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Uwe Seeler: Hoffe, dass die Bundesliga bleibt

Tobias Oelmaier28. Juli 2012

Am 28.07.1962 beschloss der DFB-Bundestag die Einführung der Fußball-Bundesliga. Uwe Seeler war damals der erste Torschützenkönig und erinnert sich im DW-Interview an 50 Jahre Bundesliga.

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1. Fußball-Bundesliga am 19.10.1963 in Hamburg, Hamburger SV - TSV München 1860 5:0. Drei Tore steuerte Nationalstürmer Uwe Seeler beim 5:0 des Hamburger SV gegen 1860 München bei.
Bild: picture-alliance/dpa

Er hat die gesamte Bundesliga-Geschichte miterlebt: Uwe Seeler ist Ehrenspielführer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. In 72 Länderspielen schoss der heute 75-Jährige insgesamt 43 Tore. In der Bundesliga war er ausschließlich für den Hamburger SV aktiv. Gleich in der Gründungssaison wurde er Torschützenkönig mit 30 Treffern. Von 1995 bis 1998 war er Präsident beim HSV. Seeler lebt in Norderstedt bei Hamburg.

Deutsche Welle: Herr Seeler, was dachten Sie als junger Spieler, als am 28.07.1962 die Meldung kam, ab der Saison 1963/64 solle eine Fußball-Bundesliga eingeführt werden?

Uwe Seeler: Wir haben das alle befürwortet. Es war an der Zeit, dass auch in Deutschland der Profi-Fußball eingeführt wird, denn wir hatten international immer Probleme, gegen Clubs aus England, Italien oder Spanien zu spielen. Die hatten alle bessere Bedingungen und die haben wir uns auch gewünscht.

Zuvor hatten Sie als Amateure in Regionalligen gespielt. Was hat die Bundesliga für unmittelbare Veränderungen für Sie als Spieler mit sich gebracht?

Für viele hat sie große Veränderungen gebracht, so auch in unserer Mannschaft, der damaligen Meistermannschaft. Alle waren berufstätig, und manche konnten das Profitum mit ihren Berufen nicht vereinbaren. Die Studienräte zum Beispiel. Jürgen Werner konnte es nicht miteinander vereinbaren und hat deshalb auf den Profifußball verzichtet. So gab es bei uns schon einige Veränderungen.

Bild von Uwe Seeler heute (Bild: dpa)
Uwe Seeler heuteBild: picture-alliance/dpa

Sie haben damals 1250 DM (650 Euro) brutto im Monat verdient. Danach wurde es ein bisschen mehr. Wenn Sie heute hören, dass Spitzenspieler acht, neun, vielleicht sogar zehn Millionen Euro pro Jahr verdienen, würden Sie dann gerne tauschen?

Nein. Erstens kann man das gar nicht. Und es ist halt mal heute so. Ich habe ja auch immer meinen Beruf ausgeübt und damit mein Geld verdient. Vom Profifußball allein hätten meine Familie und ich nicht leben können, denn für 1250 oder 1500 DM brutto kriege ich hier in Hamburg nicht mal eine Wohnung. Ich habe die ganze Zeit meine Vertretung gemacht und damit mein Geld verdient und unterwegs trainiert und habe das ganz gut über die Runden gebracht.

Sie hätten aber den Verlockungen des Geldes durchaus erliegen können. Sie hatten ja Angebote aus dem Ausland, hätten wechseln können, sind aber immer beim HSV geblieben. Warum eigentlich?

Das kann ich eigentlich gar nicht genau sagen. Erstens hatte ich mit der Adidas-Vertretung eine berufliche Existenz, die mir sehr wichtig war. Und aus dem Bauch heraus habe ich dann entschieden, Beruf und Sport zu wählen. Ich hätte es mir natürlich auch einfacher machen können, das große Geld aus Italien nehmen und nur Fußball spielen können. Ich glaube, wichtig ist: wenn man heute noch genau so glücklich ist wie früher, als man die Entscheidung getroffen hat, und damit auch zufrieden ist – und ich bin sehr zufrieden.

Sie waren zeitlebens beim Hamburger Sportverein. Wenn Sie heute von Spielern hören oder lesen, die in ihrer Karriere sechs, acht oder gar zehn Vereine bespielen, was denken Sie über diese Spieler?

Ich weiß, dass es heute eine andere Zeit ist. Das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich könnte mir das überhaupt nicht vorstellen, aber im Berufsfußball ist es vielleicht so. Es gibt vielleicht auch viele Wandervögel, die vielleicht nur das Geld sehen. Da bin ich natürlich anders gepolt, weil ich auch aus einer anderen Zeit komme. Ich habe immer gesagt: Geld ist nicht alles!

Der Mittelstürmer des Hamburger SV, Uwe Seeler (l), nimmt am 05.09.1964 im Hamburger Volksparkstadion vor dem Fußball-Bundesligaspiel gegen Hannover 96 (3:0) den "Goldenen Ball", die Trophäe für den "Fußballer des Jahres 1964" entgegen. Überreicht wird die Auszeichnung von Dr. Becker, dem Vertreter einer Fußball-Sportzeitung.
Torschützenkönig und Fußballer des Jahres: Die Gründungssaison hätte für Seeler kaum besser verlaufen könnenBild: picture-alliance/dpa

Was waren für Sie die Höhepunkte in jetzt 49 Jahren Fußball-Bundesliga?

Die Entwicklung der Bundesliga ist enorm, auch die vielen neuen Erscheinungen – wenn man mal die ganzen Spielertransfers ausklammert. Nicht alle sind damit restlos glücklich, was da alles möglich ist, vor allem beim Wechsel in der Winterpause. Hier kann man vielleicht noch das ein oder andere verbessern. Ansonsten ist die Entwicklung der Fußball-Bundesliga enorm mit den Stadien, die zur WM 2006 in ganz Deutschland entstanden sind. Solche wunderbaren und sensationellen Stadien gibt es sonst auf der ganzen Welt nicht. Da macht Fußball auch Spaß von der Stimmung her. Und für die Vereine ist das wichtig, das auch wirtschaftlich zu nutzen. Das gehört heute zum Fußball. Sie wissen, dass in der ersten und in der zweiten Liga viele Vereine Geldnot haben.

Welche Geschehnisse in der Geschichte der Fußball-Bundesliga würden sie am liebsten vergessen, ausklammern?

Ausklammern würde ich am liebsten die ganzen Krawallemacher in den Stadien, da es sich hier um Sport handeln und auch Sport bleiben soll. Ich hoffe, dass man die schnell lahm legt, denn das hat im Stadion überhaupt nichts zu suchen.

50 Jahre Fußball-Bundesliga – blicken wir 50 Jahre voraus. Wir werden das wohl nicht mehr erleben. Wird es die Fußball-Bundesliga in dieser Form dann noch geben?

Ich hoffe es. Ich glaube, es gibt auch wieder neue Entwicklungen. Vielleicht gibt es irgendwann mal eine Europaliga. Ob das allerdings wünschenswert ist, kann ich noch gar nicht sagen. Ehrlicherweise mache ich mir da überhaupt keine Gedanken. Aber die Entwicklung geht vorwärts und wird immer vorwärts gehen. Und ich hoffe, dass die Bundesliga, die so wirklich interessant ist, bleibt – auch in den nächsten 20 Jahren.

Die Fragen stellte Tobias Oelmaier