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Politik

Berlin sanktioniert Riad

19. November 2018

Nach dem mutmaßlichen Mord an dem saudischen Journalisten Khashoggi prescht Berlin mit Sanktionen gegen Saudi-Arabien vor. Ob andere Länder mitziehen, bleibt offen. Siemens-Chef Kaeser fährt trotzdem in das Land.

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Wolgast Peene-Werft Lürssen Küstenschutzboot
Bild: picture-alliance/dpa/S. Sauer

Als Reaktion auf die mysteriösen Todesumstände des regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hat die Bundesregierung einen vollständigen Stopp aller Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien und Einreiseverbote für mehrere saudische Tatverdächtige verkündet.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes handelt es sich bei den 18 betroffenen Personen um das mutmaßliche 15-köpfige Mordkommando sowie um drei weitere Personen, die an der Tötung des Journalisten beteiligt gewesen sein sollen. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman ist davon ausgenommen. "Nach wie vor gibt es für uns mehr Fragen als Antworten bei der Aufklärung dieses Falles", erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Dies gelte sowohl für die Tat als solche als auch für die Frage: "Wer sind die Hintermänner?".

Keine Schiffe für Saudis

Zudem gab das zuständige Bundeswirtschaftsministerium bekannt, dass auch genehmigte Rüstungslieferungen an Riad unterbunden würden. Bislang hatte die  Bundesregierung lediglich auf neue Genehmigungen verzichtet. Ein Ministeriumssprecher sagte in Berlin, dass die Bundesregierung "auf die Inhaber von gültigen Einzelgenehmigungen hinwirkt mit dem Ergebnis, dass es derzeit keine Ausfuhren von Deutschland nach Saudi-Arabien gibt". Das geschehe mit "unterschiedlichen Instrumenten", die aus verfassungsrechtlichen Gründen aber nicht genannt werden könnten.

Heiko Maas (SPD) Bundesaußenminister
Maas: "Nach wie vor gibt es für uns mehr Fragen als Antworten bei der Aufklärung dieses Falles"Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Um wie viele bereits genehmigte Exporte es sich handelt, ist nicht bekannt. Nach Angaben der Deutschen-Presse Agentur trifft der Schritt die Wolgaster Lürssen-Werft, die noch 20 Patrouillenboote in den autoritär regierte Wüstenstaat liefern möchte. Demnach sind zwei der Boote bereits fertig und ihre Ausfuhr genehmigt. Der Bau mehrerer weiterer Schiffe hat auf der Werft bereits begonnen. An dem Auftrag hängen 300 Arbeitsplätze.

Siemens-Chef besucht Saudis

Ungeachtet politischer Spannungen zwischen Berlin und Riad will Siemens-Chef Joe Kaeser in der kommenden Woche zu einer Konferenz des saudiarabischen staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco reisen. Kaeser plane, an einer Podiumsdiskussion zum Thema Lokalisierung der Wertschöpfung teilzunehmen, erklärte ein Konzernsprecher. Zuvor hatten die "Süddeutsche Zeitung" und weitere Medien über die bevorstehende Reise berichtet. Noch vor rund einem Monat hatte Kaeser wegen des Falls Khashoggi seine Teilnahme an einer Investorenkonferenz in Riad abgesagt.

Neben der Veranstaltung seien keine weiteren Gespräche, keine Abkommen oder Verträge geplant, erklärte der Sprecher weiter. Der Konzern sei ein Kunde. An der Haltung des Siemens-Konzerns zum Fall des getöteten Journalisten Jamal Khashoggi habe sich indes "nichts geändert", betonte der Sprecher.

Die Staatsanwaltschaft in Saudi-Arabien beschuldigt inzwischen hochrangige Regierungsmitarbeiter, eigenmächtig ein 15-köpfiges Spezialteam zur Ausführung der Tat geschickt zu haben. Riads Generalstaatsanwalt hatte zuletzt für fünf Beteiligte die Todesstrafe gefordert - angeklagt würden elf.

Ziehen andere EU-Staaten mit?

Deutschland und die USA reagieren mit ihren Sanktionen als bisher einzige Länder auf die bislang vorliegenden Ermittlungsergebnisse zu dem Fall. Die Bundesregierung kündigte an, auch andere EU-Staaten von einem solchen Schritt überzeugen zu wollen. Der französische Präsident Emmanuel Macron erteilte dem deutschen Vorstoß bereits eine Absage. Außenminister Maas zeigte sich zuversichtlich. "Wir sind innerhalb der Europäischen Union in dieser Frage insgesamt in einer engen Abstimmung." Großbritannien hatte bereits im Oktober angekündigt, in den Mord verwickelten Personen künftig die Einreise zu verweigern.

US-Medien hatten berichtet, dass der Auslandsgeheimdienst CIA zu der Einschätzung gelangt sei, dass der Thronfolger Mohammed bin Salman selbst die Tötung des Journalisten und Regierungskritikers am 2. Oktober im Konsulat in Istanbul angeordnet habe. Dies sei das Ergebnis der Auswertung mehrerer Quellen, schrieb die "Washington Post". Unter immensem internationalem Druck gab Riad erst viel später den Tod des "Washington-Post"-Kolumnisten zu.

sam/stu (afp, dpa)