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Deutscher Fußball ein Grund zur Freude

Márcio Damasceno / Jan D. Walter25. Mai 2013

Fußballdeutschland fiebert dem Champions-League-Finale entgegen. Das deutsch-deutsche Finale ist das Ergebnis einer Reihe von Reformen im deutschen Fußball. Nicht nur die Nachwuchsarbeit ist vorbildlich.

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Javi Martinez vom FC Bayern und Mario Götze im BVB-Dress kämpfen um den Ball (Foto: EPA)
Fußball Bundesliga FC Bayern München gegen Borussia Dortmund in München 1.12.2012Bild: picture-alliance/dpa

Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Grund zur Freude sieht, wenn es Deutschland gut geht, ist hinlänglich bekannt. Und so freute sie sich auch, als feststand, dass Bayern und Dortmund die europäische Vereinsmeisterschaft im Londoner Wembley-Stadion an diesem Samstag (25.05.2013) unter sich ausmachen: "Ich freue mich. Denn eines ist sicher: Deutschland gewinnt", schrieb Merkel auf Facebook.

"Beim Fußball laufen 22 Männer einem Ball hinterher und am Ende gewinnt Deutschland", erkannte der englische Stürmer Gary Lineker bekanntlich schon nach der Halbfinalniederlage seiner Elf 1990 in Turin. Und da er zu seinem vielzitierten Bonmot steht, prophezeite der heutige BBC-Moderator auch gleich: "Wir sehen das Ende einer Ära für Barça und den Anfang einer Ära für Bayern."

Reformen nach EM-Desaster

Lineker ist eben ein Fachmann. Und wahrscheinlich hat er mitbekommen, dass Deutschland nach dem Vorrunden-Aus bei der Europameisterschaft 2000 in Belgien und den Niederlanden (Gruppenletzter mit einem Punkt und 1:5 Toren) die Ärmel hochgekrempelt hat.

Umgehend entsendete der Deutsche Fußballbund (DFB) Experten nach Spanien, Frankreich und in die Niederlande, um Ideen zu sammeln, nach denen dann Fußballschulen in 36 Profivereinen eingerichtet wurden. Um talentierte Nachwuchskicker rechtzeitig aufzuspüren und zu fördern, betreibt der DFB inzwischen 390 Stützpunkte in der ganzen Republik. Bei der Auswahl der Talente stehen nicht mehr "deutsche Qualitäten" wie Kraft und Disziplin, sondern die Technik im Vordergrund. In der Folge der Doppeleuropameisterschaft der U-17- und der U-21-Nationalmannschaft 2009 zeichnete die UEFA die Nachwuchsförderung des DFB als beste Europas aus.

Bayern Münchens Trainer Jupp Heynckes und BVB-Trainer Jürgen Klopp lachen (Foto: dpa)
Fahren die Ernte ein: Jürgen Klopp und Jupp HeynckesBild: picture-alliance/dpa

Gute Geschäfte

Seit 2002 wurde in Deutschland eine halbe Milliarde Euro in die Ausbildung junger Spieler gesteckt. Offenbar eine lohnende Investition: Den Wirtschaftsprüfern der Gesellschaft Deloitte zufolge ist die Bundesliga die rentabelste Profiliga Europas. Allein die Saison 2010/2011 soll 171 Millionen Euro Gewinn eingespielt haben.

Die Finanzierung auch weniger erfolgreicher Vereine sichert die Bundesliga über die zentrale Verhandlung und Verteilung der Fernseheinnahmen. Top-Teams erhalten zwar mehr Geld, aber die kleinen bekommen auch nicht so wenig wie etwa in Spanien, wo jeder Verein die Senderechte selbst verhandelt und Real und Barça zehnmal so hohe TV-Einahmen erzielen wie die Vereine der zweiten Tabellenhälfte. Der Letztplatzierte Greuther Fürth erhielt für die abgelaufene Saison mit 12,9 Millionen Euro halb so viel wie Meister Bayern.

Besondere Fankultur

Dennoch ist Bayern München der einzige Verein in Deutschland, der sich Ablösesummen auf europäischem Top-Niveau leisten kann: 40 Millionen für Javi Martínez, 37 Millionen für Mario Götze. Anders als bei diversen europäischen Konkurrenten geht das allerdings auch ohne ausländische Milliardäre. Denn in den Bundesligavereinen müssen die Mitglieder die Stimmenmehrheit halten.

Das hält nicht nur ungeliebte Investoren aus dem Ausland fern, sondern bindet auch die Basis: Rund 45.000 Zuschauer pro Spiel lasten die Bundesligastadien zu 93 Prozent aus - weltweit kann nur die US-amerikanische Football-Liga NFL mit einem höheren Zuschauerschnitt aufwarten. Neider könnten sticheln, dass man sich die Treue mit niedrigen Ticket-Preisen von durchschnittlich 22 Euro erkauft - in England und Spanien zahlen die Fans fast doppelt so viel.

Volle Tribüne mit Eintracht Braunschweig-Fans in balu-gelb (Foto: dpa)
Volle Tribünen auch oft in der zweiten BundesligaBild: picture-alliance/dpa

Jahrelange Durststrecke

Auch wenn es für einen weiteren Titel nicht gereicht hat: Eine Final- und drei Halbfinalteilnahmen in den vier internationalen Endrunden seit dem Vorrunden-Aus bei der WM 2004 in Portugal können sich sehen lassen.

Deutlicher aber zeigt sich das Ergebnis in der Bundesliga. Dort ist der Anteil deutscher Spieler gestiegen: Hatten in der ersten Dekade des Jahrhunderts gerade einmal 50 Prozent der Profis das Kicken in den Jugendligen des DFB gelernt, sind es heute 60 Prozent in der ersten und 70 Prozent in der zweiten Bundesliga.

Die BVB-Spieler feiern ihr Weiterkommen am 30. April im Santiago Bernabeu Stadion in Madrid (Foto: Getty Images)
Der BVB steht mit zehn Deutschen im CL-FinaleBild: Bongarts/Getty Images

Deutsche Weltklasse

Zwei der besten sind Sami Khedira und Mesut Özil, die 2009 gemeinsam den U-21-Titel nach Deutschland holten. Dass sie sich bei Real Madrid als Stammspieler etabliert haben, könnte als Beweis gelten, dass Deutschland wieder in der Lage ist, internationale Weltklassespieler hervorzubringen. Die Finalpaarung der Champions League stellt nun die Frage, wo die Weltstars kicken.

Die Halbfinal-Niederlage der "Königlichen" gegen Borussia Dortmund kann man auch so interpretieren: Zehn deutsche Talente sind besser als zwei. Und wenn sich diese Lesart auf Gary Linekers Fußball-Aphorismus über die ewig siegreichen Deutschen übertragen lässt, dann gewinnt am Samstag Borussia Dortmund. Denn die Bayern haben nur vier Spieler aus DFB-Schmieden in ihren Reihen. Und dann hat Angela Merkel noch mehr Grund zur Freude.