'geglaubt'. Mein Glaube bezieht sich auf das, was ich in der Kirche tue. Ich bemühe mich, das nachzuvollziehen, was Wissenschaftler erforschen. Und deswegen sage ich, es wäre unverantwortlich, wenn wir uns in einer solchen wissenschaftlichen Beweislage nicht mit den Fragen des Klimawandels ernsthaft auseinandersetzen würden.

Sie haben einmal gesagt, der Klimawandel ist eigentlich nicht mehr vermeidbar …

Ob der Klimawandel - wie einige meinen - nun eine natürliche Schwankungsgröße oder ob er in hohem Maße vom Menschen gemacht ist: Das Klima verändert sich und daran müssen wir uns anpassen. Wir dürfen nicht nur darüber nachdenken, sondern müssen konkret handeln.

Wie bekommen wir beispielsweise eine Wirtschaftsstruktur zustande oder eine Agrarstruktur, die solche Feldfrüchte weiterentwickelt und nutzt, die eine größere Klimaresistenz haben. Wie können wir es erreichen, dass wir besser auf massive Naturereignisse vorbereitet sind, wie starke Regenfälle oder Dürren. Die hat es früher auch gegeben, aber nicht in dieser Intensität und in dieser Häufigkeit. Dass sich das Klima ändert, das bestreitet niemand und deshalb müssen wir uns die Frage stellen: Wie passen wir uns an diese Änderung an?

Jetzt ist immer die Rede von zwei Grad Celsius Erwärmung, die man maximal erreichen will oder von vier Grad, die man auf keinen Fall erreichen darf. Ist es denn tatsächlich ein so großer Unterschied, ob sich das Klima um zwei oder um vier Grad erhöht?

Aber ja! (lacht) Es sind ja Durchschnittswerte. Wenn wir von zwei Grad im Durchschnitt sprechen, wissen wir, dass das in der Arktis deutlich darüber liegt - das tut es jetzt schon. Der Unterschied zwischen zwei und vier Grad durchschnittliche globale Erwärmung ist wirklich gewaltig! Das Problem liegt darin, dass schon eine leichte Erwärmung zu Konsequenzen in der Stabilität der Natur führt. Das sehen wir bei uns in Deutschland und in Afrika sieht man es noch viel, viel stärker.

Dürre in der Trockensavanne Kenias (Foto: dpa)
Klimaflüchtlinge in KeniaBild: picture alliance/dpa

Dass beispielsweise die Dürren viel schlimmer ausfallen?

Ja, sicher, und dass wir dort noch stärkere Probleme bekommen. Gerade dort. Die Instabilität der Natur ist zum Beispiel in den Savannen schon jetzt deutlich sichtbar. Gehen sie in den Norden Kenias, dann sehen sie, wie wichtig es ist, dass wir diese Dinge sehr ernst nehmen.

Und welche Lösungen gäbe es für den Norden Kenias? Die Menschen müssen ja trotz Klimawandel und trotz stärkerer Dürren weiter dort leben …

Es gibt endlich die Erkenntnis, dass es nicht nur um Brunnen bohren geht, sondern um einen besseren Auffang und ein besseres Zurückhalten von Niederschlägen, die auch dort konzentrierter erfolgen als in der Vergangenheit. Da gibt es gute Techniken.

Im Energiebereich ist Kenia ein sehr gutes Beispiel. Im Rift Valley, einer jungen geologischen Formation, gibt es eine Menge Erdgas. Dort erzeugen bereits jetzt drei kommerziell betriebene Geothermiekraftwerke Strom. Eine tolle Sache! Wir haben einmal die Kapazität errechnet: Wir kommen auf über 20.000 Megawatt, also auf mehr als 20 Kernkraftwerke.

Der nächste Klimagipfel findet in Katar statt - ausgerechnet könnte man sagen - Katar ist das Land mit den größten Reserven an Gas und Öl und nirgendwo anders auf der Welt ist der CO2-Ausstoß pro Kopf höher als hier. Sollte es ein Signal sein, die Klimakonferenz nach Katar zu geben oder ist das schon Resignation?

(Lacht) Es kann resignativ ausgelegt werden. Aber ich glaube, dann flüchtet man vor den Realitäten dieser Welt. Katar ist ein Land, das in hohem Maße Sonne ernten kann. Man weiß dort, dass man vorsorgen muss, aus ökonomischen Gründen - damit man nicht urplötzlich von einem der wichtigsten Energielieferanten zu einem Importeur von Energie wird, wenn sich die Zeit von Öl und Gas dem Ende nähert.

Ja, man kann resigniert sein - ich bin es nicht - ich bin ganz im Gegenteil der Überzeugung, dass es endlich zu einer vernünftigen Gesprächskultur mit den Erdöl und Gas erzeugenden Ländern kommt. Dass wir deutlich machen können, dass eine Welt mit bald acht Milliarden Menschen dringlich der Erneuerbaren Energien bedarf. Niemand streitet das mehr ab. Nur noch diejenigen, die auf die ewige Gestrigkeit setzen. Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass uns die Energiewende nicht eine Last, sondern eine Chance ist.

Klaus Töpfer ist CDU-Politiker. Von 1987 bis 1994 war er Bundesumweltminister. 1998 trat Klaus Töpfer sein Amt als Chef des UN-Umweltprogramms in Nairobi (UNEP) an, welches er bis 2006 innehatte. 2009 wurde Töpfer Gründungsdirektor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam, einem Spitzenforschungsinstitut für Klimawandel, Erdsystem und Nachhaltigkeit.