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Autobranche Deutschland

2. Dezember 2011

Sie gilt als Prachtstück der deutschen Industrie: Die Autobranche. Momentan erlebt sie wechselvolle Zeiten. Gerade erst die Krise überstanden, jetzt ein Rekordjahr. Doch schon stehen wieder härtere Zeiten bevor.

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Hand und Autoschlüssel (Foto: fotolia)
Bild: Fotolia/Feng Yu

Autos "Made in Germany" bleiben ein Verkaufsschlager. Während der Export im Krisenjahr 2009 das Schlimmste verhinderte, krönt er im zu Ende gehenden Jahr eine beinahe makellose Bilanz der deutschen Autobauer quasi als Sahnehäubchen. Denn auch auf dem Heimatmarkt haben Daimler, BMW, Volkswagen und Co zu alter Stärke zurück gefunden. Dennoch finden sich hier schon wieder erste Kratzer im Lack: Seit dem Sommer halten sich die Deutschen beim Autokauf spürbar zurück, stellte Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie am Freitag (02.12.2012) in Berlin fest.

Boomjahr 2011

Matthias Wissmann, Chef des Verbandes der Automobilindustrie (Foto: dpa)
"Realistisch optimistisch": VDA-Chef Matthias WissmannBild: picture-alliance/dpa

Das darf man als erste Vorzeichen dafür werten, dass der ganz große Boom schon wieder vorbei ist, oder wie es Wissmann sagte: "Wir gehen etwas vom Gas, aber halten das Tempo." Für das Jahr 2011 konnte er aber glänzende Zahlen bei Produktion, Absatz und Marktanteilen verkünden: Die deutschen Hersteller hätten in diesem Jahr auf der ganzen Welt mit Ausnahme von Südamerika ihren Marktanteil ausgebaut. Die Produktion von Personenwagen im Inland werde in diesem Jahr die Marke von 5,9 Millionen Fahrzeugen übertreffen. Das ist ein Zuwachs von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr und ein Rekordwert. Die deutschen Werke seien derzeit nahezu komplett ausgelastet. Entsprechend habe sich die Beschäftigung entwickelt: 730.000 Menschen arbeiten derzeit direkt bei den Herstellern, ein Jahresplus von 23.600.

Infografik: Deutsche Pkw-Exporte (Grafik: DW-TV)

Global aufgestellt

Als großes Plus der deutschen Hersteller sieht der VDA-Präsident zum einen die Exportstärke und zum anderen die breite globale Aufstellung. Die Nachfrage nach deutschen Automobilen sei ungebrochen: Mit 4,55 Millionen Einheiten steuert die Branche auf einen neuen Rekord zu. "Gegenüber dem Krisenjahr 2009 hat sich die Pkw-Ausfuhr um ein Drittel erhöht", verkündete Wissmann. Und was so mancher Wettbewerber nicht habe, sei der große Vorteil der Deutschen: Die globale Aufstellung. Weniger als ein Drittel der Exporte gehen in die Eurozone. Weitere 30 Prozent gehen ins "restliche" Europa, inklusive Türkei und Russland. Jedes siebte Auto, das in Deutschland gebaut wird, geht nach Amerika, jedes Achte nach China. Zudem liegt die Auslandsfertigung mittlerweile höher als im Inland: Rund sieben Millionen Autos bauten die Hersteller in ihren ausländischen Werken – im Vergleich zu knapp sechs Millionen an den heimischen Standorten.

Vor allem China

Symbolbild: Deutsche Hersteller in China (DW-Grafik/Sander)
China - ein guter Markt für deutsche AutosBild: DW

Besonders im Reich der Mitte sind deutsche Autos extrem gefragt. Erstmals werden deutsche Marken dort in diesem Jahr mehr als zwei Millionen Autos absetzen, der Marktanteil liegt bei einem Fünftel. Allerdings ziehen hier erste dunkle Wolken auf: Die Inflation - immerhin liegt die Teuerungsrate in China bei sechs Prozent - könnte als Bremsklotz wirken. Dennoch prognostiziert der VDA für China im kommenden Jahr ein Wachstum des Pkw-Marktes von acht Prozent, für Indien gar um zehn Prozent. Hoffnungen richten sich auch auf den brasilianischen Markt, der 2012 nach VDA-Schätzungen um vier Prozent zulegen wird. Insgesamt werden in diesem Jahr weltweit rund 65 Millionen Autos verkauft – jedes fünfte Auto davon trägt ein deutsches Markenzeichen.

Politik muss Finanzmärkte zügeln

Freilich schaut auch die Automobilbranche mit bangen Blicken auf die europäische Schuldenkrise. Auch wenn Matthias Wissmann, der Cheflobbyist der deutschen Hersteller, mit "realistischem Optimismus" ins neue Jahr gehen will: Bekommt die Politik die Finanzmärkte nicht in Griff, indem in Europa "eine glaubwürdige Stabilitätskultur einkehrt", wie Wissmann fordert, dann könnte der Gegenwind im Jahr 2012 durchaus heftiger ausfallen. Dann könnte seine Prognose, wonach sich die Produktion etwa auf dem gleichen Niveau wie 2011 halten könnte, ganz schnell zur Makulatur verkommen.

Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Rolf Wenkel