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Deutsche Alzheimer Gesellschaft hilft Angehörigen

Gudrun Heise
20. September 2019

Alzheimer ist das Schreckgespenst unserer Tage. Die Erkrankung betrifft auch Angehörige und Menschen, die sich um den Demenz-Kranken kümmern. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft unterstützt sie.

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"Alzheimer Angehörigen-Initiative" in Leipzig
Bild: picture-alliance/ZB/W.Grubitzsch

Deutsche Welle: Alzheimer wird auch als "Angehörigen-Krankheit" bezeichnet. Warum?

Saskia Weiß: Die Angehörigen müssen im Verlauf der Alzheimer-Erkrankungbei den Patienten immer mehr Aufgaben übernehmen, denn die Erkrankten benötigen immer mehr Hilfe. Das geht deutlich über die körperliche Pflege hinaus. Die Angehörigen organisieren den kompletten Alltag. Gleichzeitig gehen sie vielleicht selbst noch arbeiten, haben eine eigene Familie. Es bleibt wenig Zeit für sie selber und die Angehörigen haben ein hohes Risiko, selber krank zu werden.

Was ist das Hauptproblem, mit dem Sie bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft zu tun haben?

Saskia Weiß
Saskia Weiß koordiniert das Projekt "Demenz Partner"Bild: DAlzG/K. Bilo

Das Hauptthema, das Angehörige bewegt, sind die Schwierigkeiten im Umgang mit dem erkrankten Angehörigen, weil sich dessen Verhalten so verändert. Wir haben ein bundesweites Beratungstelefon, das Alzheimer-Telefon, das von Angehörigen genutzt wird.

Die Zukunft und die Zukunftsperspektiven ändern sich mit der Diagnose 'Demenz' erheblich. Helfen Sie, die Anpassung an das neue Leben zu finden?

Es ist immer die Frage, wen man berät. Sind es tatsächlich die Betroffenen oder die Angehörigen. Wenn man zu einem Zeitpunkt mit den Betroffenen spricht, an dem sie noch selbst Entscheidungen treffen können, dann spielt Vorsorge eine große Rolle. Alzheimer ist eine fortschreitende Erkrankung, und es wird den Punkt geben, wo der Patient Dinge nicht mehr selber regeln kann oder nur noch mit Hilfe und irgendwann gar nicht mehr.

Welche Dinge stehen dabei im Vordergrund? Wo liegt der Bedarf an Hilfe?

Es geht häufig auch um rechtliche, finanzielle Fragen und um das Thema Vorsorge. Wen aus meiner Familie bevollmächtigte ich, Dinge für mich zu regeln? Aber es geht auch um ganz praktische Dinge, um die Neustrukturierung des Alltags, um die Vereinfachung des Alltags. Es geht auch um so Dinge wie: Darf ich jetzt noch Auto fahren?

Es gibt noch keine Heilung oder effektive Behandlung für Alzheimer. Der Patient und auch die Angehörigen müssen die Krankheit akzeptieren. Ist das überhaupt möglich?

Es ist ein Prozess, der Zeit braucht. Nur wenn ich weiß, dass mit Demenzerkrankungen zum Beispiel Gedächtnisstörungen einhergehen, kann ich verstehen, dass mein Mann nicht mehr weiß, wo wir vor zwei Monaten im Urlaub waren. Dann reagiere ich weniger emotional. Schwierig bleibt es natürlich trotzdem. Wenn ich in fünf Minuten zehn Mal das gleiche gefragt werde, dann gibt es Tage, wo mir trotzdem der Geduldsfaden reißt, selbst wenn ich weiß, er macht das nicht mit Absicht.

Alzheimer und Pflege
Angehörige von Demenzkranken sind oft überfordertBild: Colourbox

Die Angehörigen, die auch Pflegende sind, verausgaben sich häufig bis hin zum Burnout. Wie können Sie sie unterstützen?

Es ist wichtig, dass die Angehörigen wissen, dass es Hilfs- und Unterstützungsangebote gibt, damit sie überhaupt den Weg dahin finden können. Man muss sie auch ein bisschen sensibilisieren und so ein bisschen auch in die Richtung bringen, dass sie sich das erlauben können, solche Angebote auch anzunehmen.

Wenn es mit dem Demenzkranken gar nicht mehr geht, müssen die Angehörigen entscheiden, den geliebten Partner, Mutter oder Vater in ein Heim zu bringen. Es gibt häufig Gewissenskonflikte. Wie geht man damit um?

Die Familien machen sich die Entscheidung ja nicht leicht. Im Grunde genommen treffen sie sie erst wenn es gar nicht mehr anders geht. Aber die Gewissensbisse bleiben. Es ist wichtig oder es wäre wichtig, sich frühzeitig darüber zu unterhalten: Was wünscht sich der Erkrankte?

Was raten Sie Menschen, die Verwandte haben, die an Alzheimer erkrankt sind und die jetzt selber Angst bekommen, dass sie das im Leben mal treffen könnte.

Wir klären erst einmal darüber auf, dass nur ein Bruchteil der Erkrankungen wirklich genetisch bedingt ist. Der größte Risikofaktor, den wir für Alzheimer kennen, ist das Älterwerden. Dagegen kann man nichts tun. Man kann aber all das tun, was man auch gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen tun kann. Das heißt: genügend Bewegung, ausgewogene Ernährung, wenig Alkohol, wenig Nikotin. Man sollte sozial aktiv bleiben – körperlich und geistig.

 

Saskia Weiß ist Stellvertretende Geschäftsführerin und Projektkoordinatorin "Demenz Partner" bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. – Selbsthilfe Demenz

Das Gespräch führte Dr. Carsten Lekutat - Allgemeinmediziner und Moderator der Sendung fit und gesund, DW-TV

Sehen Sie hierzu auch unsere Sendung "fit und gesund" – dw.com/fitundgesund