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Neuauflage eines Prozesses in der Türkei

18. Oktober 2015

Mehr als zehn Jahre nach dem Mord an der Deutsch-Türkin Hatun Sürücü wird in Istanbul gegen zwei ihrer Brüder verhandelt. Doch die türkische Justiz will das Verfahren offenkundig nicht an die große Glocke hängen.

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Gedenken für Hatun Sürücü in Berlin (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Prozess hat bereits am 6. Oktober begonnen, wie die Sprecherin von Berlins Justizsenator Thomas Heilmann auf dpa-Anfrage sagte. Sie berief sich auf Botschaftsangaben und bestätigte entsprechende Informationen der "Bild am Sonntag", wonach das 10. Schwurgericht in Istanbul die Gerichtsverhandlung eröffnet habe. Wie der Termin ausgegangen ist, konnte die Sprecherin allerdings nicht sagen.

Die 23-jährige Hatun Sürücü war im Februar 2005 in Berlin auf offener Straße mit drei Kopfschüssen getötet worden - mutmaßlich von Familienangehörigen, die den westlichen Lebensstil der jungen Frau missbilligten. Wegen des Mordes verurteilte das Berliner Landgericht im April 2006 nur den jüngeren Bruder Ayhan zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten. Die beiden mutmaßlichen Mittäter Mutlu und Alpaslan Sürücü sprachen die Richter aus Mangel an Beweisen frei. Als der Bundesgerichtshof im August 2007 die Freisprüche aufhob, hatten sich die Brüder bereits in die Türkei abgesetzt.

Gedenkstein für Hatun Sürücü (Foto: dpa)
Gedenkstein für Hatun Sürücü in der Oberlandstraße in BerlinBild: picture alliance/dpa

"Einer Strafe nicht durch Flucht entziehen"

Die Türkei liefert ihre Staatsbürger nicht aus, leitete jedoch 2013 ein eigenes Strafverfahren gegen die beiden Männer ein. Im vergangenen Sommer hatte das türkische Justizministerium bekanntgegeben, "dass gegen die Betroffenen wegen (. . .) der Begehung eines Mordes zum Nachteil eines Familienangehörigen am 10. März vor dem 10. Schwurgericht in Istanbul Anklage durch die Generalstaatsanwaltschaft Istanbul erhoben wurde." Wann der Prozess beginnen sollte, blieb seitdem unklar.

Zuletzt lebten Mutlu und Alpaslan Sürücü in Istanbul gemeinsam mit ihrem Bruder Ayhan. Nachdem dieser fast seine gesamte Haftstrafe in Berlin absitzen musste, wurde er am Tag seiner Entlassung in die Türkei abgeschoben.

Der Berliner Justizsenator Heilmann hatte sich dafür eingesetzt, dass die türkischen Behörden alle Unterlagen für eine Anklage in die Hand bekommen. "Unser kontinuierliches Erinnern hat sich gelohnt. Einer Strafe für Mord darf man sich nicht durch Flucht entziehen können", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag".

rb/sc (afp, dpa)