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Das unspektakulär gute Verhältnis

Naomi Conrad 11. April 2013

Das deutsch-indische Verhältnis ist gut. In Berlin wirbt Premier Singh um Investitionen, die Indien dringend nötig hat. Eine gemeinsame Freihandelszone aber stockt weiter.

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Singh Angela Merkel(Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Nein, sagt der Chefredakteur einer großen indischen Zeitung und zuckt die Schultern, eigentlich sei nichts wirklich Wichtiges bei den indisch-deutschen Regierungskonsultationen am Donnerstag (11.04.2013) herausgekommen. "Also, auf die erste Seite wird mein Bericht es sicherlich nicht schaffen." Dabei ist der indische Premierminister mit großer Entourage nach Berlin gereist. Mit dabei: fünf Minister und 34 Journalisten. Heraus kamen sechs gemeinsame Absichtserklärungen und Trippelschritte in Richtung Freihandelszone. Diese liegt schon seit 2007 auf dem Verhandlungstisch, weil es Unstimmigkeiten unter anderem beim Abbau der indischen Einfuhrzölle gibt.  

"Die Probleme sind noch nicht überwunden", gab Bundeskanzlerin Angela Merkel zu, aber es seien wichtige Schritte unternommen worden. Lobenswert sei etwa, dass Indien im Versicherungssektor den erlaubten Anteil ausländischer Investoren angehoben habe. Angesichts der Tatsache, dass Indien auch mit anderen Ländern Freihandelsabkommen abgeschlossen habe, sei eventuell eine gewisse Flexibilität nötig. Insgesamt sei eine Lösung der Probleme aber in Sicht. Wann und wie, blieb allerdings weitgehend offen.

Stattdessen lobte die CDU-Politikerin die "beträchtliche Tiefe und Breite", die die gemeinsame Kooperation über die Jahre erreicht habe. So setzten sich beide Seiten bei den Konsultationen zum Ziel, Deutsch als Fremdsprache in indischen Schulen zu fördern und Hochschulpartnerschaften auszubauen.

Indien sorgt sich um den Euro

Es gebe durchaus Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland auf Englisch, so Merkel, und warb um indische Studenten. Auch soll gemeinsam zur zivilen Sicherheit geforscht und im Bereich Saatgut und erneuerbare Energien zusammengearbeitet werden. Hinzu kommt eine Arbeitsgruppe Qualitätsinfrastruktur.

Keine Überraschungen

Das deutsch-indische Verhältnis läuft bereits seit Jahren bereits ziemlich gut: Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der Inder innerhalb der EU, vor allem im Bereich Maschinenbau und Elektronik, aber auch der Autoindustrie, hinzu kommen wachsende Investitionen in erneuerbare Energien. Indien braucht Investitionen, vor allem in große Infrastrukturprojekte. Da könne Deutschland durchaus eine positive Rolle spielen, so die Bundeskanzlerin.

Außerdem versuchen deutsche Rüstungsfirmen den indischen Raum zu erobern. "In Indien ist der Markt noch progressiv", so ein Mitarbeiter einer deutschen Rüstungsfirma in Indien, schließlich seien die Militärausgaben in den letzten Monaten sogar gestiegen. Allerdings gebe es große bürokratische Hürden. Er freue sich auf eine höhere Kooperation im Bereich der Verteidigung, so Premierminister Singh, ohne nähere Angaben zu machen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Indiens Premierminister Manmohan Singh vor Flaggen (Foto: Ole Spata/dpa pixel)
Merkel und Singh in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Internationale Partner

Auch auf der internationalen Bühne arbeiten Indien und Deutschland zusammen, versuchen gemeinsam eine Reform des UN-Sicherheitsrates voranzutreiben. Insgesamt sei das Verhältnis "so ein bisschen unspektakulär", so Christian Wagner, Leiter der Asienabteilung der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Es gibt keine richtigen Reibungspunkte."

Punkte, über die man reden sollte, gibt es allerdings schon: Zwar habe Indien eine andere Einstellung in Sachen Klimapolitik: Indien sieht die Verantwortung bei der Verminderung von Treibhausgasen bei den Industriestaaten, Deutschland allerdings pocht auf eine Lösung, die Anstrengungen aller Staaten, ihre Emissionen zu senken, beinhaltet. Hinzu kommen Menschenrechtsprobleme, etwa Ausschreitung gegen christliche Gruppen oder aber Menschenrechtsverletzungen seitens indischer Sicherheitskräfte in Kaschmir. Aber diese Punkte würden in Indien durchaus auch als problematisch angesehen, so Wagner und von der Zivilgesellschaft öffentlich gemacht. "Da kann Deutschland den innerpolitischen Problemdruck unterstützen."
 

Kinder demonstrieren gegen die Vergewaltigung einer Studentin (AP Photo/Biswaranjan Rout)
Die Vergewaltigung einer Studentin in Delhi führte zu MassenprotestenBild: picture-alliance/AP Photo

Frauenrechte angesprochen

Ein kritischer, aber unterstützender Partner, so fasste Merkel es zusammen. So habe sie etwa das Thema Frauenrechte beim gemeinsamen Abendessen angesprochen. "Ich bin der letzte, der behauptet, dass es Entwicklungen gibt, die uns nicht gefallen", so Singh in Bezug auf die Vergewaltigung einer Studentin in Delhi, die eine große Protestwelle in Indien ausgelöst hatte - und auch in internationalen Medien Schlagzeilen gemacht hat. Aber die indische Demokratie sei durchaus in der Lage, selber damit klarzukommen. Der Chefredakteur lächelt: Er habe gerade seine Titelgeschichte gefunden.