1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Strukturwandel an der Ruhr

7. Januar 2010

Kohle ist im Ruhrgebiet so gut wie Vergangenheit. Der Strukturwandel gelingt jedoch nur teilweise. Projekte wie der Phönixsee in Dortmund sind prestigeträchtig, die Arbeitslosigkeit allerdings konstant hoch.

https://p.dw.com/p/LCWl
Quelle: Phoenix Dortmund
Überreste der Phönix-WerkeBild: Phoenix Dortmund

Pascal Ledune von der Dortmunder Wirtschaftsförderung steht an einem Bauzaun, hinter dem das Gelände zu einer riesigen Kuhle abfällt. Bagger schaufeln emsig Erde auf Lastwagen. Bis 2001 stand hier, im Dortmunder Stadtteil Hörde, ein Stahlwerk. Nun soll aus dem Gelände ein See mir Flaniermeile und attraktiven Anrainer-Grundstücken werden. Auf der Fläche nebenan entsteht ein neues Technologiezentrum.

Dreck aber Identität

Vogelperspektive auf das Phönix-Gelände in Dortmund (Quelle: Phoenix Dortmund)
Hier soll mal ein See hinBild: Phoenix Dortmund

Ein Paradebeispiel für den Strukturwandel also. Oder doch nicht? Hörde gilt als sozialer Brennpunkt – mit dem Technologiezentrum und dem Phoenixsee soll der Stadtteil aufgewertet werden, hofft Pascal Ledune.

Der Abschied von der Stahlindustrie steckt Hörde allerdings noch in den Knochen. So lange es das Werk gab, war die Luft so dreckig, dass die Wäsche nach dem Trocknen draußen schmutziger war als vor dem Waschen, erzählt man sich. Aber es gab Arbeitsplätze und eine gemeinsame Identität.

"Eine Region geht den Bach runter"

Franz Lehner, Direktor des Instituts Arbeit und Technik in Gelsenkirchen blickt auf die Vergangenheit zurück: "Das Ruhrgebiet war früher eine ziemlich homogene Wirtschaftslandschaft – Bergbau, Stahl, Energie und Chemie: Das ganze Gebiet war von einem einzigen wirtschaftlichen Komplex abhängig." Als der Komplex wirtschaftlich niederging, war die Wirtschaft der gesamten Region betroffen, so Lehner.

Häuser in Bochum (Quelle: Picture-Alliance / dpa)
In einigen Straßen ist die Arbeitslosigkeit sehr hochBild: picture-alliance/ dpa

Zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 50er Jahren gab es eine breite Arbeiterschicht im Ruhrgebiet, erklärt Lehner. Als deutsche Kohle und deutscher Stahl international nicht mehr wettbewerbsfähig waren, wurden die Arbeiter zu Tausenden erwerbslos.

Arbeitslosigkeit und mangelnde Zusammenarbeit

Diese Menschen in den Strukturwandel mit einzubeziehen und neu zu beschäftigen, gelang nur zum Teil. In ganzen Straßenzügen und Vierteln im Ruhrgebiet leben viele Menschen, die schon sehr lange arbeitslos sind. Ein weiteres Problem des Ruhrgebietes liege darin, dass die Städte nicht genug zusammenarbeiteten. Die "Metropole Ruhr", das Label, mit dem sich Ruhrgebiet nach Außen hin präsentiert, gebe es schlicht nicht. Im Gegenteil: jede Stadt stehe für sich und in Konkurrenz zu den anderen 52 Städten des Reviers.

Internationale Bau-Ausstellung Emscher Park

Lehner zufolge hätte das Ruhrgebiet als Ganzes schon viel früher versuchen sollen, ein attraktiver Wirtschaftsstandort zu werden, eine attraktive Adresse, an der Firmen nicht vorbei kommen. Schritte in die richtige Richtung habe es durchaus gegeben.

Quelle: dpa
Schafe vor IndustriekulisseBild: picture-alliance/ dpa

Die Internationale Bauausstellung Emscher Park von 1989 bis 1999 gehöre dazu. Das Land Nordrhein Westfalen wollte hier versuchen, der ehemaligen Industrieregion Ruhr neue Impulse zu geben. "Da wurden viele Ideen entwickelt und hätte man die weitergeführt, hätten wir möglicherweise das Ruhrgebiet retten können. Leider war nach 10 Jahren Schluss und Geld war auch keins mehr da." Wolle man jetzt das Ruhrgebiet retten, müsse man junge, gut ausgebildete Menschen, die so genannte kreative Klasse ins Ruhrgebiet ziehen. "Das haben andere Städte geschafft: Barcelona hat es geschafft, Dublin hat’s geschafft, Austin, Texas hat’s geschafft", sagt Lehner.

Was bleibt von der Kulturhauptstadt?

In diesem Jahr ist das Ruhrgebiet Europäische Kulturhauptstadt. Das kulturelle Angebot findet Lehner "phänomenal". Das Problem: Konzerte, Theater, Film und Kunst kommen in den seltensten Fällen aus der Region. 2011 wird das Spektakel vorbei sein, ohne nachhaltig etwas bewirkt zu haben, prophezeit der Direktor des Institus für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen. Behält er Recht, wäre der größte Traum der Kulturhauptstadt-Veranstalter geplatzt.

Weitaus optimistischer blickt Pascal Ledune von der Dortmunder Wirtschaftsförderung auf seine Baustelle. 2011 soll der Phoenixsee geflutet werden. "Ich glaube tatsächlich, dass Hörde sich sehr stark entwickeln kann und dass hier ein sehr interessanter Standort für Wohnen, Arbeiten und Leben entstehen kann", schwärmt Ledune.

Autorin: Sola Hülsewig

Redaktion: Sabine Oelze