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Garagensound aus der Schweiz

18. Juli 2012

Die Schweiz mag beim Export cooler Indie-Musik hinter den Nachbarn Deutschland und Österreich zurückstehen, aber wenn sie zuschlagen, dann richtig: Das Mädel-Trio Velvet Two Stripes macht international Furore.

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Velvet Two Stripes (Rechtinhaber: Snowhite)
Bild: Snowhite

Hype Indie Bands gibt es in deutschen Landen wie Sand am Meer, und selbst in Österreich lancieren sie regelmäßig einen neuen Hit. Die Schweiz allerdings schien dieses Genre bisher kaum auf dem Radar zu haben. Die Alpenrepublik hält sich in puncto Musikexport eher bedeckt, aber wenn sie mit einem Song um die Ecke kommt, hat sich das Warten meist gelohnt. Im letzten Jahr war das Popgirl-Duo BOY mit der Züricher Sängerin Valeska Steiner der Liebling der Musikpresse. Die verspielten und erfrischenden Lieder der beiden riefen sogar das musikalische Schwergewicht Herbert Grönemeyer auf den Plan, der sie bei seinem Label Grönland unter Vertrag nahm.

Seitdem hat sich die Schweiz wieder ins musikalische Schattenreich zurückgezogen. Zumindest bis jetzt: Denn das Mädel-Trio Velvet Two Stripes mischt die beschauliche Alpenrepublik mit kraftvollen rauen Klängen auf. Die schrillen Gitarrenriffs und der primitive Garagensound klingen so gar nicht nach drei weiblichen Teenagern aus St. Gallen. Und doch verbergen sich dahinter die Schwestern Sophie and Sara Diggelmann (Gesang und Gitarre) und Franca Mock am Keyboard.

Ende Juni haben sie ihre Debüt EP "Supernatural" rausgebracht, und im Berliner Club White Trash spielten sie kürzlich schon vor ausverkauftem Haus. Die DW sprach mit Frontsängerin Sophie Diggelmann.

DW: Letztens stand in der Zeitung, dass Ihr drei darüber diskutiert hat, wer der Beste ist: B.B. King, Janis Joplin oder die Ramones. Seid ihr zu einem Ergebnis gekommen?

Sophie Diggelmann: Nein, wir konnten uns auf keinen Sieger einigen. Ich mag am liebsten die Ramones, Sara schwärmt für B.B. King und Franca liebt Janis Joplin. Wie soll man da eine Lösung finden? Aber wir haben entschieden, dass alle drei etwas haben, das zu uns passt.

Auf Eurer EP "Supernatural" gibt es die unterschiedlichsten Stilmixe. Geht Ihr an eine EP anders ran als an ein Album?

Eigentlich nicht. Ich glaube, wir haben so viele verschiedene Stile eingebracht, weil wir noch auf der Suche nach unserem ureigenen Ding sind. Immerhin sind wir noch eine sehr junge Band. Wir haben erst vor einem halben Jahr angefangen, und es braucht eben Zeit, seinen eigenen Sound zu finden.

Einem Album liegt normalerweise ein Konzept zugrunde, und es soll als eine Einheit verstanden werden. Vielleicht kann man bei einer EP mehr experimentieren und Ihr nutzt sie sie als Werbemedium, um zu zeigen, was Ihr alles drauf habt?

Eigentlich haben wir nur die Lieder drauf gepackt, die wir und andere Leute am besten finden. Ich weiß aber noch nicht, wie wir das auf einem Album handhaben werden. Vielleicht spielen wir da einfach all unsere Songs ein. Kommt darauf an, wie viele wir bis dahin zusammen haben.

Warum hört man so selten Musik aus der Schweiz?

Keine Ahnung. Es gibt einige gute Indie Bands in der Schweiz, zum Beispiel All Ship Shape and Monoski. Sie haben das Potential, auch außerhalb der Schweiz bekannt zu werden. Aber natürlich gehört da auch ein Quäntchen Glück dazu, und ich finde, sie bekommen noch nicht die Unterstützung, die sie verdient hätten. Wenn man bei uns in der Schweiz bei einem Label unterschreibt, dann promoten sie es auch nur dort, weil sie keine Kontakte ins Ausland haben. Es wird noch ein paar Jahre dauern, aber die Schweiz wird schon noch zeigen, dass sie gute Musik hervorbringt.

St. Gallen (Foto: . EPA/ENNIO LEANZA +++(c) dpa - Bildfunk)
Sankt Gallen: Heimstadt der Velvet Two StripesBild: picture-alliance/dpa

Wie ist die Infrastruktur für Eure Musik? Gibt es eigene Indie Labels und Indie Radiostationen?

Ja, aber es sind sehr wenige. Und es gibt auch nicht viele Leute, die diese Musik kennen, weil die meisten eben doch lieber Mainstream Pop hören.

Ist es für einen Schweizer Musiker derzeit denn klug, in der Schweiz zu bleiben?

Ich glaube, wir ziehen demnächst nach Berlin um (lacht). Es kommt wirklich darauf an, welche Art von Indie Musik man macht. Wenn man sich auf fröhliche Indie Pop-Songs beschränkt, kann man in der Schweiz durchaus erfolgreich werden, denn die kommen im Moment sehr gut an. Aber sobald man von der Norm abweicht, sind die Schweizer meiner Meinung nach noch nicht so weit. Sie verstehen die Musik einfach nicht.

Wir schreiben das Jahr 2012. Glaubst Du, dass Musik immer noch sexistisch ist? Glaubst Du, dass die Leute euch anschauen und denken: "Oh, das sind ja Mädels, die da Garagensound machen! Das muss ich mir anschauen, ist bestimmt interessant"?

Ich glaube nicht. Mädchenbands sollten sich nicht auf ihr Aussehen verlassen. Es gibt zwar so einige, die auf der Bühne nur sexy aussehen wollen und damit kaschieren, dass sie sonst nichts drauf haben. Aber um interessant zu sein, muss man gute Musik machen. Vielleicht reicht manchmal ein hübsches Gesicht, aber manchmal eben doch nicht!

Ich habe mit zahlreichen Jungen gesprochen, die zugegeben haben, nur in einer Band zu spielen, um Sex mit den Groupies zu haben. Ist das auch in einer Mädchenband so? Schaut Ihr euch die Menge genau an, um einen Jungen fürs Bett zu finden?

Nicht wirklich. Wenn wir auf der Bühne stehen, machen wir Musik. Und eigentlich haben wir auch gar keine Groupies. Ich glaube, die Jungens sind oft zu schüchtern und haben Angst, sich uns zu nähern.

Wünscht Ihr euch denn, dass sie es tun?

Das kommt darauf an, ob sie gut aussehen.

Das Gespräch führte: Gavin Blackburn/ Adaption: Suzanne Cords
Redaktion: Greg Wiser