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Deutlich weniger Rüstungsexporte genehmigt

23. Juli 2018

Die lange Hängepartie bei der Regierungsbildung hat die deutschen Rüstungsexporte stark gebremst. Nun legen die Genehmigungen zwar wieder zu, zwei wichtige Kunden deutscher Waffenschmieden gehen dennoch fast leer aus.

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Deutsche Firmen verdreifachen Rüstungsexporte
Ein "Leopard"-Panzer aus deutscher Fertigung im Dienst der türkischen Armee (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/T. Tinazay

Die Exportgenehmigungen für deutsche Rüstungsgüter sind im ersten Halbjahr drastisch zurückgegangen. Die Bundesregierung bewilligte nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zwischen Januar und Juni Ausfuhren im Wert von 2,571 Milliarden Euro. Das ist fast ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum mit rund 3,5 Milliarden Euro.

Der Einbruch dürfte mit der langen Hängepartie bei der Regierungsbildung zusammenhängen. Die Rüstungsindustrie hatte sich in der halbjährigen Übergangszeit zwischen der Bundestagswahl im September und der Vereidigung des neuen Kabinetts am 14. März über schleppende Bearbeitung von Anträgen beklagt. Das ist auch an den Zahlen ablesbar: Im ersten Quartal wurden nur Rüstungsexporte im Wert von 880 Millionen Euro genehmigt. Seit Amtsantritt der neuen Regierung schnellen die Genehmigungen zwar wieder in die Höhe. Für zwei wichtige Kunden der deutschen Rüstungsindustrie gilt das aber nicht: Die Ausfuhren in die Türkei und nach Saudi-Arabien wurden fast ganz gestoppt.

Die Zahlen gehen aus Antworten des Wirtschaftsministeriums auf parlamentarische Anfragen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur und dem "Handelsblatt" vorliegen. Hauptempfängerland war danach wie im ersten Halbjahr 2017 Algerien mit Ausfuhren im Wert von rund 643 Millionen Euro. Von den Exporten in die 15 wichtigsten Empfängerstaaten gingen 52 Prozent in Länder außerhalb der NATO. 2,137 Milliarden Euro der Ausfuhren entfielen auf sonstige Rüstungsgüter, rund 435 Millionen Euro auf Kriegswaffen. Kleinwaffen und Kleinwaffenteile wurden im Wert von 15 Millionen Euro exportiert.

Ankara und Riad gehen fast leer aus 

Für den NATO-Partner Türkei erteilte die neue Regierung seit dem 14. März nur noch fünf Genehmigungen mit einem Wert von zusammen 418.279 Euro. Zum Vergleich: In dem deutlich kürzeren Zeitraum zwischen dem 1. Januar und 13. März 2018 waren noch 34 Exportgenehmigungen für die Türkei im Wert von 9,7 Millionen Euro erteilt worden. Im gesamten vergangenen Jahr waren es 138 im Wert von 34,2 Millionen Euro gewesen. Von den Exportanträgen für Saudi-Arabien bewilligte die neue Regierung nur noch einen über 28.563 Euro. In den ersten zehn Wochen des Jahres waren es noch vier Rüstungsgeschäfte über 161,8 Millionen Euro gewesen.

Beide Länder sind strategisch wichtige Partner Deutschlands - aber auch problematische. Die Türkei gehört zwar wie Deutschland der NATO an. Seit dem Einmarsch türkischer Truppen in die nordsyrische Region Afrin zur Bekämpfung der Kurdenmiliz YPG im Januar hat die ohnehin schon massive Kritik an Rüstungsexporten in das von Präsident Recep Tayyip Erdogan mit harter Hand regierte Land aber noch einmal zugenommen. Bei der Offensive kamen auch deutsche "Leopard"-Panzer zum Einsatz.

Noch heikler sind die Exportbeschränkungen für Saudi-Arabien. Das Königshaus in Riad ist insbesondere über die kritische Haltung der Bundesregierung zur seiner Intervention im Jemen verärgert. Riad führt eine Allianz von acht Ländern an, die im ärmsten Golfstaat gegen die schiitischen Huthi-Rebellen kämpft. Union und SPD hatten sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf einen Rüstungsexportstopp für alle Länder verständigt, die "unmittelbar" an diesem Krieg beteiligt sind. Benannt wurden diese Länder zwar nicht. Zu Beginn ihrer Amtszeit hat die neue Regierung von Kanzlerin Angela Merkel aber - abgesehen von zwei Ausnahmen - die saudische Kriegsallianz nicht mehr beliefert.

Deutschland Grünen-Politikerin Katja Keul in Hannover
Die Sicherheitsexpertin der Grünen, Katja KeulBild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Opposition übt Kritik

Die Grünen-Rüstungsexpertin Katja Keul kritisierte vor allem die deutschen Exporte in Drittstaaten. Dass dies die Regel geworden sei, bezeichnete sie als gefährliche Entwicklung. Unter den Empfängern seien viele Länder mit einer fragwürdigen Einstellung zur Einhaltung von Menschenrechten. "Der Grundsatz, dass Rüstungsgüter grundsätzlich nicht in Drittstaaten außerhalb von NATO und EU exportiert werden sollen, muss wieder die Regel werden", forderte sie. Der Linken-Außenpolitiker Stefan Liebich forderte einen kompletten Exportstopp für die Türkei: "Spätestens jetzt, wo Erdogan unumschränkt herrscht, muss die Bundesregierung Schluss machen mit den Rüstungsverkäufen an die Türkei."

kle/qu (dpa, rtr)

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