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"Deutschland muss wachsam sein"

13. Oktober 2014

Angesichts der mauen Konjunktur hat der Eurogruppen-Chef Deutschland davor gewarnt, sich auf den Lorbeeren vergangener Reformen auszuruhen. Zugleich wird die Forderung nach einer Abkehr vom Sparkurs lauter.

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Jeroen Dijsselbloem (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/Afp/Louisa Gouliamaki

"Deutschland muss wachsam sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Man kann nicht selbstzufrieden auf Reformen zurückschauen, die Jahre zurückliegen", erklärte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem (Artikelbild). Strukturreformen wie die der Agenda 2010 am Arbeitsmarkt "seien nicht etwas, was man alle zehn oder zwanzig Jahre macht", mahnte der Niederländer kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister am Montagnachmittag in Luxemburg.

Während etwa die Krisenstaaten Spanien, Portugal und Irland in den vergangenen Jahren große Reformen durchgesetzt hätten und zu Wachstum zurückgekehrt seien, hätten einige große Länder der Euro-Zone nicht reformiert. "Offensichtliche Beispiele sind Frankreich und Italien, aber auch Deutschland muss darüber nachdenken, wie es seine Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhält", sagte Dijsselbloem der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". So kritisierte er die in Deutschland geschaffene Möglichkeit für einen früheren Rentenbeginn "als eine ganz andere Richtung als in anderen Ländern." Zugleich wünsche er sich mehr Investitionen in Deutschland in Straßen, die digitale Infrastruktur, in Forschung und Entwicklung oder Bildung. "Brüssel verlangt nicht, dass das Budget völlig ausgeglichen ist", betonte Dijsselbloem.

Regierungsberater gegen "schwarze Null"

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, forderte die Bundesregierung auf, ihr Ziel aufzugeben, im kommenden Jahr die Neuverschuldung auf Null zu drücken.

"Die Nullverschuldung ist zurzeit die falsche Priorität in einem wirtschaftlichen Umfeld, in dem die Arbeitslosigkeit steigt und wir hohe Risiken und eine Vertrauenskrise haben", sagte der Regierungsberater der Zeitung "Rheinische Post". Stattdessen müsse die Regierung signalisieren, dass sie alle Möglichkeiten habe, die Wirtschaft zu stabilisieren und wenn notwendig, auch Ausgaben erhöhen und ein Konjunkturprogramm auflegen könne, so Fratzscher.

Marcel Fratzscher (Foto: DIW)
Marcel FratzscherBild: Marcel Fratzscher/DIW

"Sehr schlechte Entwicklung"

Vor wenigen Tagen hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten ihre Konjunkturprognose nach unten korrigiert. Für dieses Jahr erwarten sie ein Wachstum von 1,3 Prozent. Im April hatten sie noch mit 1,9 Prozent gerechnet. Ihre Prognose für 2015 senkten die Wirtschaftsweisen von 2,0 auf 1,2 Prozent ab.

Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel räumte ein, "dass die schlechte Entwicklung der Weltkonjunktur, insbesondere die sehr schlechte Entwicklung in Europa, dazu führt, dass wir deutlich unter den Prognosen bleiben". Am Dienstag wird Gabriel die neue Wachstumsprognose der Bundesregierung vorstellen. Eine Abkehr von der Sparpolitik will der Minister nicht unterstützen. Er glaube nicht, "dass es klug ist, mehr Schulden zu machen".

wa/wl (rtr, afp, dpa)