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Deutschland stuft Terrorgefahr als ernst ein

2. November 2010

Nach dem Fund von zwei Paketbomben aus dem Jemen hat Deutschland die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Jemens Regierung kritisierte das Einflugverbot für alle in dem arabischen Land gestarteten Flugzeuge.

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Thomas de Maizière am Flughafen Köln/Bonn (Foto: dapd)
Gibt Auskunft: Innenminister Thomas de MaizièreBild: dapd

Die Entscheidung der deutschen Regierung sei eine "kollektive und unlogische Bestrafung", erklärte ein Regierungssprecher in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa. Dieser Schritt nutze lediglich den Terroristen der El Kaida, "die immer versucht haben, auf diese Weise den Interessen und dem Ruf Jemens zu schaden". Sein Land werde dennoch auch weiterhin mit der internationalen Gemeinschaft im Kampf gegen den Terrorismus zusammenarbeiten, versicherte der Sprecher.

Heck eines Yemenia-Flugzeugs
In Deutschland unerwünscht: Flugzeug der jemenitischen Gesellschaft "Yemenia"

Die Deutsche Flugsicherung war am Montag (01.11.2010) angewiesen worden, direkte und indirekte Flüge aus dem Jemen abzuweisen und damit bis auf weiteres keinen Einflug in und über deutsches Hoheitsgebiet zuzulassen. "Mit unseren Sofortmaßnahmen soll sichergestellt werden, dass keine Fracht aus dem Jemen nach Deutschland kommt", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. "Jetzt müssen mögliche Lücken im System der Luftfrachtsicherheit aufgedeckt und geschlossen werden."

"Neue Dimension"

Wie Innenminister Thomas de Maizière bestätigte, erwägt die Bundesregierung auch Verbote für Flugzeuge aus anderen Ländern. "Die Zuverlässigkeit der Drittstaaten und deren Kontrolle werden wir zu überprüfen haben", betonte de Maizière bei einem Besuch auf dem Flughafen Köln/Bonn. Dort war eine der Paketbomben umgeladen worden. Der deutsche Minister gab sich entschlossen: "Ich habe eine europäische Initiative gestartet", sagte de Maizière. Die EU-Innenminister würden sich noch diese Woche mit dem Thema befassen und die Sicherheitsmaßnahmen koordinieren. Die Gefahr scheint jedenfalls ernst: Sicherheitskreise sprachen von einer "neuen Dimension" der Bedrohung.

Thomas de Maizière (Foto: dapd)
Innenminister vor Ort: Thomas de Maizière im Frachtzentrum des Flughafens Köln/BonnBild: dapd

Die US-Behörden entsandten Experten in den Jemen, um die dortigen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Wie die jemenitische Nachrichtenagentur Saba berichtete, wird sämtliche Fracht, die die Flughäfen des Jemen verlässt, ab sofort "außergewöhnlichen" Sicherheitschecks unterzogen. Mehrere zunächst festgenommene Verdächtige, darunter eine Studentin, deren Handynummer sich auf einem der Paketscheine befand, wurden nach einer Überprüfung wieder freigelassen.

Amerikanische Ermittler sehen in dem saudi-arabischen Extremisten Ibrahim Hassan el Asiri einen der Drahtzieher. Er gilt als eine der führenden Figuren der Terrororganisation El Kaida auf der arabischen Halbinsel und als begabter Bombenbauer. Die beiden Pakete mit offenbar funktionsfähigen Sprengsätzen waren vergangene Woche in Frachtmaschinen auf dem englischen Flughafen East Midlands und in Dubai entdeckt worden. Sie waren an jüdische Einrichtungen im Raum Chicago adressiert.

"Erhebliche Sprengwirkung"

Entdeckt wurden die Pakete aufgrund von Hinweisen aus Saudi-Arabien. Den entscheidenden Hinweis auf die Paketbomben gab nach britischen Angaben ein ehemaliger El Kaida-Anhänger, der sich vor zwei Wochen den saudi-arabischen Behörden gestellt hatte.

Hauptgebäude des Köln/Bonner Flughafens (Foto: dapd)
In Köln/Bonn wurde eine der Paketbomben umgeladenBild: dapd

In den Paketbomben befanden sich Laserdrucker, in deren Tonerkassetten 300 beziehungsweise 400 Gramm des Plastiksprengstoffs Pentrit (PETN) mit "erheblicher Sprengwirkung" versteckt war. Auch enthielt die Kassette einen Zündmechanismus unter anderem aus Handy-Bauteilen. PETN ist mit Röntgengeräten nur schwer zu entdecken, mit Spürhunden in Reinform gar nicht.

Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Ralph Beisel, warnte vor überhasteten Reaktionen. "Die Vorfälle der vergangenen Tage müssen zunächst detailliert aufgeklärt werden." An den 23 internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland wurden 2009 laut ADV 3,6 Millionen Tonnen Luftfracht umgeschlagen. Der für den Luftverkehr zuständige Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke räumte ein: "Es ist bei dem jetzigen Frachtaufkommen derzeit praktisch unmöglich, die ganze Fracht zu scannen."

Autor: Christian Walz (afp, dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Walter Lausch