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Deutschland bleibt Überschuss-Weltmeister

19. Februar 2019

Trotz Brexit und Handelsstreit: Deutschlands Exporteure haben im vergangenen Jahr auf Rekordniveau verkauft. Damit ist der Überschuss in der Leistungsbilanz der größte der Welt. Das gibt wieder Ärger.

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BdT - Deutschland, Hamburg: Luftaufnahme von Containern an einem Verladeterminal im Hamburger Hafen
Bild: Reuters/F. Bimmer

Deutschland hat dem Ifo-Institut zufolge 2018 wegen seiner Exportstärke erneut weltweit den größten Überschuss in der Leistungsbilanz erzielt. Mit umgerechnet 294 Milliarden Dollar (260 Milliarden Euro) ist er größer ausgefallen als der von Japan und Russland zusammen, die mit einem Plus von 173 Milliarden beziehungsweise 116 Milliarden Dollar auf Rang zwei und drei folgen.

"Damit liegt Deutschland zum dritten Mal in Folge vor allen anderen Ländern", sagte Ifo-Experte Christian Grimme am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Daten bergen viel politischen Zündstoff: Deutschland wird wegen seines enormen Überschusses von US-Präsident Donald Trump kritisiert. Er sieht sein Land im Handel benachteiligt und erwägt deshalb die Einführung von Strafzöllen auf deutsche Autos.

Grob besagt der Überschuss in der Leistungsbilanz, dass Deutschland viel mehr Waren verkauft und Dienstleistungen bereitstellt, als es selbst kauft oder in Anspruch nimmt. "Deutschland baut damit mehr finanzielle Forderungen gegenüber dem Ausland auf als das Ausland gegenüber Deutschland", sagte Grimme. Der deutsche Überschuss kommt vor allem durch den Warenhandel zustande. Hier übertrafen im vergangenen Jahr die Exporte die Importe dem Statistischen Bundesamt zufolge um gut 228 Milliarden Euro.

USA mit größtem Defizit

Den Ifo-Berechnungen zufolge weisen die Vereinigten Staaten mit etwa 455 Milliarden Dollar das weltweit höchste Defizit in der Leistungsbilanz aus. Es sei trotz der Strafzölle etwa gegen chinesische Produkte sogar noch um fünf Milliarden Dollar gestiegen. "Der Warenhandel wurde noch defizitärer", sagte Grimme. "Die Ausfuhr nach China reduzierte sich deutlich, während die Einfuhr aus China weiter kräftig zulegte." Dafür vergrößerten sich die US-Überschüsse beim Verkauf von Dienstleistungen und bei den Einnahmen aus Auslandsvermögen.

Der deutsche Überschuss entspricht 7,4 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung. Die Quote ist damit seit dem 2015 erreichten Rekordniveau von 8,9 Prozent zwar das dritte Jahr in Folge gefallen, liegt aber weiter deutlich über der Marke von sechs Prozent. Werte darüber hält die EU-Kommission für stabilitätsgefährdend. Sie verweist auf die Defizite, die solch großen Überschüssen gegenüberstehen, und warnt vor den hohen Schulden von Defizitländern.

Die Bundesregierung erwartet, dass der Überschuss in diesem Jahr mit 7,3 Prozent über der Zielmarke verharren wird. "Dauerhaft hohe Leistungsbilanzüberschüsse können dann problematisch werden, wenn die Forderungen nicht eingelöst werden können - etwa wenn das Ausland nicht mehr fähig ist, die Zinslast zu bedienen", erläuterte Ifo-Forscher Grimme.

"Vogel-Strauß-Politik"

Die Opposition kritisiert die Entwicklung. "Die Bundesregierung muss endlich das Problem permanenter exorbitanter Exportüberschüsse erkennen", sagte der Vorsitzende des Bundestagsauschusses für Wirtschaft und Energie, Klaus Ernst (Linkspartei). "Es ist eine Vogel-Strauß-Politik, so zu tun, als wäre eine solche Entwicklung positiv. Wir erwarten von der Bundesregierung endlich Vorschläge, wie sie dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz entsprechen und das Ziel eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts umsetzen will." Die Regierung wiederum verweist in ihrem aktuellen Jahreswirtschaftsbericht darauf, dass sie mit ihrer Politik Investitionen und Binnennachfrage stärke, "was tendenziell zu einer Verringerung des Leistungsbilanzüberschusses führt".

Anders als in den Vorjahren findet sich China 2018 nicht mehr unter den ersten drei Ländern mit den höchsten Überschüssen wieder. "Verantwortlich hierfür ist ein deutlich niedriger Warenüberschuss", erklärte Grimme. Diese habe sich aber weniger aus den Handelsstreitigkeiten mit den USA ergeben, sondern aus verstärkten Importen von Maschinen.

hb/dk (rtr)