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Haiti - deutsche Hilfe

12. Januar 2012

Als vor zwei Jahren in Haiti die Erde bebte, waren sofort auch deutsche Helfer vor Ort. Einige sind noch heute da, denn die Aufbauprojekte sind langfristig angelegt. Die Zwischenbilanz fällt zum Teil ernüchternd aus.

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Impfung eines Kleinkindes in Haiti (Bild: CARE/Mildrède Béliard)
Bild: Care/ Mildrède Béliard

"Es geht voran, aber in kleinen Schritten", sagt Sabine Wilke von der Hilfsorganisation CARE Deutschland im Gespräch mit DW-WORLD.DE. Sie selbst hat 2011 den ersten Jahrestag des Bebens in Haitis Hauptstadt Port au Prince verbracht. "Das war eine sehr bedrückende Stimmung, wir hatten unser Büro geschlossen, damit die Mitarbeiter in Ruhe trauern und ihrer Verstorbenen gedenken konnten."

Einheimischer CARE-Mitarbeiter bei der Trinkwasserausgabe in Haiti (Bild: Care/Renaud Philippe)
Händewaschen will gelernt seinBild: Care/ Renaud Philippe

An diesem zweiten Jahrestag ist Sabine Wilke wieder in der CARE-Deutschland-Zentrale in Bonn. Etwa 380 Helfer sind für CARE noch in Haiti im Einsatz, die meisten von ihnen Einheimische. Das entspreche der Leitlinie der Organisation. So könne man auf die Expertise genau dieser Menschen zurückgreifen: auf ihre Ortskenntnisse, auf ihre Sprachkenntnisse. Und man schaffe so nicht zuletzt Einkommensmöglichkeiten. Denn noch immer gehört Haiti zu den ärmsten Ländern der Erde. Unmittelbar nach dem großen Beben hatte CARE sogar 500 Mitarbeiter in Haiti, die vor allem mit kurzfristigen Projekten betraut waren.

Die Töpfe der Hilfsorganisationen sind fast leer

62 Millionen US-Dollar (ca. 48 Millionen Euro), hatte CARE International kurz nach der Katastrophe weltweit an Spendengeldern eingenommen. 70 Prozent davon sind schon verbraucht. Und es zeichnet sich ab, dass das Geld nicht für alle geplanten Langzeitprojekte ausreichen wird. "Die Deutschen sind großzügige Spender, das haben wir unmittelbar nach dem Beben wieder festgestellt", sagt Sabine Wilke, "aber das, was jetzt noch hereinkommt, ist verschwindend gering." So wie CARE geht es fast allen Hilfsorganisationen. Die Geldtöpfe neigen sich dem Ende. Einige von ihnen haben deshalb schon das Land verlassen.

Seit dem 14. Mai 2011 ist Michel Martelly Präsident Haitis (Bild: AP)
Hoffnungsträger MartellyBild: AP

Ambitionierte Vorhaben, wie Bildungsprojekte oder Lehrerausbildung, geraten dadurch in Gefahr, auch weil man im Fünfjahresplan hinterher hinkt. Fast ein Jahr stand Haiti nach den Präsidentenwahlen im Herbst 2010 ohne funktionierende Regierung da. Erst wurde das Ergebnis angefochten, dann brauchte das neue Staatsoberhaupt Michel Martelly fast ein weiteres halbes Jahr, um sein Kabinett zu berufen. Entscheidungen, die größere Regionen betreffen, mussten ebenso aufgeschoben werden wie Veränderungen des Lehrplans an den Schulen.

Aber, so sagt CARE-Mitarbeitern Wilke: "Den Menschen geht es besser als vor der Katastrophe. Jetzt haben viele von ihnen Latrinen, Zugang zu Wasser. Das war vor dem Beben nicht der Fall." Dennoch bleibe es eine große Herausforderung, die Infrastruktur weiter zu verbessern.

Es soll besser werden als vor dem Beben

Haiti wurde allein aus Deutschland mit 230 Millionen Euro unterstützt, verteilt auf eine Vielzahl an Hilfsorganisationen. An die Spendengelder waren auch Hoffnungen geknüpft: Von Wiederaufbau konnte nämlich keine Rede sein, war doch die humanitäre Situation dort schon vor dem Beben extrem schlecht. Vieles sollte besser werden.

Aber inzwischen ist bei manchen Helfern Ernüchterung eingekehrt, wie bei Katja Anger von der Kindernothilfe, die in Port au Prince ein Kinderzentrum betreut. Daran, das Land besser wieder aufzubauen sei momentan nicht zu denken, sagte sie der ARD, "momentan geht es erstmal darum, mit der Realität vor Ort zu arbeiten und zu versuchen, die schlimmsten und akutesten Probleme soweit zu lösen."

Eine CARE-Mitarbeiterin erklärt Zuhörern Hygienegrundsätze (Bild: CARE/Evelyn Hockstein)
Hygiene-Aufklärung in HaitiBild: Care/ Evelyn Hockstein

Noch immer, so wird geschätzt, sind etwa 500.000 Menschen ohne feste Bleibe. Gregor Wert ist für HELP im Land, eine Organisation, die sich um Übergangshäuser für die vielen Obdachlosen kümmert. Sein Eindruck, zwei Jahre nach dem Beben: "Es bewegt sich was. Ob das infrastrukturelle Maßnahmen sind, Straßenbau, Schutt wegräumen, Aufräumarbeiten. Man könnte sagen: zwei Jahre nach dem Erdbeben ist das lächerlich, das hätte längst passieren müssen, aber gut, dann fängt es eben jetzt an."

Autor: Tobias Oelmaier
Redaktion: Arnd Riekman