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Des Diktators neue Marionetten

23. September 2012

Präsident Lukaschenko hat ein neues belarussisches Parlament wählen lassen. Blutige Massenproteste - wie befürchtet - blieben aus. Die Opposition rief lediglich zum Boykott auf. Eine Auswahl gab es ohnehin nicht.

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Alexander Lukaschenko (Foto: Reuters)
Bild: REUTERS

Manipulation und Fälschung, diese Etiketten muss sich der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko gefallen lassen, wenn meist ausländische Medien über Wahlen in seinem Land berichten oder wenn die belarussische Opposition zu Wort kommt.

Auch die Parlamentswahlen in der ehemaligen Sowjetrepublik waren von massiven Fälschungsvorwürfen der Opposition begleitet. Unabhängige Experten bezeichnen die Wahl als undemokratisch. Staatsbeamte und Soldaten seien massenweise zur Abstimmung gezwungen worden, zudem sei die Opposition weder zur Auszählung, noch zur Wahl zugelassen, betonten wichtige Oppositionskräfte in einer gemeinsamen Erklärung.

Lukaschenko ist das egal. "Dies sind Wahlen für das belarussische Volk, nicht für den Westen", entgegnete er und zeigte sich schon Stunden vor Schließung der Wahllokale siegessicher. Medienwirksam kam er gemeinsam mit seinem kleinen Sohn Nikolaj zur eigenen Stimmabgabe in der Hauptstadt Minsk. Die 110 zu vergebenden Mandate würden alle in Regierungshand bleiben, zeigte sich der letzte Diktator Europas überzeugt. "Die feige Opposition hat nichts anzubieten!"

Alexander Lukaschenko mit Sohn (Foto: Reuters)
Inszenierung für die Kameras - Abstimmung mit seinem SohnBild: REUTERS

Friedlicher Boykott

Die rief lediglich zum Boykott auf, da die Wahlen erst gültig sind, wenn mindestens 50 Prozent der sieben Millionen Wahlberechtigten abstimmen. Die Zentrale Wahlkommission nannte die Beteiligung gegen Mittag zwar "schwach". Am Abend reichte es dann aber wohl doch noch, die Wahlleitung in Minsk gab bekannt, dass die Beteiligung kurz vor Schließung der Wahllokale bei mehr als 65 Prozent lag. Das offizielle Endergebnis wird erst am Montag erwartet. Unabhängig vom Wahlausgang hat sich die Opposition bereits verständigt, das Ergebnis nicht anzuerkennen.

Eine solche Einigkeit der Gegner Lukaschenkos ist selten. Das größte der Probleme der Opposition ist, dass sie nicht mit einer Stimme gegen den Machthaber spricht. Lukaschenkos Gegner sind selbst zerstritten, was dem Diktator erheblich das Regieren erleichtert. Als einzige Regierung in Europa vollstreckt Minsk noch die Todesstrafe und hält politische Häftlinge gefangen.

Belarussische Fassadendemokratie

Unabhängige Wahlbeobachter haben seit 1994 keine Wahl in Belarus mehr als frei und fair eingestuft. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), die etwa 300 Beobachter nach Belarus entsandt hat, will ihr Urteil über diese Parlamentswahlen am Montag vorlegen.

Keine Wahl in Weißrussland

Zuletzt wurde auch mehreren deutschen Journalisten die Einreise nach Minsk verweigert - ebenso der Osteuropaexpertin der Grünen, Marieluise Beck. Sie appellierte an die EU, die Zivilgesellschaft in Minsk weiter zu unterstützen.

Die EU und die USA haben wegen schwerer Menschenrechtsverstöße Belarus mit Sanktionen belegt. Dazu gehören Reiseverbote und Kontosperrungen für Lukaschenko und viele seiner Gefolgsleute.

So lange Lukaschenko will

Der Diktator regiert seit 18 Jahren in Minsk. Der 58-Jährige laviert zwischen der Europäischen Union und Moskau hin und her. Belarus ist Teil des EU-Programms Ostpartnerschaft. Das seit 1991 unabhängige Land ist ökonomisch aber wesentlich stärker mit Russland, dem "großen Bruder", verbunden. Da Belarus über keine eigenen Bodenschätze verfügt, ist es von der Energieversorgung und vielen weiteren Importen aus Russland abhängig.

nis/kle (dpa, afp, dapd)