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Die Autoren

12. März 2010

Sie sind der Motor des Literaturbetriebs. Ohne ihre Texte würde die Buchbranche in sich zusammenfallen – doch weiß der Literaturbetrieb das zu schätzen? Eine Antwort von Katharina Hacker, Deutsche Buchpreisträgerin 2006.

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Die Autorin Katharina Hacker (Foto: Fischer Verlag)
Bild: Fischerverlag

Katharina Hacker sitzt an einem langen Esszimmertisch in ihrer Wohnung, ein Altbau, hell, freundlich und ziemlich großzügig. An der Wand hinter der Spüle hängen Zeichnungen ihrer Kinder. Katharina Hacker ist 43 Jahr alt, Mutter zweier Kinder und seit vielen Jahren erfolgreiche Schriftstellerin. Sieben Bücher hat sie bislang veröffentlicht. "Ich gehöre zu den Leuten, die als Kind schon immer schreiben wollten und geschrieben haben, und als sich abzeichnete, dass meiner akademischen Laufbahn eine nicht fertig geschriebene Doktorarbeit im Wege steht, habe ich angefangen Prosa zu schreiben."

Ein Mann arbeitet an einem Laptop (Foto: AP)
Starren, tippen, starren, tippen...Bild: AP

Gedichte, Prosa, Romane – sie sind der Motor des Literaturbetriebs, sie bringen ihn erst zum Laufen. Autoren schaffen Kunstwerke mit Worten, ihr Werkzeug ist die Sprache, die Arbeit mit ihr mühsam. "Ich hatte ganz lange, sieben Jahre, so einen Neun Zoll Computer, und bekam immer gesagt, da kannst du doch nicht den ganzen Tag darauf gucken", sagt Autorin Hacker. "Aber der Punkt ist ja beim Schreiben, dass einem ja die meiste Zeit gar nichts einfällt. Ich sitze zwar am Computer, aber gucke mehr oder weniger verzweifelt irgendwo anders hin. Und wenn ich dann etwas schreibe, tippe ich eh blind."

Die Einsamkeit des Autors

Den Großteil ihrer Arbeitszeit verbringt sie alleine mit sich und dem Text oder mit Gedanken über den Text. In ihren Büchern geht es häufig um Mittelstands-Mittdreißiger. Ihre Romanfiguren kämpfen dabei um ein sorgloses und oder sinnhaftes Leben. Hacker wird nachgesagt, damit den Nerv einer ganzen Generation punktgenau zu treffen. Vielleicht gewann sie auch deshalb mit ihrem Roman "Die Habenichtse" 2006 den Deutschen Buchpreis.

Ein Buchhändler stapelt Bücher (Foto: AP)
Bevor sich Frau Hackers Bücher mal stapeln, muss sie eine Menge leistenBild: AP

Auch wenn viele ihrer Texte aus sich selbst heraus entstehen, ab einem gewissen Zeitpunkt sucht Katharina Hacker auch Hilfe beim Verfassen ihrer Romane: "Ich gebe die Texte irgendwann raus und scheue mich auch nicht vor der manchmal irritierenden Reaktion." Im Laufe der Jahre habe sie gelernt auch mit manchmal grundsätzlicher Kritik zu leben – und zu arbeiten. Es gebe eben manchmal Manuskripte, die auch Leute, deren Urteil sie sehr schätze, absurd, zu kompliziert oder misslungen finden. Die sie trotzdem fertig schreibe.

Begib dich auf Start – und fang noch mal von vorne an

Eine dieser Fassungen landet schließlich bei einer zuständigen Lektorin des Verlags. Das Manuskript, an dem Katharina Hacker monatelang gesessen hat, kommt dann mit unzähligen Anmerkungen zurück. Die Arbeit beginnt jetzt eigentlich noch einmal von vorne. Die Autorin schreibt jeden Satz um. Es passiere normalerweise sehr selten, dass ein Satz ganz unberührt bleibe, sagt sie. "Es sind oft Winzigkeiten, ein anderer Leser würde das überhaupt nicht merken."

Eine akribische Arbeit – die allerdings nicht ausreichend bezahlt ist. Für ein regelmäßiges Einkommen sind normale Autoren auch auf Literaturveranstaltungen angewiesen. "Lesungen spielen eigentlich die kontinuierlichste Rolle für uns Autoren", erzählt Hacker. "Das, was ich an den Büchern verdiene, überhaupt nicht. Bis zum Buchpreis waren das derart minimale Summen, dass ich nicht damit rechnen konnte, mehr als einen Monat davon leben zu können."

Magerkost vom Buch allein

Lesungen sind bei deutschen Lesern immerhin sehr beliebt und finanzieren so die Autoren tatsächlich zum größten Teil. Gerade nach einer Neuveröffentlichung gehen Autoren wochenlang auf Tour, lesen quer durch Deutschland aus ihren Romanen vor. Ein guter Text reicht deshalb heute schon lange nicht mehr aus. Ein Autor muss sich vermarkten können, mediengewandt sein und sich nicht scheuen, aus seinen Romanen vorzulesen. Voraussetzung ist natürlich eine gewisse Bekanntheit. Ansonsten können Stipendien aushelfen. Katharina Hacker hat sich anfangs dank eines Erbes ohne Stipendien über Wasser halten können.

Mit Baby im Arm zeigt sich die Autorin Katharina Hacker bei einem Fototermin vor der Verleihung des Deutschen Buchpreises 2006 (Foto: dpa)
Buchpreis 2006 mit Baby im ArmBild: picture-alliance / dpa

Dann kamen der Buchpreis und ein Preisgeld von 25.000 Euro. "Ich habe wirklich sehr lange so gelebt, dass ich gekämpft habe mit der Miete und ich habe das als extrem belastend gefunden. Gerade die Miete. Mit allem anderen kann man ja umgehen, aber wenn man die Miete nicht mehr bezahlen kann, wird es wirklich problematisch." Das Preisgeld habe ihr plötzlich das Gefühl gegeben keine Angst mehr haben zu müssen. Das sei ein großes Geschenk gewesen.

Ab ins Ausland dank des Deutschen Buchpreises

Durch den Deutschen Buchpreis ist Katharina Hacker dann auch weltweit bekannt geworden. Ausländische Verlage haben bislang insgesamt 16 Übersetzungen in Auftrag gegeben. "Das europäische Ausland hat für mich eine große Bedeutung, weil es der Raum ist, in dem ich am intensivsten lebe. Ansonsten reise ich persönlich gerne nach Südosteuropa. Leider war ich schon lange nicht mehr da, aber manchmal sind Übersetzungen die Möglichkeiten, dahin zu fahren." Der Deutsche Buchpreis und damit die mediale Öffentlichkeit haben Katharina Hacker sehr geholfen, im Ausland überhaupt bekannt zu werden. Sie freut sich über jede zusätzliche Übersetzung – und natürlich auch über die anschließende Lesereise.

Autorin: Nadine Wojcik

Redaktion: Gabriela Schaaf/Marlis Schaum