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Deutsche Polizisten bei EM

Dirk Kaufmann / Vladimir Dorokhov22. Juni 2012

Tausende deutsche Fußballfans werden die Nationalelf nach Polen und in die Ukraine begleiten. Einige sind gewaltbereit. Deshalb schickt Deutschland auch eigene Polizisten zum Turnier.

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Die Waffe und Handschelle eines Polizisten sind zu sehen (Foto: Fotolia/wellphoto)
Bild: Fotolia/wellphoto

Hauptkommissar Uwe Namyst aus Offenbach ist ein sogenannter szenekundiger Beamter. Er arbeitet im Umfeld von Fußballfans und weiß aus Erfahrung, welcher Fan seine Mannschaft lediglich anfeuert, mit ihr leidet oder feiert. Er weiß aber auch, wer zur Gewalt neigt und Unfrieden stiften will. Uwe Namyst kennt seine "Pappenheimer".

Deshalb gehört er zu einer Delegation deutscher Polizisten, die bei der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine eingesetzt werden, um die örtliche Polizei im Einsatz gegen gewalttätige Fußballtouristen zu unterstützen. "Die allermeisten sind friedliche Fußballfans", ist Namyst sicher, aber: "Es wird auch einige geben, die Fußball als Plattform für Gewalt sehen."

Eine sehr neue Erfahrung

Die deutsche Polizeidelegation wird von Katja Kruse geleitet. Ihre Erfahrungen auf diesem speziellen Gebiet sind noch dünn. Sie war beim Vorbereitungsspiel der deutschen Mannschaft in der Schweiz im Einsatz, ein ganzes Turnier hat sie noch nicht begleitet. "Für mich ist das eine Premiere", sagt sie. "Das Turnier ist für mich eine sehr neue Erfahrung."

Ihr Offenbacher Kollege Namyst hat schon Routine im Umgang mit Hooligans, er war beim Qualifikationsspiel der deutschen Mannschaft in Österreich im Einsatz. Damals war es zu Ausschreitungen gekommen und die Polizei hatte 204 deutsche Fans festgenommen. Dabei, so Namyst, habe er bereits "sehr gute Erfahrungen sammeln können".

Fans stürmen den Platz im Düsseldorfer Stadion (Foto: dpa)
Fans stürmen den Platz im Düsseldorfer StadionBild: picture-alliance/dpa

Für Verständnis werben

Von seiner Arbeit bei der Europameisterschaft hat er schon genaue Vorstellungen: "Mein Schwerpunkt wird sein, die ukrainischen Polizisten dabei zu unterstützen, deutsche Gewalttäter festzustellen." Das heißt: sie in der Anonymität der Masse zu identifizieren.

Namyst kann das Verhalten deutscher Fans sicher besser einschätzen als ein polnischer oder ukrainischer Polizist. Er müsse wohl hauptsächlich "deutsche Verhaltensweisen erklären", sagt er. Von seiner Beurteilung wird es abhängen, ob die ukrainischen oder polnischen Beamten einschreiten oder nicht.

Ausschreitungen bei einem Pokalspiel in Dortmund (Foto: AP)
Zwar selten, aber wiederkehrend: Ausschreitungen in StadienBild: ddp images/AP Photo/Martin Meissner

Unbewaffnet und in Uniform

Zwei deutsche Polizisten sollen immer mit einem einheimischen Polizisten auf Streife gehe. Delegationsleiterin Kruse sieht darin ein mögliches Problem, denn weder die Deutschen noch ihre osteuropäischen Kollegen sprechen immer ein einwandfreies Englisch - das wird aber die Verkehrssprache in der täglichen Arbeit sein. "Das ist das größte Problem, dass man nicht beurteilen kann, wie präzise das, was man selbst sagt, weitergegeben wird."

Die deutschen Polizisten werden in Uniform auftreten. Das sei schon deswegen vorteilhaft, so Uwe Namyst, damit die Hooligans sofort sehen: Da kommt einer, der mich kennt, einer, der schon ein Auge auf mich geworfen hat. Bewaffnet werden die Deutschen aber nicht sein. Das sei aber auch nicht nötig, weil "immer mindestens ein einheimischer Kollege dabei ist".

Sensibler Einsatz in Polen

Zunächst fahren die Polizisten in die Ukraine, denn die deutsche Nationalmannschaft bestreitet dort ihre Vorrundenspiele. Ob die Polizisten dann auch in Polen zum Einsatz kommen werden, hängt von der Leistung der deutschen Mannschaft ab, weiß Katja Kruse. Sollten die deutschen Kicker nicht vorzeitig ausscheiden, "dann werden wir zumindest das Viertelfinale in Polen spielen, dann werde auch ich in Polen sein."

Gerade in Polen sind Deutsche in Uniform noch in schlimmer Erinnerung. Die Gräueltaten, die deutsche Soldaten, aber auch Polizisten, vor einem Dreivierteljahrhundert dort begangen haben, sind im kollektiven Gedächtnis der Polen fest verankert. Doch Vorbehalte gegen den Einsatz deutscher Polizisten während der Europameisterschaft sind nicht laut geworden.

Friedliches Fußballfest - auch mit Alkohol?

Die deutschen Ordnungshüter sind zuversichtlich, dass die Europameisterschaft 2012 ein überwiegend friedliches Fußballfest wird. Uwe Namyst ist schon deswegen optimistisch, weil "die Entfernung relativ groß ist". Es würden sicherlich nicht allzu viele deutsche Fans in die Ukraine reisen, zumal dort die Hotels doch recht teuer seien.

Friedlich feiernde Fußballfans beim Public Viewing (Foto: dpa)
Das häufigste Bild: friedlich feiernde FußballfansBild: picture-alliance/dpa

Auch die Leiterin der deutschen Delegation macht sich keine großen Sorgen. Katja Kruse glaubt nicht, "dass es sehr problematisch wird." Der szenekundige Offenbacher Namyst teilt diese Auffassung. Aber aus Erfahrung weiß er, dass auch an sich friedfertige Fußballfans ausfallend werden können. Nämlich immer dann, wenn zu viel Alkohol im Spiel ist.