1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutschland wartet ab

Jens Thurau2. Dezember 2014

Die Parlamente in Schweden und Großbritannien haben vorgelegt - jetzt hat auch die französische Nationalversammlung einen Entschluss zur Anerkennung Palästinas gefasst. Im Bundestag gibt es dafür aber keine Mehrheit.

https://p.dw.com/p/1Dy79
Deutsche und die palästinensische Flagge (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Bundeskanzlerin Angela Merkel legt sich in der Öffentlichkeit nicht gern fest, sie gilt als eine Regierungschefin, die sich gern alle Handlungsoptionen offen hält. Nicht so bei der Frage, ob Deutschland Palästina (genauer: die Palästinensischen Autonomiegebiete) anerkennt.

Beim Besuch des belgischen Ministerpräsidenten Charles Michel in Berlin sagte die Kanzlerin unlängst, das Ziel aller Bemühungen müsse eine ausgehandelte Friedensordnung mit zwei Staatsgebieten, die sogenannte Zweistaatenlösung, im Nahen Osten sein. "Wir sind deshalb auch der Meinung, dass uns eine einseitige Anerkennung des palästinensischen Staates auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung nicht voranbringt." Es sei besser, das Gewicht immer wieder darauf zu legen, die schwierigen Gespräche im Gang zu halten.

Mahmud Abbas und Angela Merkel am 18. Oktober in Berlin (Foto: Reuters)
Gibt dem Drängen von Palästinenserpräsident Abbas bislang nicht nach: Bundeskanzlerin MerkelBild: Reuters

So denkt nicht nur die Kanzlerin, so denken auch die meisten Abgeordneten im Bundestag. "Ich glaube, es würde dem Friedensprozess im Nahen Osten nicht zuträglich sein, wenn man, ohne etwas dafür im Gegenzug zu bekommen, den palästinensischen Autoritäten die Möglichkeit gibt, einen eigenen Staat auszurufen und anzuerkennen. Ich halte das für falsch", sagt etwa der Außenexperte der Unions-Fraktion, Philipp Mißfelder.

Bundestag weitgehend einig

Und die Opposition von den Grünen hat zwar Verständnis dafür, wenn etwa Schweden jetzt Richtung Anerkennung geht, aber Frithjof Schmidt, ein versiertes Außenpolitiker der Umweltschutzpartei, sagt: "In diesem Prozess kann es durchaus sinnvoll sein, wenn einzelne Staaten deutlich machen, dass sie unzufrieden sind, dass dieser Prozess nicht schnell genug vorangeht. Aber ich persönlich glaube, dass Deutschland aufgrund seiner Geschichte und seines besonderen Verhältnisses zu Israel auch eine besondere Pflicht zur Zurückhaltung hat."

Aufnahme einer Anti-Israel-Demonstration in Berlin (Foto: dpa)
Auch auf deutschen Straßen präsent: Palästinenser schwenken ihre Flagge bei einer Demo in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Gänzlich ohne Vorbehalte unterstützt nur die Linke die Anerkennung eines palästinensischen Staates. Der Abgeordnete Stefan Liebich: "Ich glaube, man ist kein guter Freund Israels, wenn man den Palästinensern das Recht auf einen eigenen Staat verwehrt." Aber die Linke hat im Parlament nur 64 von 631 Sitzen.

Keine einheitliche EU-Linie

Draußen vor dem Reichstagsgebäude ist das Bild anders. Wie jeden Tag stehen die Menschen Schlange, um das Parlamentsgebäude zu besichtigen. Was denken die Bürger, sollte Deutschland Palästina anerkennen? "Ich würde mir wünschen, dass Deutschland das auch machen würde, damit die endlich eine Heimat haben", sagt ein Mann. Und ein anderer fügt hinzu: "Wenn es nach mir geht, habe ich nichts dagegen. Dann ist da vielleicht endlich mal Ruhe." Eine Frau findet eine fast diplomatische Formulierung: "Es sollte innerhalb der EU doch irgendwie zu einer Einheit kommen, dass die meisten Länder sich dann dafür oder dagegen entscheiden."

Ein Palästinenser mit Flagge (Foto: Getty)
Einzig die Linkspartei unterstützt geschlossen die Anerkennung eines palästinensischen StaatesBild: Getty Images

Aber danach sieht es nicht aus. Auch wenn einige EU-Staaten sich jetzt Richtung Anerkennung bewegen, bleibt Deutschland bei seiner Ablehnung.