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Deutsche Bank und Commerzbank reden über Fusion

17. März 2019

Nach monatelangen Spekulationen über einen Zusammenschluss der beiden Großbanken soll es nun konkret werden. Damit beugen sich die Chefs der Kreditinstitute auch politischem Druck. Auch deshalb ist die Fusion umstritten.

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Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Die Deutsche Bank und die Commerzbank werden offizielle Gespräche über einen Zusammenschluss aufnehmen. Das bestätigten beide Institute nach getrennten Sitzungen ihrer Vorstände in Frankfurt am Main. Die Deutsche Bank erklärte, der Vorstand habe beschlossen, "strategische Optionen zu prüfen". Bei der Commerzbank war von "ergebnisoffenen Gesprächen über einen eventuellen
Zusammenschluss" die Rede. Beide Geldhäuser betonten, ein Zusammengehen sei keineswegs ausgemachte Sache.

Bereits am vergangenen Wochenende war durchgesickert, dass die Bankchefs Christian Sewing (Deutsche Bank) und Martin Zielke (Commerzbank) im kleinen Kreis über ein Zusammengehen der beiden größten deutschen Privatbanken sprechen.

Bundespolitik drückt aufs Tempo

Immer wieder hatten Bundesfinanzminister Olaf Scholz und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, betont, dass Deutschland starke Banken brauche. Die Bundesregierung stehe "wirtschaftlich sinnvollen Optionen offen gegenüber", so die kaum verschlüsselte Botschaft an Deutsche Bank und Commerzbank. 

Allein Staatssekretär Kukies hat sich offiziellen Angaben zufolge im vergangenen Jahr fast zwei Dutzend Mal mit führenden Vertretern der Deutschen Bank getroffen. Bei der Commerzbank hat der Bund über seine Aktienbeteiligung von gut 15 Prozent, die er seit der Finanzkrise 2008 hält, Mitspracherecht.

Deutsche Bank - Christian Sewing
Christian Sewing, Deutsche BankBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Laut Medienberichten sollen Scholz und Kukies die Bankchefs Sewing und Zielke gedrängt haben, ein Zusammengehen zu prüfen - idealerweise vor der Europawahl Ende Mai.

Warnungen vor politischer Einmischung

Unions-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg warnte Scholz vor politischer Einmischung in die Fusionsgespräche: "Eine Fusion der
beiden Banken muss nach rein betriebswirtschaftlichen Kriterien Sinn ergeben", sagte Rehberg. FDP-Chef Christian Lindner begrüßte die Fusionsgespräche zwar grundsätzlich, da Deutschland eine starke Privatbank brauche. Allerdings warnte auch Lindner vor zu großer Einmischung seitens der Bundesregierung: "Eine vom Staat eingefädelte Zwangsfusion wäre weder für Kunden noch für Eigentümer gut."

Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick, seit Kurzem Vorstand der Bürgerbewegung "Finanzwende", forderte, eine Fusion dieser Größenordnung zu verhindern. "Mehr als 10 Jahre nach Lehman scheinen die Banken wie auch die Bundesregierung jede Lehre aus der Bankenkrise vergessen zu haben", schrieb Schick mit Blick auf die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008.Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller warnte vor einer Fusion zu Lasten der Verbraucher. 

Deutschlands Großbanken dümpeln vor sich hin

Befürworter eines Zusammenschlusses befürchten dagegen, dass Europas größter Volkswirtschaft ansonsten auf Dauer eine
schlagkräftige internationale Großbank fehlt. Während die US-Konkurrenz längst wieder bestens verdient, dümpeln Deutschlands Großbanken zehn Jahre nach der Finanzkrise vor sich hin. Der deutsche Bankenmarkt ist traditionell hart umkämpft, die niedrigen Zinsen im Euroraum und hohe Regulierungskosten erschweren der Branche das Geldverdienen zusätzlich. Dazu kamen hausgemachte Probleme wie teure juristische Altlasten bei der Deutschen Bank.

Martin Zielke
Martin Zielke, CommerzbankBild: picture-alliance/dpa/W. Kastl

Nach drei Verlustjahren in Folge hat Deutschlands größtes Geldhaus 2018 mit 341 Millionen Euro Überschuss gerade erst die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Von glänzenden Milliardengewinnen der Vergangenheit ist die Deutsche Bank allerdings meilenweit entfernt - ebenso wie der Aktienkurs von einstigen Höchstständen. Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr zwar etwa zweieinhalb Mal so viel verdient wie die Deutsche Bank (865 Millionen Euro), sieht sich bei ihrem Konzernumbau inklusive Stellenabbau aber auch noch nicht am Ziel. Das Institut stieg im Herbst angesichts eines ebenfalls kräftig gestutzten Börsenwertes sogar vom Dax in den MDax ab.

Experten sind skeptisch

Ob ein Zusammenschluss der beiden Häuser die Lösung der Probleme wäre, ist unter Experten umstritten. Bezweifelt wird vor allem, dass aus der angeschlagenen Deutschen Bank und der im Umbau befindlichen Commerzbank der "nationale Champion" mit deutlich mehr Gewicht auf der internationalen Bühne entstünde, den die Politik sich wünscht. Zweifelsohne könnten in einer größeren Einheit auf Dauer die Kosten gesenkt werden, das Megathema Digitalisierung könnten die Institute mit vereinten Kräften vorantreiben. Allerdings stünden wohl Tausende Jobs auf der Kippe, an den Zentralen und Filialen würde eine Fusion sicher nicht spurlos vorübergehen.

Die Gewerkschaften laufen bereits Sturm gegen einen Zusammenschluss, weil dieser mit dem Abbau von mehreren Zehntausend Stellen verbunden sein dürfte. Die Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten der beiden Geldhäuser haben bereits angekündigt, dass sie gegen eine Fusion stimmen würden.

Deutsche Bank: Gründlichkeit vor Schnelligkeit

Deutsche-Bank-Chef Sewing betonte in einer Nachricht an die Mitarbeiter der Vorstand werde "ausschließlich wirtschaftlich sinnvolle Optionen verfolgen, mit denen wir an unsere Fortschritte von 2018 anknüpfen können". Ob es überhaupt zu einer Transaktion komme, stehe nicht fest. "Die Erfahrungen zeigen, dass es viele wirtschaftliche und technische Gründe geben kann, die einem solchen Schritt entgegenstehen können." Ein Deutsche-Bank-Sprecher betonte in Frankfurt, Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Am kommenden Donnerstag soll das Thema in den Aufsichtsräten beider Konzerne diskutiert werden, auch wenn es bislang nicht auf den Tagesordnungen steht.

Sollte das Vorhaben durchgezogen werden, entstünde die mit weitem Abstand größte deutsche Bank mit rund 38 Millionen Privat- und Firmenkunden, anfänglich rund 140.000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von fast zwei Billionen Euro.

mak/ww/ml (dpa, rtr)