1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Auf nach Griechenland?

24. Juni 2011

Bundeskanzlerin Merkel hat über die schuldengebeutelten Griechen gewettert. Sind die deutschen Normalbürgerinnen und -bürger jetzt auch sauer auf ein traditionelles Urlaubsland? Wollen sie nicht mehr in die Ägäis?

https://p.dw.com/p/RVUF
Preisliste für Urlaubsziel-Angebote im Juni 2011, aufgenommen am Köln-Bonner-Flughafen (Foto: DW)
Hier lachen Sonne und GeldbeutelBild: DW

Gewitter, bedeckter Himmel über Deutschland bei so gar nicht sommerlichen Temperaturen: Viele wollen nur noch weg. Die Schlangen der Reisenden an den Abfertigungsschaltern am Köln-Bonner Flughafen sind lang. Das Hauptziel heißt Mallorca, bestätigt ein junger Familienvater: "Ägypten, da ist eine Bombenstimmung, da habe ich momentan gar keine Lust drauf. Griechenland haben wir noch nicht ausprobiert, und Mallorca ist einfach mit zwei kleinen Kindern das nächste Ziel."

Diskussion um Griechenland in der Warteschlange

Die iberische Insel ist nah - und nach wie vor unschlagbar günstig. Unter den Wartenden entwickelt sich schnell eine Diskussion. Ein recht junger Wetter-Flüchtling, der gerade Mallorca gebucht hat, bezeichnet die Griechen als "Milliarden-Schnorrer". Sein Kumpel widerspricht. Der war zwar noch nie zu Gast bei den Hellenen, aber als Europäer findet er es wichtig, die Griechen zu unterstützen - schon aus wirtschaftlicher Solidarität. Eine Frauengruppe, die auf dem Weg nach Dubrovnik in Kroatien ist, mischt sich ins Gespäch ein. "Die Griechen sollten bis 67 Jahren arbeiten und nicht schon mit 55 in Rente gehen", fordert eine Urlauberin. Schwingt da Neid mit?

Eine Gruppe Reisender auf dem Weg zum Abfertigungsschalter auf dem Flughafen Köln-Bonn (Foto: DW)
...ab in den UrlaubBild: DW

Eine andere Touristin ist trotz ihrer Griechenland-Erfahrung verunsichert. "Ich würde im Moment nicht nach Griechenland fliegen. Es wurde ja schon angekündigt, dass auf Rhodos und Kreta die Stromversorgung nicht gesichert sein soll." Obwohl - von Kreta, wo sie schon Urlaub gemacht hat, schwärmt sie: "Eine wunderschöne Insel." Das Ehepaar nebenan kann das nur bestätigen. Die beiden wollen übers Wochenende kurz nach Sardinien. Der Ehemann reist dann nächste Woche nach Athen, aber aus beruflichen Gründen:

Er berät griechische Unternehmen, die von der Schuldenkrise betroffen sind. Auf die Frage, ob er zurzeit in irgend etwas in Griechenland investieren würde, folgt eine sehr lange Denkpause. "Wahrscheinlich nicht", sagt er dann mit einem vieldeutigen Lächeln und fügt hinzu: "Die Krise bekommen wir alle noch zu spüren."

Gleicher Preis, freundlichere Gastgeber

Immerhin hatte der Unternehmensberater in diesem Frühjahr bereits in einen Griechenlandurlaub investiert. Auf der Insel Pathmos habe er viel weniger von der Krise bemerkt als in Athen. "Es war toll. Es kam uns nicht teurer vor als früher. Die Leute waren freundlich, vielleicht sogar freundlicher als früher."

Alexander Zent, Reisebüro-Inhaber auf dem Flughafen Köln-Bonn (Foto: DW)
Kann Griechenland empfehlen - Alexander ZentBild: DW

Auch Alexander Zent kann keinen Rückgang bei der Nachfrage nach Griechenland-Destinationen feststellen. Zent betreibt ein Reisebüro direkt auf dem Köln-Bonner Flughafen. Das Preisniveau sei stabil geblieben. "Neu ist, dass die Kunden nachfragen, wie die wirtschaftliche Situation dort ist und ob es sich überhaupt lohnt, jetzt nach Griechenland zu fliegen." Es gebe allerdings überhaupt keinen Grund, von einem Aufenthalt dort abzuraten, sagt Zent. Und er fügt hinzu, dass Griechenland weiterhin gut gebucht werde.

Solche Aussagen treiben Panagiotis Skordas ein breites Lächeln ins Gesicht. "Wir können einen Zuwachs an Urlaubern aus Deutschland von 12 Prozent verbuchen", freut sich der Geschäftsführer des griechischen Fremdenverkehrsamtes in Deutschland. Und geht mit gutem Beispiel voran: Der Tourismusmanager ist zum Sommeranfang nach Athen geflogen, wo die Thermometer sommerliche 30 Grad anzeigen.

Werbung für Destination Griechenland

Skordas arbeitet üblicherweise in Frankfurt am Main. In Athen erwartet er eine deutsche Delegation aus Politikern und Journalisten, die er überzeugen will, dass Touristen weiterhin risikolos Urlaub in seinem Heimatland machen können - trotz der Finanzkrise. Der Tourismus sei ein wichtiger Markt für die Griechen, und die Deutschen machten den größten Teil der Urlauber aus. Besonders Paros, Rhodos und Kreta seien derzeit sehr beliebt.

Panagiotis Skordas, Geschäftsführer des griechischen Fremdenverkehrsamtes in Deutschland (Foto: privat)
Wirbt für Griechenland - Panagiotis SkordasBild: Panagiotis Skordas

"Jedes Jahr kommen ungefähr 2,5 Millionen Deutsche zu uns nach Griechenland in Urlaub." Sie seien gerne gesehen, fügt der Werbebotschafter seines Landes in Deutschland hinzu. Als Anreiz habe der griechische Staat die Mehrwertsteuer bei Hotelpreisen auf 6,5 Prozent gesenkt, und auch die Überfahrten vom Festland zu den zahlreichen Inseln seien günstiger als im Vorjahr. Mit Stromausfällen, Vorsorgungsengpässen oder Benzinmangel müssten die Urlauber nicht rechnen, versichert Panagiotis Skordas. Und er bekräftigt er sein Werben um Gäste mit Dankesworten:

Die Deutschen seien nach wie vor sehr willkommen, betont er. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass deutsche Politiker, angeführt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, größere Opfer von den Griechen gefordert hatten, zur Überwindung der Krise. Skordas´ letzte Worte klingen beinahe beschwörend: "Wir bedanken uns bei euch, weil ich glaube, dass Griechen und Deutsche eine lange Freundschaft verbindet."

Autorin: Karin Jäger
Redaktion: Hartmut Lüning