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Deutsche Wirtschaft: Wohl kein Rekordabsturz

22. September 2020

Die Corona-Pandemie lässt die deutsche Wirtschaft dem Ifo-Institut zufolge nicht so stark schrumpfen wie die globale Finanzkrise 2009. Dennoch wird die Krise sichtbare Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen.

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Deutschland Eröffnung der "Factory 56" von Mercedes in Sindelfingen
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stein

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 5,2 Prozent sinken, wie die Münchner Forscher am Dienstag voraussagten. Im Sommer waren sie noch von minus 6,7 Prozent ausgegangenen, womit der bisherige Rekordrückgang aus der Finanzkrise 2009 von 5,7 Prozent übertroffen worden wäre. "Der Absturz der deutschen Wirtschaft verläuft glimpflicher als gedacht", betonten die Ifo-Ökonomen nun. Sie sind optimistischer als die Bundesregierung, die mit minus 5,8 Prozent rechnet.

"Der Rückgang im zweiten Quartal und die Erholung derzeit verlaufen günstiger, als wir erwartet hatten", begründete Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser die Aufwärtskorrektur. Dafür werde das Wachstum im kommenden Jahr geringer ausfallen: Das Institut rechnet nun mit 5,1 statt 6,4 Prozent. Für 2022 wird ein Plus von 1,7 Prozent vorausgesagt. "Die Unsicherheit bei den Prognosen ist sehr groß, weil niemand weiß, wie die Corona-Pandemie weiter verläuft, ob es nicht doch noch einen harten Brexit gibt und ob die Handelskriege beigelegt werden", betonte Wollmershäuser.

Hamburger Hafen
Auch die deutsche Exportindustrie scheint wieder auf die Beine zu kommen. Bild: picture-alliance/dpa/J. Tack Tack

Die Corona-Rezession hinterlässt allerdings sichtbare Spuren am Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbslosen wird der Prognose zufolge von durchschnittlich 2,3 Millionen im vergangenen Jahr auf 2,7 Millionen 2020 steigen. 2022 soll sie mit 2,5 Millionen über dem Vorkrisenniveau verharren. Der viel kritisierte Überschuss in der Leistungsbilanz (Exporte, Importe, Dienstleistungen, Transfers) wird nach Ifo-Berechnungen in diesem Jahr deutlich sinken, und zwar von 244 Milliarden auf 215,4 Milliarden Euro, da die Exporte schneller zurückgehen sollten als die Importe. Danach dürfte der Überschuss wieder zulegen und 2022 rund 290 Milliarden Euro erreichen.

Keine verfrühte Rückkehr zur Schwarzen Null

Ifo-Präsident Clemens Fuest warnt zudem angesichts der schweren Corona-Rezession vor einer verfrühten Rückkehr zur Schwarzen Null im Staatshaushalt. "Es wäre jetzt sicherlich nicht klug, mit Gewalt zu ausgeglichen Haushalten zurückzukehren in der kurzen Frist", sagte Fuest am Dienstag auf einer Online-Pressekonferenz. Das sei in der aktuellen Situation nicht sinnvoll, auch wenn Kosten und Nutzen einzelner konjunkturpolitischer Maßnahmen der Bundesregierung hinterfragt und nachjustiert werden könnten. Es sei wichtig, den Aufschwung nicht durch verfrühte Konsolidierung der Staatsfinanzen zu stören und zu bremsen.

Fuest warnte zugleich davor, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse über Bord zu werfen. "Um das Vertrauen in die Staatsfinanzen in Deutschland und Europa aufrecht zu erhalten ist es wichtig, eine mittelfristige Verpflichtung zur Rückkehr zu annähernd ausgeglichenen Haushalten zu haben", begründete der Experte. "Denn das hält die Zinsen für Staatsanleihen niedrig und das Vertrauen in die Staatsfinanzen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa hoch."

Das Ifo-Institut geht davon aus, dass der deutsche Staat selbst 2022 noch tiefrote Zahlen schreiben wird. Im laufenden Jahr soll das Defizit fast 171 Milliarden Euro betragen, 2021 rund 87 Milliarden und 2022 noch gut 68 Milliarden Euro. Grund sind Steuerausfälle und milliardenschwere Konjunkturhilfen wegen der Corona-Rezession.

hb/bea (rtr)