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Berlinale-Foto-Ausstellung blickt auf Abseitiges

Jochen Kürten
28. September 2018

Mehr als Roter Teppich und Goldener Bär: Die Berliner Filmfestspiele präsentieren sich in der Fotoausstellung "Zwischen den Filmen - Eine Fotogeschichte der Berlinale" auch als Spiegel historischer Veränderungen.

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Deutschland | Ausstellung Zwischen den Filmen – Eine Fotogeschichte der Berlinale
Bild: Berlinale/A. Ghandtschi

Berlin kann sehr grau sein, auch im Sommer. Diesen Eindruck zumindest bekommt man in der Ausstellung "Zwischen den Filmen - Eine Fotogeschichte der Berlinale" in der Deutschen Kinemathek. Das liegt zum einen an den vielen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die die Kinemathek präsentiert, aber auch an den Motiven.

Schließlich fand die Berlinale früher im Sommer statt, doch die geteilte Stadt mit Mauer, Stacheldraht und Todesstreifen war immer auch gut für düstere Schwarz-Weiß-Malerei. James Stewart präsentiert sich schlotternd am Ernst-Reuter-Platz. Claudia Cardinale posiert vor der Mauer im Herzen Berlins. Die ist vier Jahre nach ihrem Fall kaum noch präsent, als der große Billy Wilder zu Besuch kommt, doch auch hier ist die Szenerie kalt und wenig einladend.

Fotos abseits von Glamour und Rotem Teppich

Tief in den Archiven haben die Macher der Foto-Schau gegraben und dabei Erstaunliches zu Tage gefördert. Es sind nicht die Roter-Teppich-Fotos, die Stars vor dem Berlinale-Palast und die glanzvolle Oberfläche der siebenten Kunst, die die Ausstellung prägen. Es wird vieles an Nebenschauplätzen, abseits des großen Rummels, dokumentiert: "Der besondere Reiz dieser Sammlung liegt am Rande der eigentlichen Motive, wenn beiläufig eingefangene Momente Mode, Zeitgeist, Alltags- und Repräsentationskultur oder das Konsumverhalten widerspiegeln", sagen die Veranstalter.

Deutschland | Ausstellung Zwischen den Filmen – Eine Fotogeschichte der Berlinale
Charmant: Jane Fonda wird 1966 am Flughafen abgeholtBild: Deutsche Kinemathek/M. Mach

Dies ist sicherlich auch als Lob und Anerkennung für die Fotografinnen und Fotografen, die verantwortlich sind für die Schau, zu verstehen. Zwar wird die Ausstellung von den offiziellen Berlinale-Presse-Fotografen bestückt, doch die hatten natürlich einen besonderen Ehrgeiz - sie wollten nicht immer nur die gleichen Bilder von Stars vor winkendem Publikum, von Pressekonferenzen oder offiziellen Premierenterminen schießen.

Die Mauer als Zeichen einer zerrissenen Welt

Die Kunst bestand darin, den bestimmten, einzigartigen Moment festzuhalten, beim Besuch der Stars in der Stadt, am Rande der Szenerie, die kleinen Szenen, die oft vielmehr sagen als der offizielle Auftritt, die pompöse Gala. Und das konnte man in Berlin natürlich prima. Die Symbolik stach ins Auge. Eine Mauer, die eine ganze Stadt zerschneidet. Das dichte Nebeneinander von Glamour und Tristesse. Das Aufeinandertreffen von Stars und und ganz normalem Publikum. Und auch das Wetter ist ja wirklich nicht so gut wie bei der Konkurrenz...

Bei der Berlinale trifft man auf Regen, Schnee und grauen Himmel

Eine Fotogeschichte der Festivals von Venedig oder Cannes würde vermutlich ganz anders ausfallen. An der Côte d'Azur müsste man das Abseitige, das Dunkle, vermutlich viel länger suchen. Und in der Lagunenstadt und am Lido ist irgendwie alles schön und spektakulär. Berlin hingegen, vor allem in den Jahren bis 1989, bot immer viel Tristesse und abstoßende Kälte. Das bot sich natürlich an für die findigen Augen der Fotokünstler.

Deutschland | Ausstellung Zwischen den Filmen – Eine Fotogeschichte der Berlinale
Sidney Poitier gibt 1964 AutogrammeBild: Deutsche Kinemathek/H. Köster

Was passierte also "zwischen den Filmen"? "Fans, Stars, Politik, Partys, Mode, Paare, Kinos, Bären, Presse, Stadt" sind die Schwerpunkte der Berliner Ausstellung betitelt und zu allem findet sich etwas. Die Autogrammjäger auf der Suche nach dem besten Plätzchen, die großen Stars aus Hollywood, die ins eisige Berlin reisen und dort freundlich empfangen werden. Die Politik ließ sich kaum ausblenden, wie sollte das auch gehen? In einer Stadt, die für viele Jahre das Symbol einer gespaltenen Welt war, an der Nahtstelle des Kalten Kriegs.

Das Festival als Spiegel der Gesellschaft

Und so erschließt sich dem Besucher der Ausstellung "Zwischen den Filmen - Eine Fotogeschichte der Berlinale" zweierlei: Die Berlinale war und ist eines der größten Kulturereignisse der Republik, sie ist aber auch - bis heute - Spiegelbild politischer und gesellschaftlicher Umwälzungen im Herzen Deutschlands.

Die Aufnahmen der Berlinale-Fotografen Erika Rabau, Gerhard Kassner, Heinz Köster, Mario Mach, Fumiko Matsuyana und Christian Schulz in der Ausstellung "Zwischen den Filmen - Eine Fotogeschichte der Berlinale" sind vom 28. September bis zum 5. Mai in der Deutschen Kinemathek/Museum für Film und Fernsehen zu sehen.

Beim Kettler Verlag ist dazu ein Buch mit dem Titel der Ausstellung erschienen, hrsg. von der Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen, Dr. Daniela Sannwald und Georg Simbeni, 120 Seiten, ISBN 978-3-86206-720-6.