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Führungsrolle in Gefahr

Das Gespräch führte Henrik Böhme, zzt. Posen10. Dezember 2008

Die Europäische Union muss aufpassen, dass sie ihre Führungsrolle beim Klimaschutz nicht verspielt, mahnt der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel im Interview mit DW-WORLD.DE.

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Sigmar Gabriel (Foto: dpa/Oktober 2008)
Sigmar GabrielBild: picture alliance/dpa

DW-WORLD.DE: Es kann nicht immer so spektakulär wie bei der letzten Klimakonferenz in Bali zugehen. Sie haben gesagt, Posen sei eine Zwischenkonferenz. Trotzdem muss man irgendetwas tun, damit der Klimaschutz nicht zum Stillstand kommt. Wie soll das gehen, wenn Posen nur ein Zwischenschritt ist?

Sigmar Gabriel: Die Konferenz hier ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem neuen Klimaschutzvertrag, der 2009 in Kopenhagen beschlossen werden soll. Und wie überall bei solchen Verträgen kommt es darauf an, dass man nicht zu spät beginnt, die Verhandlungsstruktur festzulegen. Es geht um komplizierte Fragen: Wie soll das Ganze finanziert werden? Welche Minderungsbeiträge beim CO2-Ausstoß sollen von wem erbracht werden? All das ist Gegenstand der Gespräche hier. Aber es wird hier nicht zu bahnbrechenden Entscheidungen kommen können. Denn natürlich geht es bei all diese Entscheidungen auch immer um die Frage: Wer hat welche wirtschaftlichen Interessen und wie organisiert man einen Interessenausgleich zwischen Entwicklungsländern, Schwellenländern und Industrienationen? Und das wird sicherlich erst im Laufe des nächsten Jahres zustande kommen.

Sie haben die Entwicklungs- und Schwellenländer angesprochen: Auch die sind hier als starke Verhandlungspartner. Ein so genannter "Adaptation Fond", mit dem die reichen Länder den armen Ländern helfen wollen, die Folgen des Klimawandels meistern zu können, galt ein Jahr zuvor eigentlich als beschlossene Sache. Jetzt wird die Baustelle Anpassungsfond wieder aufgemacht. Warum?

Weil die Entwicklungsländer verlangen, dass wir bereits jetzt die gemachten Finanzierungszusagen erhöhen. Und da sagen die Industrienationen nicht ganz zu Unrecht: Wir sind bereit, das zu machen. Wir wissen auch, dass wir das machen müssen. Aber in welcher Größenordnung, das machen wir davon abhängig, wie die Entwicklungs- und Schwellenländer auch bereit sind, sich im Klimaschutz mehr zu engagieren. Und da sie das erst im Dezember 2009 bekanntgeben werden, sagen wir als Industrienation: Dann müsst ihr verstehen, dass wir die konkreten Finanzzusagen auch erst dann machen können. Was aber nicht heißt, dass wir solche Fragen angehen wie: Wer hat eigentlich auf welchem Weg Zugang zum Anpassungsfond und wer ist berechtigt, Geld zu bekommen? Das alles kann man hier schon entscheiden.

Große Schwellenländer haben eigene, freiwillige Initiativen vorgelegt - wie Brasilien, Mexiko und Südafrika. Setzt das die EU nicht zusätzlich unter Druck, hier auch mit einer klaren Position aufzutreten?

Ich finde es zuerst gut, dass diese Länder das machen. Insbesondere die Südafrikaner, die Mexikaner und die Brasilianer sind ja sehr progressiv in diesen Fragen. Und die Europäische Union muss aufpassen, dass sie aus ihrer Führungsrolle beim Klimaschutz nicht in eine Situation gedrängt wird, in der man nicht mehr den Eindruck hat, dass sie es ernst meint. Die Amerikaner sind mit dem neuen Präsidenten auf einem viel besseren Weg. Und in dieser Woche entscheidet die Europäische Union auch darüber, wie ernst sie im internationalen Klimaprozess noch genommen wird. Deswegen ist es wichtig, dass in Brüssel nicht nur die Ziele bestätigt werden. Sondern vor allen Dingen auch, dass die Instrumente, die man dort verabschiedet, wirklich glaubwürdig das Erreichen dieser Ziele ermöglichen.