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Deutsch-französische Annäherung

Christoph Hasselbach20. Januar 2014

Die EU hat sich auf eine gemeinsame Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik geeinigt. Das bringt auch die Regierungen in Berlin und Paris wieder näher zusammen, meint Christoph Hasselbach.

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Porträt Christoph Hasselbach DW Studio Brüssel
Bild: DW

Die französische Regierung hatte in letzter Zeit wenig Freude an ihren deutschen Partnern, wenn es um Sicherheitspolitik in Afrika ging. Aus dem Libyen-Einsatz hielt sich Deutschland heraus. An einer Mission in Mali beteiligte es sich nur zögernd. Und noch Ende vergangenen Jahres beim EU-Gipfel in Brüssel stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel klar, Deutschland werde weder Truppen noch Geld für einen Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik bereitstellen, den Frankreich zuvor im Alleingang gestartet hatte. Die Europäer, so Merkel, könnten eine solche Mission nur dann gemeinsam bezahlen und führen, wenn sie sie auch gemeinsam beschlossen hätten. Frankreichs Präsident François Hollande stand weitgehend isoliert da mit seinem Wunsch, rückwirkend Geld dafür einzusammeln. Dabei schwang bei manchen auch der Vorwurf mit, Frankreich versuche, zur Durchsetzung seiner eigenen Interessen in Afrika die anderen Europäer für sich einzuspannen; die innenpolitischen Früchte einer Befriedungsaktion wolle der schwer angeschlagene Hollande dagegen allein genießen.

Es geht um Schnelligkeit

Doch die Franzosen hatten immer in einem entscheidenden Punkt Recht: Es geht um Schnelligkeit. Ohne ihr rasches Eingreifen in Mali hätten die islamistischen Rebellen wohl die Hauptstadt Bamako eingenommen; in der Zentralafrikanischen Republik kam es ebenfalls auf schnelles Handeln an. Und die Franzosen sind in weiten Teilen Westafrikas die einzigen, die praktisch aus dem Stand einsatzbereit sind. In vielen Ländern der Region sind sie bereits dauerhaft mit kleinen Kontingenten vertreten, die sie dann aufstocken können. Auf langwierige Entscheidungsprozesse innerhalb der EU kann man in solchen akuten Fällen nicht warten. Außerdem ist Frankreich, anders als andere, schlicht und einfach politisch zum Risiko eines Militäreinsatzes bereit - und bekommt dann regelmäßig von Kritikern zu hören, es führe sich "neokolonial" auf. Dabei schützen französische Soldaten die afrikanische Zivilbevölkerung und mindern die Bedrohung islamistischen Terrors auch für Europa.

Kampftruppen oder Transportflugzeuge

Jetzt ist Bewegung in die verfahrene politische Situation gekommen. Der neue deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigt deutlich mehr Verständnis für die französische Position als sein Vorgänger Guido Westerwelle. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sucht den Schulterschluss mit Paris. Und Frankreich stimmt umgekehrt einer Europäisierung des jüngsten Afrika-Einsatzes zu. Kampftruppen wird Berlin allerdings weder für Mali noch für die Zentralafrikanische Republik entsenden. Es geht vor allem um logistische Unterstützung. Ob die Deutschen mit ein paar Transportflugzeugen hier und einigen Ausbildern dort auf die Dauer durchkommen, ist die Frage. Seit Jahren ist Deutschland wirtschaftlich und politisch der große Hauptdarsteller auf der europäischen Bühne, während gerade Frankreich immer weiter zurückfällt. Frankreich ist es aber leid, sich von Berlin Vorhaltungen über mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und Ausgabendisziplin anzuhören, während die Deutschen zusehen, wie französische Soldaten die sicherheitspolitischen Kastanien aus dem afrikanischen Feuer holen. Diese Rollenverteilung wird auf Dauer so nicht bleiben können.

Europäische Kriseneinsätze aus einem Guss

Am besten für alle Seiten wären zweifellos gemeinsame europäische Einsätze, die vom unmittelbaren Eingreifen mit Kampftruppen über humanitäre Hilfe bis zum Aufbau stabiler staatlicher Strukturen in Krisenländern alles abdecken würden. Dafür fehlen allerdings die Voraussetzungen: Die Meinungen über Notwendigkeit, Umfang und Art der verschiedenen Einsätze gehen einfach zu weit auseinander. Und die EU müsste viel besser auf solche Eingreifmissionen vorbereitet sein. Bisher scheint sie von jedem Putsch, jedem Rebellenangriff überrascht. So wird es wohl auf absehbare Zeit dabei bleiben, dass sich vor allem Frankreich oder Großbritannien in bestimmten Fällen zum akuten Eingreifen berufen fühlen und die europäischen Partner ihnen, wenn die größte Gefahr vorüber ist, nachsorgend helfen. Der Wert der jüngsten deutsch-französischen Annäherung ist aber die Annäherung selbst. Der Sozialist Hollande hatte vor wenigen Tagen einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik angekündigt und war damit weitgehend auf die deutsche Linie eingeschwenkt. Die deutsche Seite fühlte sich dadurch nicht nur sehr erleichtert, sondern wohl auch zu einer Geste verpflichtet und bemüht sich jetzt um Frankreich in der Sicherheitspolitik. Mit dem französisch-deutschen Gespann, lange totgesagt, wird auch in Zukunft zu rechnen sein.