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Deutsche Wirtschaft beschleunigt weiter

14. August 2018

Die Konsumlust der Verbraucher und Investitionen der Unternehmen halten die deutsche Wirtschaft am Laufen. Das Wachstum im Frühjahr fällt überraschend stark aus.

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Deutschland Konjunktur Einkaufstüten
Bild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow

(Aktualisierte Fassung von 13.00 MSZE)

Die deutsche Wirtschaft hat im zweiten Quartal ihre Drehzahl trotz internationaler Turbulenzen stärker erhöht als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte gegenüber den ersten drei Monaten 2018 um 0,5 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden anhand erster Daten mitteilte.

Zum Jahresanfang war die Wirtschaft laut jüngsten Zahlen um 0,4 Prozent gewachsen und damit etwas stärker als zunächst berechnet. Ökonomen hatten eine leichte Belebung im Frühjahr erwartet, weil dämpfende Sonderfaktoren wie beispielsweise die starke Grippewelle Anfang des Jahres keine Rolle mehr spielten.

Konsum trägt Wachstum

Getragen wurde das Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft von April bis Juni unter anderem von der anhaltenden Konsumfreude der Verbraucher. Die Bundesbürger sind nach Angaben der GfK-Konsumforscher weiter in Kauflaune. Die historisch gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und Lohnzuwächse sorgen für gute Stimmung. Die Bürger rechnen der GfK zufolge weiter mit höheren Einkommen und sind dementsprechend bereit, Geld für größere Anschaffungen auszugeben.

"Dank der guten Arbeits- und Lohnentwicklung ist der private Konsum für die Konjunktur die zentrale Stütze", sagte der Ökonom Andreas Scheuerle von der Dekabank. Gerade in unruhigen Zeiten wie diesen, in denen Handelskonflikte, Sanktionen und Populisten eine Gefahr für die außenwirtschaftliche Entwicklung darstellten, sei dies beruhigend. 

Staat gibt mehr aus

Die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen, stiegen ebenfalls. Und Unternehmen investierten etwas mehr in Ausrüstungen, Bauten und sonstige Anlagen als im ersten Quartal.

Vom Außenhandel kamen dagegen keine Impulse, weil die Importe stärker stiegen als die Exporte.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte, die guten Zahlen seien "keine Entwarnung". Die anhaltenden handelspolitischen Konflikte "sorgen immer mehr für eine Eintrübung des internationalen Umfelds", erklärte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Daher müsse die Wirtschaftspolitik alles tun, damit sich der Investitionsaufschwung verstärke. Wichtig sei etwa eine Reform der Unternehmenssteuer.

Ähnlich äußerte sich der Außenhandelsverband BGA. Zwar sei der anhaltende Konjunkturboom in Deutschland ein "Phänomen" - die "Konflikte um uns herum nehmen zu, aber die Geschäfte trotzdem nicht ab", erklärte der Verband. Jedoch sei dies kein Grund, sich in Sicherheit zu wiegen, denn diese Entwicklung könne "abrupt abreißen, wenn Streitigkeiten und Handelskonflikte eskalieren". Die Firmen bräuchten Rückendeckung durch die Politik - etwa bei der Unternehmensbesteuerung.

Wachstumskurs hält im Gesamtjahr an

Die deutsche Wirtschaft bleibt nach Einschätzung von Ökonomen im Gesamtjahr auf Wachstumskurs. Zuletzt rechneten die Experten jedoch mit einem geringeren Plus als zunächst erwartet - vor allem wegen der von den USA angeheizten Handelskonflikte. Strafzölle und Handelsbarrieren könnten die exportorientierte deutsche Wirtschaft treffen.

"Stand heute ist, dass die Belastungen für die Weltwirtschaft durch den Handelskonflikt noch überschaubar sind. Auch die Risiken, die von der Krise in der Türkei ausgehen, sind für die deutsche Wirtschaft gering", sagte Andreas Rees von der italienischen Großbank Unicredit.

Bankökonomen und Wirtschaftsforschungsinstitute hatten zuletzt ihre Konjunkturprognosen für das Gesamtjahr gesenkt - teilweise auf knapp unter zwei Prozent. "Die deutsche Wirtschaft setzt ihre Expansion in verlangsamter Gangart fort", sagte Ifo-Chef Clemens Fuest jüngst. Im vergangenen Jahr hatte sie um 2,2 Prozent zugelegt, es war das stärkste Plus seit sechs Jahren. Ökonomen gehen davon aus, dass der private Konsum auch in diesem Jahr die Konjunktur maßgeblich antreiben wird.

ZEW-Index weiter unter langfristigem Durchschnitt

Der Index des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für August stieg um elf Punkte auf minus 13,7 Punkte, wie das Institut am Dienstag mitteilte. Der vielbeachtete Indikator befand sich aber weiterhin deutlich unter seinem langfristigen Durchschnitt von 23 Punkten. Die Aussichten für die deutsche Konjunktur seien inzwischen "deutlich ungünstiger als noch vor einem halben Jahr", erklärte ZEW-Präsident Achim Wambach.

Wirtschaft in der Eurozone hält Wachstumstempo

Die Wirtschaft in der Eurozone hat ihr Wachstumstempo im Frühjahr überraschend halten können. Wie das Statistikamt Eurostat in Luxemburg am Dienstag auf Basis einer zweiten Schätzung mitteilte, lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 0,4 Prozent über der Wirtschaftsleistung des Auftaktquartals. Damit wurde eine erste Schätzung nach oben revidiert. Ende Juli hatte Eurostat für die Monate April bis Juni nur eine Wachstumsrate von 0,3 Prozent gemeldet.

Viele Volkswirte wurden von dieser Entwicklung überrascht. Sie hatten eine Bestätigung der ersten Schätzung erwartet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum meldete Eurostat für das zweite Quartal einen BIP-Anstieg um 2,2 Prozent. Dies lag ebenfalls leicht über den Erwartungen von Analysten.

ul/hb (dpa, rtr, afp)