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Der Maidan in Kiew brennt

19. Februar 2014

Nach einem Tag und einer Nacht der Gewalt hält die Konfrontation in der ukrainischen Hauptstadt an. Die bisherige Bilanz: 25 Todesopfer. Präsident Janukowitsch gibt sich unbeugsam und verteidigt sein Vorgehen.

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Ein Regierungsgegner auf dem rauchenden Maidan (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Eskalation in Kiew - Tote und Verletzte

Ein Großaufgebot der Sicherheitskräfte hat am Dienstagabend zum Sturm auf den von Demonstranten belagerten Unabhängigkeitsplatz, den Maidan, angesetzt. Pro-europäische Regierungsgegner und Sicherheitskräfte lieferten sich heftige Schlachten. Aktivisten setzten Barrikaden in Brand, um ein weiteres Vorrücken der Polizei zu verhindern. Diese ging auch mit Wasserwerfern und gepanzerten Fahrzeugen gegen die Protestierer vor.

Mittwochfrüh hatten die Sicherheitskräfte laut Augenzeugen knapp die Hälfte des Maidan eingenommen. Vom Unabhängigkeitsplatz steigen Rauchsäulen auf. Derzeit ist der Platz von Polizisten und Sondereinheiten umstellt. Damit soll auch verhindert werden, dass weitere Regierungsgegner auf den Platz strömen beziehungsweise die Aktivisten mit Barrikadenmaterial versorgt werden. Aus der Provinz trafen bereits Busse mit Demonstranten in Kiew ein.

Eskalation in Kiew - Tote und Verletzte

Die Oppositionsaktivisten auf dem Maidan wappnen sich gegen neue Zusammenstöße mit den Polizei- und Sondereinheiten. "Bringt alles zu den Barrikaden, das brennt und alles, das sie verstärkt", forderten Redner von einer Bühne.

Auch im übrigen Kiew herrscht gespannte Ruhe. Die Innenstadt wirkt wie ausgestorben. Geschäfte blieben ebenso geschlossen wie Schulen und Kindergärten. Das U-Bahnnetz der Millionenstadt Kiew ist nach wie vor komplett gesperrt.

Ausschreitungen auch in der Provinz

Bei den schweren Straßenkämpfen in der ukrainischen Hauptstadt sind seit Dienstag mindestens 25 Menschen getötet worden. Laut Innenministerium sind darunter neun Polizisten. Ein Journalist der Tageszeitung "Westi" wurde von Maskierten erschossen. Nach unbestätigten Medienberichten liegen noch zusätzliche Leichen im Michailowski-Kloster in Kiew aufgebahrt. Mehr als 240 Menschen wurden laut offizieller Darstellung verletzt. In inoffiziellen Berichten ist von bis zu 1000 Verletzten die Rede. Beide Seiten beschuldigten sich gegenseitig, für die Eskalation der Lage veranwortlich zu sein.

Aktivisten versuchen, auf dem Maidan neue Barrikaden zu errichten
Aktivisten versuchen, auf dem Maidan neue Barrikaden zu errichtenBild: Getty Images

Nach der Zuspitzung der Lage in Kiew kam es auch im anti-russisch geprägten Westen der früheren Sowjet-Republik zu schweren Ausschreitungen. In Lwiw, dem früheren Lemberg, stürmten Demonstranten den Sitz der Regionalregierung und ein Polizeirevier. Andrej Sadowy, der Bürgermeister der Großstadt, rief die Polizei über Facebook auf, zu den Regierungsgegnern überzulaufen. In Ternopol setzten Anhänger der Opposition ein Polizeigebäude in Brand. Ausschreitungen und Angriffe auf Regierungsgebäude wurden auch aus Iwano-Frankowsk und Rowno gemeldet.

Janukowitsch sagt Opposition den Kampf an

Der umstrittene pro-russische Präsident Viktor Janukowitsch verteidigte in einer Rede an die Nation den Einsatz von Gewalt. Einige Regierungsgeger hätten eine "rote Linie überschritten", als sie ihre Anhänger auf dem Unabhängigkeitsplatz "zu den Waffen gerufen" hätten, sage er.

Janukowitsch sprach von "Kriminellen, die vor Gericht gehören". "Sie haben das Prinzip der Demokratie verletzt, wonach man die Macht durch Wahlen erhält und nicht durch die Straße." Der Staatschef fügte hinzu, sollten sich die Oppositionsführer nicht von den radikalen Kräften distanzieren, werde er einen anderen Ton anschlagen.

Zuvor hatte sich Janukowitsch mit den Oppositionspolitikern Vitali Klitschko und Arseni Jazenjuk getroffen. Klitschko sagte, er habe das Gespräch beendet, nachdem der Präsident eine bedingungslose Räumung des Maidan gefordert habe. Weitere Verhandlungen mit Janukowitsch schloss Klitschko vorerst aus. "Wie können wir Gespräche führen, wenn Blut vergossen wird", klagte er.

Das russische Außenministerium kündigte an, Vertreter in die ukrainische Hauptstadt zu entsenden. Sie sollen mit der dortigen Regierung über einen Ausweg aus der Krise beraten.

se/kle (ape, rtre, afp, dpa)