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Zauberkunst

Michael Hartlep8. Mai 2012

Gedanken lesen, die Schwerkraft überwinden und Gegenstände verschwinden lassen. Um das zu können, muss man nicht Harry Potter heißen. Jeder kann es lernen, im Magischen Zirkel, der deutschen Zauberervereinigung.

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Schwarz-weiß Bild eines Magiers, der eine Frau schweben lässt (Foto: Magischer Zirkel Hamburg)
Der südamerikanische Zauberkünstler Richiardi lässt den Taum von Schweben wahr werden.Bild: Wittus Witt

Zum Zaubern genügen Fingerfertigkeit, ein bisschen Psychologie und ein paar präparierte Hilfsmittel. Die gibt es nicht in der Londoner Winkelgasse, sondern im Bonner Zauberstudio Kellerhof. "Zählen Sie bitte einmal 32 Karten auf den Tisch." Hinter einem Glastresen steht der Zauberer Alfred Kellerhof und führt einen seiner Tricks vor. Im Halbkreis das Publikum, dass gebannt auf die Karten schaut. "Ich mache mal eine Vorhersage", sagt Kellerhof und zückt eine kleine Kreidetafel. Niemand sieht, was er darauf zeichnet. "Gut! Kann jemand diese Karte kennen?" fragt Kellerhof in die Runde und deutet auf die oberste Karte. Er dreht sie um, zeigt die Aufschrift der Kreidetafel - und erntet Applaus und Lachen. Herz König, genau wie Kellerhof es vorhergesagt hat.

Ein mann führt einen Kartentrick vor (Foto: DW)
Der Seniorchef beim KartentrickBild: DW

Zauberfachgeschäft Kellerhof

84 Jahre ist er alt und Seniorchef des Zauberfachgeschäftes im Bonner Stadtteil Niederkassel. Mannshohe Glasvitrinen stehen an den Wänden: Silberne Gefäße, Spielkarten finden sich darin und natürlich Zauberstäbe in allen Farben und Formen. Daneben liegen zusammengeschnürte Seile und mit Glitzerstreifen beklebte Holzkisten. Eine Hand mit Kunstblut hält sich am oberen Regalrand fest. Keine Frage: Egal, was der Magier begehrt, er findet es in Kellerhofs Geschäft.

Zauberrequisiten in einer Vitrine (Foto: DW)
Requisiten im ZaubergeschäftBild: DW

„Aus allen Ecken der Welt lassen wir uns neue Zauberkunststücke schicken. Nur die besten Tricks werden ins Sortiment aufgenommen“, erzählt Kellerhof. Heute steht nur noch selten hinter dem Verkaufstresen. Längst hat er die Führung des Geschäftes an seinen Sohn Jochen übergeben. Die meisten Artikel werden inzwischen über das Internet verkauft. Doch jeden Samstag öffnen die Kellerhofs für zwei Stunden den Laden. Dann kommen die Freunde der Zauberkunst, tauschen sich aus und lassen sich die neuesten Kunststücke vorführen. Wie ein Trick funktioniert erfahren die Kunden aber erst, wenn sie ihn kaufen.

Mann führt einen Kartentrick vor (Foto: DW)
Die Kunst des GedankenlesensBild: DW

Der Reiz des Zauberns

Aufmerksam beobachtet ein junger Mann mit Kappe und Strubbelhaaren den Kartentrick von Kellerhof. Seine jugendliche Kleidung lässt kaum vermuten, dass er schon eine Größe in Zaubererkreisen ist. Denn mit seinen Händen kann Julius Perez-Vargas kleine Kunststücke vollbringen, Gegenstände erscheinen oder verschwinden lassen, oder die Farbe und Form ändern. Mit seiner Geschicklichkeit hat er letztes Jahr sogar die Jury der Deutschen Jugendmeisterschaft beeindruckt. Seitdem darf er sich Jugendmeister in der Sparte Manipulation nennen. Am Zaubern findet er eine Sache besonders faszinierend: "Es gibt einen ganz kleinen Augenblick, nachdem man ein Kunststück gezeigt hat und die Leute sich fragen, wie man das gemacht hat. Und dann glauben sie wirklich an die Zauberkunst. Das ist echt das Nonplusultra."

Ein paar Meter weiter zeigt ein Mann mit einem riesigen Clownsgesicht auf dem schwarzen T-Shirt einen Trick mit einem Faden, den er über die Finger der beiden Hände gezogen hat und in Windeseile zu immer neuen Figuren verändert. Neben ihm steht sein Kollege Ulf Bürger. Wenn Bürger nicht gerade im Zauberladen neue Tricks kauft oder selbst auf der Bühne steht, arbeitet er bei der Deutschen Welle als Beauftragter für IT-Sicherheit. "Wenn jemand einen Virus auf dem Rechner hat sagen die Kollegen immer: Geh zum Bürger, der läst den wieder verschwinden!", sagt Bürger und lacht.

Ein Mann führt einen Zaubertrick mit einem Seil vor (Foto: DW)
Der neueste SeiltrickBild: DW

Schon als Kind faszinierten ihn die kleinen Kunststücke seines Großvaters. Mit dem ersten Zauberkasten, den Bürger zum siebten Geburtstag bekam, war die Leidenschaft für die Zauberkunst entfacht. Bürger weiß noch genau, wie er 1998 seine Prüfung ablegte und sich durch eine Stunde Theorie und Praxis kämpfte. Heute ist er selbst geprüfter Zauberer und sogar Orts-Vorsitzender des Magischen Zirkels, der in ganz Deutschland vertreten ist. Wie jeder Verein hat auch der Magische Zirkel strenge Regeln, an die sich alle Mitglieder halten müssen. So ist es strengstens untersagt, die Geheimnisse an Nichtzauberer zu verraten, erklärt Bürger: "Wenn ich einen Zaubertrick zeige, dann entsteht ein Bild im Kopf. Aber wenn man es dann erklärt, ist das wie ein Funken, der direkt wieder erlischt". Seit den Gründungstagen hat sich der Magische Zirkel dieses Prinzip bewahrt.

Ein Mann lässt einen USB Stick in der Luft schweben (Foto: Ulf Bürger)
Ulf Bürger bei seiner Arbeit als IT-SpezialistBild: DW

Der Magische Zirkel 

Genau 100 Jahre ist es her, dass Karl Schröder in Hamburg den ersten Magischen Zirkel Deutschlands ins Leben rief. Inspiriert von berühmten Illusionisten wie Harry Houdini und Friedrich Willhelm Conradi-Horster hatte der Kaufmann die Idee zu dem Verein, der sich der Förderung und Pflege der klassischen Zauberkunst widmen sollte. Mit 50 Gleichgesinnten setzte er sie in die Tat um und wurde zum Vorsitzenden des magischen Zirkels gewählt. Heute sind es bereits mehr als 2800 Zauberer, die auf scheinbar unerklärliche Weise Gedanken vorhersagen, die Schwerkraft überwinden und Gegenstände verschwinden lassen.

Schwarz-weiß-Aufnahme von Karl Schröder, dem Gründer des Magischen Zirkels (Foto: Magischer Zirkel Hamburg)
Der Gründer des Magischen Zirkels Karl Schröder.Bild: Thomas E. Gundlach

Eines hat sich aber nicht geändert. Noch immer sind es meistens Männer, die sich der Magie und Zauberkunst verschreiben. Der Vorsitzende des Magischen Zirkels Bonn Ulf Bürger hat dafür eine einfache Erklärung: "Also da sind wir selber Schuld. Früher war es ja so, dass die Frauen als Assistentinnen da waren und zersägt wurden. Ich habe das als Jugendlicher direkt ausprobiert mit meiner Schwester, jetzt habe ich zwei Halbschwestern." Bürger schmunzelt und ergänzt, dass sich inzwischen auch immer mehr Frauen für die Zauberkunst interessieren. Manche haben es sogar schon zu einiger Bekanntheit gebracht, wie die 27-jährige Alana Möhlmann, die mit ihrer Fingerfertigkeit 2011 sogar den Titel "Deutsche Meisterin der Zauberkunst" gewann. Als erste Frau wurde sie Anfang des Jahres wurde vom Magischen Zirkel zur Magierin des Jahres gewählt.