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Der Wähler ist am Zug

Heinz Dylong21. September 2002

Ein gewiss nicht langweiliger Wahlkampf ist vorbei. Am Sonntag (22.9.2002) liegt es an den Bundesbürgern, ein neues Parlament zu wählen und damit die nächste Bundesregierung zu bestimmen. Heinz Dylong zieht Bilanz.

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Noch vor wenigen Wochen lag die denkbare CDU/CSU-FDP-Kombination deutlich in Führung. Edmund Stoiber, der bayerische Ministerpräsident, wurde vielfach schon als künftiger Bundeskanzler angesehen. Der CSU-Vorsitzende hatte es geschafft, sich von seinem sehr konservativen Hintergrund zu lösen und damit auch in der vielbeschworenen Mitte der Gesellschaft Punkte zu machen.

Schulkind, Schröder und Stoiber
Wer ist der bessere für die Zukunft Deutschlands?Bild: AP

Der anfängliche Versuch der SPD-Wahlkampfstrategen, Stoiber als "zu weit rechts" darzustellen, wurde ein Schlag ins Wasser. Das konnte auch nicht anders sein, denn Stoiber zeigte eben nicht die programmatischen Kanten, die er auf Wahlplakaten für sich in Anspruch nimmt. Vielmehr blieb er weitgehend im Ungefähren, prangerte zwar - zu Recht - die Versäumnisse der rot-grünen Regierung in der Arbeitsmarktpolitik an, legte sich aber in verschiedenen gesellschaftspolitischen Fragen nicht wirklich fest.

Hochwasser und ....

Damit trug Stoiber selbst dazu bei, dass sich der Blick des Wählerpublikums nicht zuletzt auf die Personen der beiden Hauptkontrahenten richtete. Und da schnitt Stoiber im direkten Vergleich mit Bundeskanzler Gerhard Schröder immer schlechter ab. Schröder kam dann auch das Hochwasser an der Elbe entgegen. Er konnte sich als entschlossener Krisenmanager darstellen und machte dabei eine gute Figur. Das zahlte sich beim Wähler aus. Schließlich sorgte der SPD-Chef für eine klare Positionierung angesichts eines möglichen US-Militärschlags gegen den Irak. "Deutschland wird sich daran nicht beteiligen", so Schröders Festlegung. Damit traf er den Nerv der Öffentlichkeit - und hat den Umfragewerten der SPD noch zusätzlich Auftrieb gegeben.

Aussenminister Joschka Fischer von den Grünen beginnt seinen Wahlkampf
Joschka Fischer, Spitzenkandidat der GrünenBild: AP

Und ganz unabhängig davon, ob Schröders Haltung nur wahlkampftaktisch motiviert war - die Union bot in der Reaktion ein reichlich diffuses Bild. Sie verlegte sich auf eine angestrengte USA-Treue, sprach von der glaubwürdigen "Drohkulisse", die es gegenüber dem Irak aufrecht zu erhalten gelte und merkte nicht, dass auch eine glaubwürdige Kulisse eine Kulisse bleibt. Damit war ihre Position reichlich unklar.

.... Irak-Frage

Die Grünen konnten nicht nur mit dem Ansehen ihres Außenministers Joschka Fischer wuchern, sondern erlebten mit dem Elbhochwasser auch eine Renaissance ihres Umweltthemas. Die FDP geriet dagegen in den Schlagschatten der Entwicklung. Das erklärte Ziel, 18 Prozent der Zweitstimmen zu erreichen war von vornherein eher ein Element der Selbstbeschwörung als das Ergebnis nüchterner politischer Analyse. Dass Parteichef Guido Westerwelle gar zum Kanzlerkandidaten gekürt wurde, gehört in die selbe Kategorie. Der auf Lockerheit angelegte Wahlkampf der Liberalen hat sich spätestens angesichts des Elbhochwassers und der Irak-Frage überlebt.

Westerwelle mit Guidomobil
FDP-Kanzlerkandidat und Vorsitzender Guido WesterwelleBild: AP

Gleichwohl könnten sich die Liberalen unter Umständen am Kabinettstisch wiederfinden. Das könnte indirekt vom Abschneiden der PDS abhängen. Denn die Frage ihres Wiedereinzugs ins Parlament ist nach wie vor offen. Gelingt er, könnte die Mehrheitsfindung sowohl für Stoiber als auch für Schröder problematisch sein.

Und noch eins ist gewiss: Der Wahlausgang wird im unterlegenen Lager - sei es nun SPD/Grüne oder CDU/FDP - für erhebliche Personalquerelen und Machtkämpfe sorgen.