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Deutsche IT-Branche braucht Zuwanderung

Henrik Böhme, z.Zt. Hannover4. März 2013

Die Computermesse Cebit in Hannover ist nicht nur ein Schaufenster für digitale Neuheiten, sondern auch ein Barometer für die Konjunktur. Und da sieht es gar nicht schlecht aus für die Branche.

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Ein Messebauer geht am 01.03.2013 an einem Display auf dem Gemeinschaftsstand Polens auf dem Messegelände der CeBIT in Hannover (Niedersachsen) vorbei. Rund 4100 Unternehmen aus 70 Ländern zeigen vom 5. bis zum 9. März 2013 ihre Neuheiten. Polen ist 2013 offizielles Partnerland der CeBIT. Foto: Peter Steffen/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Aufbau CeBIT 2013Bild: picture alliance / dpa

Man könnte es fast symbolisch nennen: Nach einem langen, kalten Winter kommt pünktlich zum Start der Cebit der Frühling auch nach Hannover. Das schafft so etwas wie Aufbruchstimmung, und die kann die krisengeschüttelte Wirtschaft in Europa gut gebrauchen. Vorreiter eines Aufschwungs könnte die IT-Branche werden, also all die Unternehmen, die sich mit Informationstechnologie oder Telekommunikation befassen. Und während die übrige Wirtschaft in Deutschland eher aus dem Tal kriecht, versucht die High-Tech-Branche zumindest einen größeren Schritt: Immerhin 1,4 Prozent Zuwachs erwartet der Branchenverband Bitkom. Damit könnte man ein Motor für die Gesamtwirtschaft sein. Echte Motoren sind allerdings andere: In China wächst der IT-Markt in diesem Jahr um fast neun Prozent, in den USA um 6,5 Prozent. Und auch in Deutschland sahen die Zuwachsraten schon mal besser aus.

Das sieht auch Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder so: "1,4 Prozent ist für unsere Branche kein herausragender Wert. Aber verglichen mit dem, was die Wirtschaft insgesamt leistet, ist das zwei- bis dreimal stärker. Und das stimmt uns in Anbetracht des konjunkturellen Umfelds für das laufende Jahr sehr optimistisch."

Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer IT-Verband Bitkom Quelle: Bitkom
Bernhard Rohleder von Bitkom sieht die Branche als WachstumstreiberBild: Bitkom

Engineering Card für Europa

So erwarten drei Viertel der Unternehmen steigende Umsätze, mehr als Hälfte will neue Mitarbeiter einstellen. Erstmals werden in diesem Jahr mehr als 900.000 Menschen in der deutschen IT-Branche arbeiten. In der Industrie beschäftigt nur der Maschinen- und Anlagenbau mehr Mitarbeiter.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Bundesweit sind laut Bitkom 43.000 Stellen für IT-Spezialisten nicht besetzt, davon allein rund 20.000 Informatiker. Abhilfe könne durch gezielte Zuwanderung nach Deutschland geschaffen werden, sagt Dieter Westerkamp vom Verein Deutscher Ingenieure zur DW: "Das ist ein Weg, der auch gegangen wird. Der VDI setzt sich für einen europäischen Berufsausweis ein, die sogenannte Engineering Card. Die soll es ermöglichen, die Qualifizierung und Erfahrung von Ingenieuren zu bewerten und einen Spanier oder Italiener mit einem deutschen Ingenieur vergleichen zu können."

Indische Software-Experten in der Niederlassung der deutschen Softwarefirma SAP in Bangalore (Foto:dpa)
Bleiben lieber in Bangalore: Mitarbeiter von SAP in IndienBild: picture-alliance/dpa

Elite soll kommen

Auf einen anderen Aspekt macht Bitkom-Vertreter Bernhard Rohleder aufmerksam. "Deutschland ist nicht das Land der Träume für die IT-Elite dieser Welt. Und die Elite brauchen wir hier." Man habe sehr gut ausgebildete Administratoren in Deutschland, aber es fehlten die Entwickler. "Hier müssen wir uns deutlich offener aufstellen für die IT-Elite dieser Welt. Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, die es für Inder, Malaysier, Indonesier oder Chinesen hochattraktiv macht, nach Deutschland zu kommen - und nicht ins Silicon Valley in die USA zu gehen", so Rohleder zur DW.

Manager des Netzes

Was neu ist in der Branche: Das Thema IT-Sicherheit rückt immer stärker in den Fokus, dort werden neben der Software-Entwicklung derzeit auch die meisten Fachkräfte gesucht. Sicherheit - das ist auch ein großes Thema für Unternehmen wie die Deutsche Telekom. Vorstandschef René Obermann sieht den Platz der großen Telekommunikationskonzerne in der sogenannten "smart connectivity" und in Kooperationen mit den Internet-Firmen. "Das zeigen wir hier auf der Messe sehr eindrucksvoll", so Obermann im DW-Interview. "Smart connectivity" heiße erstens schnelle Internetanschlüsse für große Datenmengen, zudem mehr Sicherheit im Netz und schließlich Qualitätsmanagement für unterschiedliche Dienstleistungen. "Eine E-Mail kann eine Sekunde später kommen, aber eine Videokonferenz darf nicht ruckeln. Das muss im Netz gemanagt werden. Smart Connectivity und Kooperationen mit innovativen Unternehmen: Da entsteht ein riesiger Blumenstrauß mit Serviceangeboten für die Kunden – und da können alle gewinnen."

Telekom-Chef Rene Obermann auf der Cebit 2013 Quelle: Deutsche Messe
Telekom Chef Rene Obermann auf der CebitBild: Deutsche Messe

Für einen Überblick über all diese Themen bietet die Cebit in den kommenden Tagen eine gute Gelegenheit. Auch wenn die Messe ihre Glanzzeiten hinter sich hat: So ganz kann man sich die digitale Welt ohne die Cebit nicht vorstellen. Bester Beleg sind die 4100 Aussteller, die aus 70 Ländern nach Hannover gekommen sind.