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Im Porträt

Klaus Deuse 8. August 2008

Seit den Olympischen Sommerspielen von München ist es gute Tradition, dass Sportpfarrer die deutsche Mannschaft begleiten. Der evangelische Sportpfarrer ist der 48jährige Thomas Weber.

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Pfarrer Thomas Weber - aufgenommen mit seiner Olympia-Akkreditierung im Gemeindezentrum Gevelsberg-Berge (Archivfoto vom 12.03.2008 +++(c) dpa - Bildfunk+++)
Sportpfarrer Thomas WeberBild: picture-alliance/ dpa

Für Thomas Weber, der in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Gevelsberg eine 3.000köpfige Gemeinde betreut, sind es die ersten Sommerspiele. Doch er hat bereits reichlich Erfahrung auf sportlichem Sektor sammeln können, war er doch bereits bei den Winterspielen 2006 in Turin und seit 2003 bei drei Studierenden Weltspielen, den sogenannten Universiaden, als Seelsorger im Einsatz.

Für den 48jährigen spielte Sport schon immer eine zentrale Rolle in seinem Leben. In jüngeren Jahren hat er Handball gespielt. Wenn auch nicht im Hochleistungsbereich, so doch mit Begeisterung. Heute hält er sich mit Radfahren und Joggen im Sommer fit und steigt im Winter gern auf Skier.

Religion und Sport verbinden

Sport und Religion sind für ihn keine verschiedene Paar Schuhe. Schließlich bewegen sowohl Gott als auch der Sport Millionen Menschen rund um den Globus. Außerdem steht für ihn außer Frage: Gott und der Sport verbinden die Menschen. Und darum engagiert sich Thomas Weber seit Jahren im Arbeitskreis „Kirche und Sport“ der Evangelischen Kirche in Deutschland, dessen Vorstand er angehört.

Vor der Abreise hat er gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen Hans-Gerd Schütt eine Broschüre mit Gebeten, Andachten und Texten zur Meditation erarbeitet, die sie jedem Mitglied der deutschen Mannschaft an die Hand geben. Und vor Ort, in Peking, wird das Pfarrer-Duo im Olympischen Dorf auch im Religiösen Zentrum mitarbeiten und Gottesdienste in deutscher Sprache anbieten. Ein Seelsorger-Büro mit festen Sprechstundenzeiten wie bei einem Amtsarzt, merkt Thomas Weber schmunzelnd an, werde man aber nicht betreiben. Glaubens- und Sinnfragen stellen sich keinem Menschen zu festgelegten Öffnungszeiten. Und auch die Fragestellungen, die an ihn herangetragen werden, passen, wie er weiß, in keine Schablone. Junge Sportler, die in der Blüte ihrer Karriere stehen, bewegen ganz andere Lebensfragen als einen Trainer, den die Sorge umtreibt, was sein wird, wenn er in ein paar Jahren nicht mehr gebraucht wird. Es kommen letztlich, erinnert sich Weber an seinen bisherigen Einsätze, Fragen zu Gott und der Welt. Gibt es überhaupt einen Gott, wie kann mir Kirche helfen und was passiert nach dem Tod? Gibt es ein Leben danach? Wie in seiner Gemeindearbeit will Thomas Weber versuchen, Antworten zu finden. Im vertraulichen Gespräch.

Beistand im Wettkampf von „ganz oben“ kann er jedenfalls nicht garantieren. Dass ein Sprinter, der vor dem Startschuss noch ein Gebet zum Himmel schickt, auch schneller ins Ziel kommt, das hält der Olympiapfarrer für unwahrscheinlich. Lächelt, denkt kurz nach und stellt klar: Dass jetzt in Peking Sportpfarrer dabei seien, das bedeute noch lange nicht, dass ihm und seinem katholischen Kollegen die Sportler die Tür einrennen werden mit der Bitte um ein gemeinsames Gebet für einen erfolgreichen Wettkampf. Er räumt ein, dass ein Sportler, der sein Leben von der christlichen Basis aus führt, durchaus seine eigenen Rituale haben mag, aber bei Fürbitten auf einen Sieg sei er wirklich nicht der richtige Ansprechpartner. Stattdessen redet er mit den Athleten vor allem über einen guten Ablauf des Wettkampfs, dass alles gelingt und der Sportpfarrer wünscht dem Sportsmann, dass er von Verletzungen verschont bleibe. Und da es gerade in Peking auch auf das Drumherum ankomme hält er es für ausgesprochen wichtig, dass es friedliche Spiele werden. Eben ein gutes Miteinander. Nicht nur der Sportler, für die der christliche Glaube Kirche übrigens ein besonderes Angebot bereit hält, das da heißt: Ihr seid in Eurem Leben gehalten. Überhaupt schließen sich die Olympischen Spiele und Religion aus seiner Sicht nicht aus. Dabei lässt er den Blick ziemlich weit zurück schweifen. In der Antike galten die Spiele weniger als sportlicher Wettkampf, sondern in erster Linie als religiöses Fest zu Ehren von Gottvater Zeus und des göttlichen Helden Pelops. Das ist lange her.

Mehr als reine Glaubensfragen

In der Gegenwart ist dem Olympia-Pfarrer indes nur zu bewusst, dass gerade bei den Spielen in Peking viele Sportler die Frage nach der Einhaltung der Menschenrechte im Reich der Mitte bewegt. Und dass man auch ihn um Antworten bitten wird. Darum will er sich selbst abseits der Wettkampfstätten einen Eindruck vor Ort verschaffen. Zum Beispiel wie es um die Religionsfreiheit bestellt ist und wie die christlichen Gemeinden ihren Glauben leben dürfen, wenn die Kameras der großen Fernsehsender nicht dabei sind. Also hat er sich vorgenommen, diese christlichen Gemeinden zu besuchen.

Mit seinem Besuch will er den Christen in Peking zeigen, dass die Christen in Deutschland ihre Schwestern und Brüder unterstützen. Auch wenn das Olympische Feuer verloschen ist. Und deshalb gibt er sich vor seiner Abreise diplomatisch, um nicht bei den chinesischen Behörden Argwohn zu wecken. Aber zurück zu seinem sportiven-seelsorgerischen Auftrag. Bei diesen Olympischen Spielen liegen Sieg und Niederlage, euphorischer Jubel und Niedergeschlagenheit ganz nah beieinander. Aber selbst wenn ein Favorit aus Deutschland das Medaillenziel verfehlen sollte, bei Thomas Weber kann er Trost finden. Denn er weiß von etlichen Top-Athleten, dass sie gerade aus Niederlagen die für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit Kraft geschöpft haben. Und für die, die nach einem Sieg von einem Dauerflug auf Wolke Sieben träumen, hält der Seelsorger eine Rettungsleiter bereit. Und zwar den Spruch Jesu, der da lautet: Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele. Was immer ihn in Peking an menschlichen Bedrängnissen erwartet, Sportpfarrer Thomas Weber zeigt sich gewappnet.