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"Deutscher Terrorexport"

6. Oktober 2010

Beim jüngsten Drohnenangriff der USA in Pakistan sollen deutsche Islamisten getötet worden sein. Der Vorfall ist an diesem Mittwoch (06.10.) Thema auf den Kommentarseiten der deutschen Tageszeitungen.

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Titelseiten diverser deutscher Tageszeitungen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

die tageszeitung, Berlin: "Terror lässt sich nicht wegbomben"

"Sind die Menschen in Deutschland jetzt vor Anschlägen sicherer, weil eine US-Drohne im unkontrollierten pakistanischen Stammesgebiet mutmaßliche deutsche Islamisten tötete, die womöglich hierzulande Anschläge planten? Und ist es nicht sowieso besser, mit diesen erklärten Feinden unserer demokratischen Rechts- und Werteordnung dort kurzen Prozess zu machen, als womöglich zu Opfern ihrer Aktivitäten hier zu werden? Die Antwort ist: nein. Vielleicht wird ein Anschlag in Deutschland, so er denn geplant war, durch eine gezielte Tötung in Pakistan verschoben. Auch mag im Einzelfall ein Attentat durch die Exekution der mutmaßlichen Terroristen sogar ganz verhindert werden. Bei Gefahr im Verzug wäre so ein Angriff sogar rechtens. Doch unerklärte und unkontrollierte Drohnenangriffe, die für die Bevölkerung im Zielgebiet nichts anderes als Terror von oben darstellen, beseitigen die Gefahr des islamistischen Terrors nicht. Vielmehr schüren sie neuen Hass und und schaffen neue Attentäter."

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Deutsche Dschihadisten"

"Angeblich handelt es sich um junge Islamisten aus Hamburg, die sich für den Dschihad-Terrorismus anwerben ließen. Wahrscheinlich wird ihre Identität nie zweifelsfrei geklärt werden, denn Nachforschungen am Ort des Geschehens sind unmöglich, und Erkenntnisse der Geheimdienste, auf denen der Einsatz der bewaffneten Drohne vermutlich beruhte, werden sich wohl nicht erhärten lassen. Dass sich Islamisten aus Deutschland in Terrorlagern in den halbautonomen Stammesgebieten ausbilden lassen - und oft auch zurückkehren - ist den Sicherheitskräften als Bedrohung bewusst. Neu dagegen ist, dass die Drohnen der CIA nicht nur das Führungspersonal der Dschihadisten angreifen. Ging es vielleicht doch darum, die Vorbereitung eines Anschlags zu vereiteln?"

Die Welt, Berlin: "Deutscher Terrorexport"

"Sie sind der Albtraum der Sicherheitsbehörden, und die amerikanischen Dienste warnen seit Langem vor ihnen: in Europa aufgewachsene islamische Terroristen, denen der europäische Pass die Tore in alle westlichen Länder öffnet. Genau wie jene Extremisten mit deutscher Staatsangehörigkeit, die nun bei einem Drohnenangriff in Pakistan umgekommen sind. Immer mehr in Deutschland aufgewachsene Radikale reisen zu den Taliban, um sich zu Kämpfern und Sprengstoffexperten ausbilden zu lassen. Nach Großbritannien scheint Deutschland inzwischen zu einem der wichtigsten europäischen Rekrutierungsländer für islamischen Extremismus zu werden. Studien über die Herkunft islamischer Terroristen weltweit bestätigen, dass eine erstaunlich große Zahl ganz oder teilweise im Westen sozialisiert wurde. Oft ist es die Entfremdung zur Mehrheitsgesellschaft, die verwirrte Jugendliche oder junge Erwachsene zu gefährlichen Ideologen werden lässt."

Neue Osnabrücker Zeitung: "Deutscher Dschihad"

"Es dürfte kein Zufall sein, dass der Drohnen-Angriff der US-Armee nach Bekanntwerden neuer Attentatspläne auf europäische Ziele erfolgte. Wichtigster Informant dürfte dabei ein im US-Stützpunkt Bagram inhaftierter Deutsch-Afghane gewesen sein. Er kommt aus Hamburg und besuchte dort die berüchtigte Taiba-Moschee. Er lieferte wohl die Informationen über Anschlagspläne und die nun ausgeschaltete Zelle. Fanatiker mit westlichen Pässen sind für Terrorgruppen extrem wertvoll, da sie dank ihrer Staatsangehörigkeit relativ problemlos reisen können. Ihr Hass auf den Westen ist zugleich so groß, dass sie selbst vor einem Massenmord nicht zurückschrecken. Nach Großbritannien ist Deutschland das wichtigste Rekrutierungsland in Europa für Islamisten. Dass Innenminister de Maizière Dutzende Militante hierzulande frei herumlaufen lassen muss, ist bitter. Diese Versäumnisse werden sich rächen. Die Lücken in der Anti-Terror-Gesetzgebung müssen zügig geschlossen werden."

zusammengestellt von: Esther Broders
Redaktion: Thomas Latschan