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Deutsche Milch wird global

Sella Oneko23. August 2013

Immer noch kein Grund zur Freude: Der Milchpreis in Deutschland ist auf Rekordhoch. Doch ohne staatliche Subventionen machen die Erzeuger oft ein Minusgeschäft.

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Kind trinkt ein Glas Milch. Foto: ddp images/AP
Bild: AP

"Wir bekommen 30 Cent pro Liter. Der Verbraucher würde bestimmt mehr für seinen Joghurt zahlen", erklärt der Bauer Thomas Lüpschen den Stand des Milchpreises im Mai. Mittlerweile liegt der Durchschnittspreis für den Liter bei 36,51 Cent. So hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr. Das ist aber noch immer zu wenig, damit Landwirt Thomas Lüpschen seine Familie und seine rund 200 Kühe über die Runden bringen kann. Und er steht nicht alleine da.

Abhängigkeit von Agrargeldern

So sieht der Bund Deutscher Milchviehhändler einen Preis zwischen 43 und 51 Cent pro Liter als notwendig an, um die Kosten der deutschen Bauern zu decken. So lange die Preise allerdings zu niedrig bleiben, decken sogenannte Agrargelder – Subventionen aus dem EU-Haushalt - die Differenz zwischen realem Preis und den Kosten der Bauern.

Kurswechsel in der Agrarpolitik

Dabei entsteht der Preis für die Milch der Bauern irgendwo zwischen den Supermärkten und den Molkereien. Am Ende dieser Verhandlungen kommt es laut einer Studie der Universität Göttingen zu folgender Verteilung: Steht die Flasche für 65 Cent im Regal, bekommt der Landwirt circa 30 Cent davon. Weitere zehn Cent fließen in die Verarbeitung, sechs Cent bekommt der Supermarkt. Mit Verpackung, Lagerung, Transport und Mehrwertsteuer ergibt sich dann der Endpreis.

Ungleichgewicht bei der Marktmacht

Zum einem genießen die Molkereien große Marktmacht – in den Verhandlungen mit den Bauern sitzen sie am längeren Hebel. Die Molkereien stehen wiederum unter dem Kostendruck des Handels. "Viele Milchbauern stehen circa 200 Molkereien als Nachfragern gegenüber und diese Molkereien müssen dann mit vier oder fünf großen Einzelhändlern verhandeln", erklärt Christina Wieck, Agrarwissenschaftlerin an der Universität Bonn. Von daher seien es die großen Handelsketten, die den Preis bestimmten. Sie hätten die stärkste Marktmacht.

Bei der Nachfrage, ob Discounter sich für die niedrigen Preise verantwortlich fühlen, reagiert Aldi Süd nur mit Zurückhaltung. Man sei sich seiner besonderen Verantwortung gegenüber den Kunden und Lieferanten natürlich bewusst, teilt Aldi Süd auf Nachfrage lapidar mit. Die Preise würden in offenen Gesprächen mit den Molkereien vereinbart.

Milchkühe stehen im Melkkarussell Foto: Arno Burgi
Rummelplatz für Kühe: Im Melkkarussell wird Hochleistung gefordertBild: picture-alliance/ZB

Alternative Kalkulation

Gegen die ungleiche Kalkulation am Markt stellt sich die Upländer Bauernmolkerei aus dem Sauerland. Sie ist fest in den Händen der Bauern und beliefert nur regionale Händler. „In anderen Betrieben bekommen Landwirte das ausgezahlt, was übrig bleibt. Wir haben 2005 gesagt: Wir kalkulieren, wie viel die Landwirte brauchen, um von ihrem Geschäft zu überleben", erklärt Karin Arzt-Steinbrink, die Geschäftsführerin. Die Kosten der Molkerei kalkulierten sie oben drauf und so entstünde der Preis. Die Bauern bekommen auf diese Weise fünf bis zehn Cent mehr für ihre Biomilch als konventionelle Milchbauern. Allerdings ist es nicht immer leicht, an dem Konzept fest zu halten. Erst kürzlich musste eines ihrer Käsewerke Insolvenz anmelden.

Globaler Markt schafft Möglichkeiten

Vor allem die Entwicklung hin zu einem globaleren Markt schafft für deutsche Milchbauern weitere Absatzmöglichkeiten. Neuseeland, der internationale Marktführer in Sachen Milch, leidet unter einer Dürre. Deutsche Molkereien, die sich international aufgestellt haben, wie Friesland Campina, verkaufen deshalb weltweit mehr. "Da sehen wir eine Wertsteigerung, weil die Inhaltsstoffe besser bezahlt werden als die Milch auf unserem Frühstückstisch", erklärt Hans Stöcker, Landwirt und Vorsitzender im Aufsichtsrat der deutsch-niederländischen Meierei.

So verkaufe sich Milchpulver besonders gut. Vor allem in asiatischen Ländern wie China und Vietnam, erklärt Stöcker. Denn die dort wachsende Mittelschicht wolle mehr von dem nahrhaften Getränk und die einheimischen Produzenten könnten die steigende Nachfrage nicht bewältigen. Außerdem gibt es noch weitere Absatzmöglichkeiten auf dem Weltmarkt, wie zum Beispiel laktosefreie Alternativen in China.

Verbraucher in Deutschland greifen immer häufiger zu teureren Bioprodukten. Andere kaufen immer mehr milchhaltige Fertigprodukte. Der deutsche Milchkonsum verändert sich und mit ihm ist auch der Markt im Wandel. Denn der wird in Zukunft wohl immer globaler. So geht heute schon fast jeder zweite Liter deutscher Milch ins Ausland.