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Die Berlusconisierung Italiens

Kirstin Hausen 29. August 2008

Die Villa in Arcore bei Mailand war günstig, damals als Silvio Berlusconi sie erwarb. Aber jetzt ist sie ihm zu klein. Korrespondentin Kirstin Hausen schreibt aus Mailand über die Wohneskapaden des Berlusconi – Clans.

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Villa Romana (15.09.2007 )
Auf 3000 Quadratmetern wird es schnell mal eng

"Sicher, auf 3000 Quadratmetern wird es schnell mal eng, aber dass die Stadtverwaltung von Arcore den Bau eines zweites Wohnhauses, einer Pinakothek sowie eines Gebäudes für eine Kulturstiftung im Eilverfahren genehmigte, das war doch ein bisschen übertrieben. Bisher habe ich noch niemandem vom Berlusconi – Clan im Garten campieren gesehen auf dem weitläufigen Grundstück.

Macht macht alles möglich

Wahlsieger Berlusconi berät mit Bündnisspitze Kabinett Lega Nord Chef Bossi (16.04.2008/dpa)
Auch Berlusconi knüpft gerne BeziehungenBild: picture-alliance/ dpa

Nur 24 Stunden musste der Ministerpräsident auf den Wisch Papier warten, um den sich normalsterbliche Italiener monatelang bemühen müssen. Aber so läuft das eben in Italien. Macht macht alles möglich und was ist Macht? Geld und Beziehungen. Umgekehrt heißt das: ohne Beziehungen läuft gar nichts mehr, lassen dich die politischen und administrativen Entscheidungsträger am langen Arm verhungern. Die Italiener haben sich darauf eingestellt. Und Beziehungsnetze geknüpft was das Zeug hält.

Neulich fragte mich eine Bekannte mit Schwäche für schnelle Autos, ob ich bei der Mailänder Bußgeldbehörde jemanden kenne, der ein paar Strafzettel verschwinden lassen könnte. Dafür würde sie mir einen Zahnarzt nennen, der mich ohne lange Wartezeiten von meinen Amalgamplomben befreit, dem habe sie nämlich kürzlich über eine Freundin an der Immobilienagentur vorbei eine neue Wohnung vermittelt. Ich habe weder einen Bekannten in der Bußgeldbehörde noch Amalgamplomben.

Strafzettel für Verflossene

Ein Strafzettel des Ordnungsamts Berlin Mitte steckt unter dem Scheibenwischer eines PKW's (04.02.2005/dpa)
Ein paar Strafzettel können einfach verschwindenBild: picture-alliance/ dpa

Ich habe seit einer Woche eine kaputte Dusche und wollte eigentlich in den Gelben Seiten nach einem Klempner suchen. Aber meine Bekannte kennt jemanden, den wird sie vorbeischicken. Das mit den Gelben Seiten findet sie urkomisch. Einfach im Telefonbuch nachschlagen und jemanden kommen lassen? Zum Brüllen. Wäre ihr im Traum nicht eingefallen. Ist schließlich eine verpasste Chance, das Beziehungsnetz zu pflegen.

Ich mache die Probe aufs Exempel, rufe einen verflossenen Liebhaber an und frage geradeheraus, ob er jemanden kennt, der Strafzettel verschwinden lassen kann. Wir haben uns seit vier Jahren nicht mehr gehört, aber die Frage überrascht ihn keineswegs. Er kennt jemanden: seine Frau Elena, seinerzeit meine Nachbarin aus dem Ersten Stock. Was man nebenbei noch so alles erfährt, wenn man auf der Suche nach jemandem ist, der jemanden kennt….Mit herzlichen Grüßen, Ihre Kirstin Hausen."

Die Fokus-Europa-Korrespondenten berichten jeden Freitag in der Rubrik "Mail aus…" über kuriose, lustige oder ärgerliche Erfahrungen, die sie in ihren Gastländern erleben. An diesem Freitag kommt die Mail von Kirstin Hausen aus Mailand.