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Deutsche E-Bikes für Kuba

Andreas Knobloch9. Februar 2016

Seit der Annäherung zwischen den USA und Kuba herrscht Goldgräberstimmung in der Karibik. Auch ein deutscher Fahrradunternehmer versucht, von der Öffnung des Inselstaats zu profitieren.

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Martin Staub (mitte) auf seiner Fahrt durch Havanna (Foto: DW/Andreas Knobloch)
Martin Staub (mitte) auf seiner Fahrt durch HavannaBild: DW/A. Knobloch

Kürzlich wurde Martin Staub in Havanna von zwei Polizisten angehalten. Er sollte ein Bußgeld zahlen, weil er mit seinem Fahrrad in einer Einbahnstraße in der verkehrten Richtung unterwegs war. Während die Ordnungshüter den Strafzettel ausstellten, stellten sie fest, dass Staub ein E-Bike fuhr. Die beiden, selbst auf unmotorisierten Zweirädern unterwegs, schlugen ihm einen Deal vor: ein Wettrennen. Sollte Staub gewinnen, würde das Bußgeld hinfällig, im Falle einer Niederlage müsste er zahlen. Der Polizist auf seinem 21-Gänge-Rad siegte knapp.

Seit zwei Jahren verkauft Staub bereits in Saarbücken Fahrräder mit lang gezogenen Stahlrahmen, ausholenden Lenkern, tiefen Sitzen und breiten Reifen, die an Chopper-Motorräder erinnern. Nun will der Deutsche mit seinen E-Bikes auch die Karibikinsel erobern.

Neue Spielregeln

Denn Kuba befindet sich seit einigen Jahren im Wandel. Teile der Wirtschaft wurden für private Initiativen geöffnet. Rund um den Hafen Mariel im Westen Havannas ist eine Sonderwirtschaftszone eingerichtet worden, wo unter günstigen Rahmenbedingungen ausländische Unternehmen angesiedelt werden sollen. Vor anderthalb Jahren trat zudem ein neues Auslandsinvestitionsgesetz in Kraft. Die Spielregeln ändern sich. Zuletzt besuchte sogar Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Insel.

Kuba Montage der E-Bikes in Havanna (Foto: DW/Andreas Knobloch)
Die Fahrräder werden in Deutschland zusammengebautBild: DW/A. Knobloch

Staub sah seine Chance gekommen: "Das neue Investitionsgesetz lockt neben Steuervorteilen und zollfreien Einfuhren mit einer Reihe von Anreizen für potentielle Investoren: temporäre Residenz, die Möglichkeit, Immobilienbesitz auf der Insel zu erwerben." Es klingt ein bisschen so, als spiele dieser Anreiz für Staub eine nicht ganz unbedeutende Rolle. Aber es geht ihm um mehr. Er wolle ein Teil des Wandels sein, sagt er.

Staub spielte verschiedene Ideen durch: Photovoltaik, Müllmanagement, Bierbrauerei, irgendetwas mit Autos. "Aber diese Projekte sind alle mit hohen Investitionen verbunden." Schließlich sei er bei Fahrrädern gelandet. "Ich kannte aus Saarbrücken zwei Fahrradbauer, die in einer kleinen Werkstatt selbstentworfene Zweiräder zusammengeschraubt haben."

Große Hürden für mittelständische Investoren

Dreißig Jahre lang hatte Staub für einen Finanzdienstleister gearbeitet. Nach Kuba kam er erstmals Mitte der 1990er-Jahre, in der Zeit der schwersten Wirtschaftskrise. Mit dem Verschwinden der sozialistischen Bruderstaaten in Osteuropa waren drei Viertel von Kubas Außenhandel quasi über Nacht weggebrochen. Die Insel habe ihn nicht mehr losgelassen, sagt Staub: Die Sonne, die Tropen, die Leichtigkeit, danach sei er immer wiedergekommen. "Die Idee mit den Fahrrädern ist aus einer Kombination der Leidenschaft für Kuba und der wirtschaftlichen Öffnung des Landes entstanden", sagt er.

Kuba Hüseyin Soyalp und Ralf Popeye Braun E-Bikes in Havanna (Foto: DW/Andreas Knobloch)
Neben E-Bikes haben Staub und seine Kollegen auch normale Fahrräder im SortimentBild: DW/A. Knobloch

Zunächst hatte Staub vorgehabt, die Räder auf Kuba herzustellen und von dort aus weltweit zu vermarkten. Von dem Plan, die Chopper-Bikes in kleinen Serien in einer Fahrradmanufaktur in der Sonderwirtschaftszone Mariel zu produzieren, ist Staub mittlerweile abgerückt. "Von Mariel wurde eine Machbarkeitsstudie verlangt, die über eine große internationale Wirtschaftsberatungskanzlei laufen sollte. Da ich aus der Vergangenheit solche Studien und die Preise dafür kenne, weiß ich, dass damit sicherlich schon ein Viertel meines Investments verbraten gewesen wäre." Die kubanische Regierung ziele in Mariel auf Großunternehmen ab - die Boschs, VWs oder Siemens' dieser Welt. Auf kleine oder mittelständische Unternehmen sei man nicht eingestellt.

E-Bikes als Alleinstellungsmerkmal

Deshalb baut Staub seine E-Bikes nach wie vor in Deutschland. Sein Unternehmen kooperiert mit dem saarländischen Motorenhersteller Hitec, der Elektromotoren auch in kleinen Stückzahlen abgibt.

Auch der Verkauf beschränkt sich bislang auf Deutschland. Auf Kuba will Staub nun zunächst mit einem E-Bike-Verleih loslegen. Seit November führt er Gespräche mit dem kubanischen Tourismusministerium und kubanischen Reiseagenturen. "Die hätten am liebsten, dass wir gleich ganz Kuba mit Rädern zupflastern", sagt Staub. Auf Kuba vertretene deutsche Reiseagenturen zeigten sich ebenfalls interessiert: Für sie wären E-Bike-Touren auf Chopper-Rädern ein Alleinstellungsmerkmal, das sie von der Konkurrenz abheben würde. Staub will sich zunächst auf Havanna und umliegende Städte beschränken. Denn mit den Rädern müssen auch Ladestationen, Werkstätten und Equipment für Reparaturen zur Verfügung gestellt werden.

Kuba Fahrräder aus dem Saarland in Havanna (Foto: DW/Andreas Knobloch)
Kuba mit dem E-Bike entdecken: Eine neue Option für TouristenBild: DW/A. Knobloch

Losgehen soll es, sobald eine Einigung mit den kubanischen Partnern erzielt ist - vielleicht schon in diesem Frühjahr. Noch gibt es aber ein paar Unwägbarkeiten und rechtliche Hürden. "Man braucht viel Leidenschaft und extrem viel Ausdauer, um hier Geschäfte zu machen", sagt Staub. "Es gibt kein Schema F dafür, wie man eine Firma aufmacht. Wir befinden uns in einem absoluten Versuchsstadium. Zeit, Geduld und Verständnis für die andere Kultur sind gefragt." Dann schwingt er sich auf sein Elektrorad, um noch eine Runde durch Havanna zu drehen.