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Deutsche Wirtschaft beklagt verlorenes Jahr

25. Dezember 2014

Am Jahresende ist Zeit fürs Resümee. In der deutschen Wirtschaft fällt es durchwachsen aus. Industrie, Wissenschaftler und Wirtschaftspolitiker beschweren sich unisono über die Regierung. Die SPD ist davon genervt.

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Symbolbild Buchhaltung (Foto: Fotolia)
Bild: Fotolia/john lee

"Wenn ich an Schwarz-Rot denke, bin ich durchaus angespannt", sagte BDI-Chef Ulrich Grillo der Deutschen Presse-Agentur (dpa), "ich hätte mir mehr erhofft". Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vertritt die politischen Interessen von mehr als 100.000 Unternehmen mit gut acht Millionen Beschäftigten. Und er beklagt, die große Koalition aus CDU/CSU und SPD habe viel Geld wenig zukunftsgerichtet ausgegeben: "Das erste Jahr war verschenkt."

"2015 muss besser werden"

Der CDU-Wirtschaftsrat – als parteinaher Verband zumindest indirekt an der Regierung beteiligt – stößt ins selbe Horn: 2014 sei für die Zukunftsfestigkeit Deutschlands im Prinzip nichts gemacht worden, sagte Verbands-Generalsekretär Wolfgang Steiger in Berlin: "Das war ein verlorenes Jahr." Vor allem sei der nächsten Generation mit der Mütterrente und der Rente ab 63 ein schwer zu tragendes Paket aufgelastet worden. Das Wichtigste für die Union sei jetzt, ihre Wirtschaftskompetenz zu beweisen. Es mache keinen Sinn, Fachkräfte in Frührente zu schicken, die dringend für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland gebraucht würden.

"2015 muss besser werden", sagte Steiger. Die große Koalition müsse wieder zuerst an das Erwirtschaften denken, "bevor sie weiter fröhlich verteilt. Wir dürfen uns nicht mit vordergründiger Sozialromantik aufhalten."

"Teure sozialpolitische Wohltaten"

Auch der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, zeigt sich unzufrieden. Zwar hätten die Rente mit 63 und die Mütterrente positive Effekte auf den Konsum gehabt, weil sie die Kaufkraft stärkten. "Dennoch sind das falsche Signale. Und Signale sind sehr wichtig", sagte er der dpa. Frühere Reformen wie Hartz IV hätten die Wirtschaft zum Brummen gebracht. "Aber der jetzige Kurs geht in die entgegengesetzte Richtung."

Die deutsche Metall- und Elektroindustrie sieht in den politischen Weichenstellungen eine schwere Hypothek für das kommende Jahr. "Wir erwarten ein geringes Wachstum, das ist in manchen Bereichen aber noch mehr Hoffnung als Realität", sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Rainer Dulger, der dpa. Neben den internationalen Krisen werde die Industrie zusätzlich durch "teure sozialpolitische Wohltaten" belastet. So seien die Lohnstückkosten der Branche seit 2012 um fast zwölf Prozent gestiegen. "Das belastet unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit enorm", sagte der Gesamtmetall-Chef.

"Bin die Kritik leid"

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi konterte die Vorwürfe aus der Wirtschaft: "Selten waren die Voraussetzungen für die hiesige Industrie so rosig wie im Augenblick." Sie sei das "ewige, immer gleiche Lamento der Wirtschaftsvertreter allmählich leid". Verantwortungsbewusste Arbeitgeber sollten sich endlich an der Verbesserung Deutschlands beteiligen. "Dazu gehören mehr Arbeitsplätze, bessere Tarifbindungen und endlich wieder mehr private Investitionen in Anlagen und Fortbildung", meinte die Sozialdemokratin. Deutschland müsse besser werden, nicht billiger.

rb/wa (dpa)