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Deutsche immer islamfeindlicher

Stefan Dege8. Januar 2015

Die Befremdung der Deutschen vor dem Islam wächst. Darauf verweist die Bertelsmann Stiftung in einer Sonderauswertung ihres "Religionsmonitors" von 2013, den sie um ein aktuelles Meinungsbild ergänzt hat.

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PEGIDA-Demonstration in Dresden
Bild: picture-alliance/dpa/P. Endig

Danach empfinden 57 Prozent der nichtmuslimischen Bundesbürger den Islam als Bedrohung. Im Jahr 2012 waren es noch 53 Prozent. Zudem waren 61 Prozent der Bundesbürger der Meinung, der Islam "passe nicht in die westliche Welt". Im Jahr 2012 hatten das 52 Prozent gesagt. 40 Prozent der Befragten fühlen sich zudem durch Muslime "wie Fremde im eigenen Land". Jeder Vierte will Muslimen sogar die Zuwanderung nach Deutschland verbieten.

Für ihren "Religionsmonitor" untersucht die Bertelsmann Stiftung seit Jahren repräsentativ die Bedeutung von Religion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in mehreren Ländern. Fünf Wissenschaftler analysierten jetzt im Bertelsmann-Auftrag, wie Muslime in Deutschland leben und wie der Islam von der Mehrheit wahrgenommen wird. Autoren dieser "Sonderauswertung Islam" waren Dirk Halm und Martina Sauer vom Essener Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung, Kai Hafez und Sabrina Schmidt von der Universität Erfurt sowie Richard Traunmüller von der Universität Frankfurt. Die Wissenschaftler verglichen die Daten des Religionsmonitors 2013 mit den Ergebnissen einer TNS-Emnid-Umfrage vom November 2014.

Yasemin El-Menouar
Yasemin El-Menouar von der Bertelsmann-StiftungBild: Bertelsmann-Stiftung

In Deutschland zuhause – aber ungeliebt

Die Studie zeichnet aber nicht nur ein Bild der gefühlten Bedrohung der nichtmuslimischen Mehrheit. Sie belegt zugleich eine starke Verbundenheit der Muslime zu Staat und Gesellschaft: So halten 90 Prozent der hochreligiösen Muslime die Demokratie für eine gute Regierungsform. Neun von zehn Befragten haben in ihrer Freizeit Kontakte zu Nichtmuslimen. Jeder Zweite hat sogar mindestens genauso viele Kontakte außerhalb seiner Religionsgemeinschaft wie mit Muslimen. Muslime in Deutschland zeigen sich der Befragung zufolge mehrheitlich fromm und liberal zugleich.

"Für viele Muslime ist Deutschland inzwischen Heimat. "Sie sehen sich aber mit einem Negativ-Image konfrontiert, das anscheinend durch eine Minderheit von radikalen Islamisten geprägt wird", fasste Yasemin El-Menouar, Islam-Expertin der Bertelsmann Stiftung, das Ergebnis der Studie zusammen. "Die eigentlichen Ängste, die dahinter stecken, sind das zunehmende Auseinanderdriften von Arm und Reich und eine zunehmende Unsicherheit über die Zukunft. Solche Ängste und Unsicherheiten, die schwer greifbar sind, werden auf den Islam und auf die Muslime projiziert", betonte El-Menouar im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Bildergalerie Islamismus in Deutschland. Foto: dpa
Trüben das Bild vom Islam: Salafisten in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/Britta Pedersen

Fehler in der Islamdebatte

In einer ersten Reaktion bewertete der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyiek, das Ergebnis der Bertelsmann-Studie als "beängstigend". Anders als etwa die Anhänger der Pegida-Bewegung meinten, passe der Islam sehr wohl in den Westen. "Die Wertschätzung der Muslime für Demokratie und Menschenrechte und Freiheit sind ja keine Lippenbekenntnisse, sondern Ausdruck eines aktiven Lebens in der Gesellschaft", sagte Mazyek im DW-Interview. In der Islam-Debatte habe man Fehler gemacht. So seien gesellschaftliche Probleme wie etwa die Kriminalität unter Migranten fälschlicherweise "islamisiert" worden. "Diese Zuschreibung zur Religion muss aufhören!"

Aiman Mazyek
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/Kumm

Mit seinem Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" hatte Ex-Bundespräsident Wulff 2010 eine heftige Debatte ausgelöst. Applaus kam schon damals, nicht nur von Muslimverbänden.

In die repräsentative Bertelsmann-Studie zur gesellschaftlichen Bedeutung von Religion und Werten flossen die Antworten von 14.000 Menschen aus Deutschland sowie zwölf anderen Ländern auf insgesamt 100 Fragen ein.