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Filmbranche diskutiert Genderthemen

Elizabeth Grenier suc
20. Februar 2018

"Es gibt einen Gott: den Regisseur." Zur Berlinale sprachen deutsche Filmschaffende über #MeToo, Geschlechterquoten, das verzerrte Frauenbild im Film - und den ständigen Kampf um gute Frauenrollen.

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Jasmin Tabatabai und Hans-Werner Meyer am Schreibtisch in "Die letzte Spur"
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Der Fall Harvey Weinstein und sein deutsches Pendant Dieter Wedel sind in Filmkreisen noch in aller Munde. Es solle endlich eine Anlaufstelle für Missbrauchsopfer in den darstellenden Künsten geschaffen werden, das hatte Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der Eröffnung der Berlinale verkündet. Dieser konkrete Schritt wurde von Teilnehmern der Podiumsdiskussion "Kultur will Wandel - Eine Gesprächsrunde zu sexualisierter Belästigung und Gewalt in der Film- und Fernsehbranche" am Montagabend in Berlin ausdrücklich begrüßt. Filmschaffende und Fernsehdirektoren waren ebenso gekommen wie Vertreter der Initiative Pro Quote Film, die mehr Gleichberechtigung vor und hinter der Kamera fordern.

Die Gesprächsrunde zu sexualisierter Belästigung und Gewalt in der Film- und Fernsehbranche
Nicht alle Diskussionsteilnehmer sprachen sich für eine Geschlechterquote aus Bild: DW/E. Grenier

Ist ein Verhaltenscodex hilfreich?

Sollte man einen Verhaltenskodex entwickeln, um die Fälle von Machtmissbrauch einzudämmen, fragte Verena Leken, Journalistin und Moderatorin des Abends, gleich zu Beginn. "Ein Regelwerk ist in dieser Branche nicht umsetzbar", antwortete die Schauspielerin Natalia Wörner. Dies würde den künstlerischen Prozess des Filmemachens beschränken. "Man kann schon über ein paar Dinge reden, die nicht okay sind", gab ihre Kollegin Jasmin Tabatabai (Artikelbild, mit Hans-Werner Meyer) zu Bedenken. Immerhin ergäben sich oftmals die ersten Probleme schon beim Casting, sagte sie. "Es gibt einen Gott: den Regisseur - und dem muss man gefallen." Wie weit eine Schauspielerin oder ein Schauspieler bereit sei zu gefallen und was während eines Castings akzeptabel sei oder nicht, beruhe natürlich auf der persönlichen Einschätzung - aber das müsse ja nicht so sein, betonte Tabatabai.

Die Umstände eines Castings müssten schon im Vorfeld genau festgezurrt werden, fand Schauspielkollege Hans-Werner Meyer. Wenn man sich zum Beispiel ausziehen müsse, mache es einen großen Unterschied aus, ob man das schon vor dem Treffen wisse oder erst im Hotelzimmer mit dieser Forderung konfrontiert werde.

"Es sind Systeme, die geschlossen sind. Die Aufgabe der Auftraggeber ist es, sie offen und durchlässig zu gestalten", betonte Heike Hempel, Stellvertretende Programmdirektorin beim öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ZDF.

Unliebsames Zwischenspiel

Mitten in der angeregten Debatte stürmten junge Frauen mit einem Transparent auf die Bühne. Während die meisten Teilnehmer der Podiumsdiskussion zunächst verwirrt versuchten, den Schriftzug zu entziffern, intonierten andere schon laut; "Nazis raus!" Später stellte sich heraus, dass die Aktivistinnen zur rechtsextremen Szene gehören und die #MeToo-Bewegung dazu nutzen, sexuelle Übergriffe grundsätzlich Migranten in die Schuhe zu schieben.

Frauen stehen mit einem Transparent auf der Bühne, auf dem steht Die Stimme der vergessenen Frauen #120dB
Aktivistinnen stürmten die Bühne Bild: DW/E. Grenier

Sind Geschlechterquoten die Lösung?

Nach der Unterbrechung widmeten sich die Diskutierenden der Tatsache, dass es bei den Medien nur wenige Frauen in Führungspositionen gibt - und ebenso wenige hinter statt vor der Kamera stehen. 

Eine Studie über die TV-Produktionen der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF sowie deutsche Spielfilme aus dem Jahr 2016 belegt, dass 80 Prozent der Filme von Männern gedreht wurden, so Barbara Rohm von der Initiative Pro Quote Film. Bei staatlich geförderten Filmen sehen die Zahlen ähnlich aus.

Die Initiative pocht auf eine gerechte Verteilung von öffentlichen Subventionen und Verträgen für Filmproduktionen an Männer und Frauen. Obwohl alle anwesenden Programmdirektorinnen und -direktoren zustimmten, dass sich einiges ändern müsse, machte Pro Quote Film klar, dass es in Deutschland nicht reiche, auf den guten Willen einiger führender Köpfe zu vertrauen, um die Situation zu ändern. Nur festgelegte Geschlechterquoten für staatliche Fördermittel könnten etwas verändern. 

Weniger Frauen auf den Bildschirmen 

Ein weiteres heißdiskutiertes Thema war die Präsenz von Frauen in deutschen Medien. Im Fernsehprogramm stehen laut Pro Quote Film 33 Prozent Frauen 66 Prozent Männern gegenüber. 

Die Schwarzwaldklinik
In der international bekannten TV-Serie "Die Schwarzwaldklinik" spielten Frauen immer die zweite Geige Bild: picture-alliance/dpa/R. Haid

Frauen, die ausreichend Sendezeit bekommen, sind in der Regel recht jung. Ab dem 35. Lebensjahr sind sie allerdings immer seltener auf den TV-Bildschirmen zu sehen. Im Kreis der 50-Jährigen kommt eine Frau auf drei Männer, bei den 60-Jährigen sinkt das Verhältnis weiter auf 4:1. Nur junge und gut aussehende Frauen im Fernsehen zu zeigen, stimme nicht mit der Realität überein, so Schauspielerin und Pro Quote-Mitglied Natalie Wörner: "Das ist eine Schieflage, das ist wirklich ein verzerrtes Bild."

Diese Zahlen sagten auch noch nichts darüber aus, welche Art von Rollen Frauen bekämen, ergänzte Schauspielkollegin Jasmin Tabatabai. Stellen sie starke Typen dar oder spielen sie nur die Ehefrau, die Geliebte oder die Assistentin eines Mannes?

Die 50-jährige Schauspielerin weiß, dass die derzeitigen Umstände gegen sie sind, und ist froh darüber, als Partnerin von Hans-Werner Meyer in der ZDF-Krimi-Serie "Letzte Spur Berlin" mitwirken zu können. Auch wenn sie ständig darum kämpfen müsse, "nicht die Frau zu sein, die hinter Hans-Werner steht und sich Sorgen macht". Ihr Credo: "Man muss sein Maul aufmachen."