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Politik

Deutschlands neuer Plan für Afrika

Daniel Pelz Berlin
27. März 2019

Seit Jahren will Deutschland enger mit Afrika zusammenarbeiten. Eine Konzeptflut aus verschiedenen Ministerien war die Folge. Kompetenzwirrwarr, schimpften Kritiker. Nun liegen neue Afrika-Leitlinien auf dem Tisch.

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Abiy Ahmed Ali und Angela Merkel
Äthiopiens Premier Ali zu Gast bei Kanzlerin Merkel (im Oktober): Früher andere SchwerpunkteBild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Afrika war noch eine außenpolitische Randzone, als die Bundesregierung 2014 das bisher gültige Afrikakonzept verabschiedete. Damals setzte das Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel andere Schwerpunkte - zum Beispiel USA, China oder Russland. Das hat sich geändert, zumindest rhetorisch: Afrika war Schwerpunkt der deutschen G20-Präsidentschaft 2017, zweimal kamen afrikanische Staatschefs zu Gipfeltreffen nach Berlin, diverse Strategien für eine stärkere Zusammenarbeit liegen auf dem Tisch.

"Die Leitlinien spiegeln die gewachsene Bedeutung Afrikas und das gestiegene Engagement Deutschlands", sagt Bundesaußenminister Heiko Maas. Ein Jahr haben die Verhandlungen zwischen den Ministerien gedauert. Nun hat das Kabinett den neuen Afrikaplan gebilligt, der das bisherige Durcheinander beenden sein soll. Denn in den vergangenen Jahren entwickelten die Ressorts die deutsche Afrikapolitik nicht mit-, sondern nebeneinander: Das Finanzministerium den "Compact with Africa", das Entwicklungsministerium den "Marshallplan mit Afrika", das Wirtschaftsministerium "Pro!Afrika".

Und das sind nur die wichtigsten Pläne: "In den letzten drei Jahren sind acht Dokumente von verschiedenen  Ministerien vorgelegt worden", sagt der deutsche Afrikanist Robert Kappel. Selbst das Bildungsministerium hat mittlerweile eine eigene Afrika-Strategie. "Was zuletzt fehlte, war ein gemeinsamer konzeptioneller Schirm und eine klare Prioritätensetzung", räumt auch Außenminister Maas ein.

Außenminister Heiko Maas bei einem Besuch in Burkina Faso
Bundesaußenminister Maas in Burkina Faso (im Februar): Gewachsene Rolle AfrikasBild: Getty Images/I. Sanogo

Schafft das neue Papier den Quantensprung? "Wir haben den Bedarf, unsere Politik kohärent zu entwickeln. Eines der Ziele der Leitlinien ist, diese Kohärenz herzustellen", sagt der Afrikabeauftragte des Auswärtigen Amtes, Robert Dölger. Zumindest vordergründig hilft das Papier dabei, indem es das deutsche Engagement in fünf Schwerpunkten bündelt:

  • Friedensförderung
  • Entwicklung
  • Migration
  • Zusammenarbeit mit afrikanischen Partnern
  • Mehr Kooperation mit der Zivilgesellschaft

Den Afrikanisten Kappel begeistert das nicht: "Es ist kein wirklicher Fortschritt erkennbar. Dieses Dokument ist ein wenig darin gefangen, was wir an verschiedenen afrikapolitischen Konzepten schon haben." Die sollen auch weiterhin existieren, die Leitlinien berufen sich auf die existierenden Strategien, statt sie zu ersetzen. 

Afrika als Partner

Es gibt aber auch neue Ansätze: Das aktuelle Dokument macht deutlich, dass die Bundesregierung den Kontinent nicht mehr länger als einen reinen Hilfsempfänger sieht. Die Bedeutung einer Partnerschaft wird immer wieder betont. So verspricht die Bundesregierung, sich bei ihrem Afrika-Engagement an der Agenda 2063 der Afrikanischen Union zu orientieren. Sie ist eine Blaupause für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Afrikas, die von den Regierungen des Kontinents selbst beschlossen wurde.

Zudem verpflichtet sich die Bundesregierung zu einer wesentlich stärkeren Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und den afrikanischen Ländern - etwa beim Klimaschutz, in Handelsfragen und bei der Lösung internationaler Konflikte. Ein Zeichen, dass auch Deutschland den wachsenden Einfluss Afrikas in der Welt erkennt.

Ein deutscher Soldat steht neben einem gepanzerten Fahrzeug in Mali
Bundeswehreinsatz in Mali: Größeres deutsches Engagement in afrikanischen KonfliktregionenBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Zum ersten Mal bekennt sich die Bundesregierung dazu, die deutsche Kolonialvergangenheit in Afrika aufarbeiten zu wollen, ohne allerdings weitere Details zu nenne. "Es ist erfreulich, dass neben der Einsicht, dass Afrika als internationaler Akteur ernst zu nehmen, die Nachhaltigkeitsziele der UN und das koloniale Erbe Teil des Strategiepapiers sind", sagt Uwe Kekeritz, entwicklungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag.

Allerdings seien viele Ankündigungen nicht konkret genug: "Die Bundesregierung zieht nicht die notwendigen Schlüsse aus den Verfehlungen der entwicklungsschädlichen Handelspolitik. Die Mammutaufgabe des Klimaschutzes wird in wenigen Zeilen abgehandelt. Und der Fokus auf Reformpartner birgt die Gefahr, dass die am wenigsten entwickelten Länder unter die Räder geraten."

"Nette Ankündigungen"

Letztlich wird das Papier auch daran gemessen werden, wie viel davon umsetzen wird. Schon nach dem Afrikajahr 2017 sagten Kritiker: Ein Großteil des deutschen Afrika-Engagements bestand aus Ankündigungen. Auch der Milliarden-Fonds, mit dem Investitionen deutscher Firmen in Afrika gefördert werden sollen, ist noch in der Planungsphase. Ein Entwicklungsinvestitionsgesetz mit dem gleichen Ziel blieb gleich in der Schublade.

"Die heute beschlossenen afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung sind nette Ankündigungen, wie es auch schon der Marshallplan oder der "Compact for Africa" waren. Hier wurden falsche Hoffnungen geweckt und die Öffentlichkeit beruhigt. Es müssen nun aber endlich Taten folgen", glaubt der Afrikaexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Hoffmann. 

Selbst wenn Taten folgen - der Afrikanist Kappel warnt vor zu großen Erwartungen: "Wir können mit der deutschen Afrikapolitik nicht unbedingt den Frieden in Afrika sichern, wir können auch nicht Wachstum und Jobs herbeiführen. Hier werden ein bisschen Illusionen geschürt und wenn man nicht realistisch bleibt, dann ist so ein Dokument ziemlich schnell wieder obsolet."