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Die entzauberte Supermacht

22. September 2011

US-Präsident Obama ist wohl der mächtigste Politiker der Welt. Doch seine diesjährige Rede bei der UN-Generaldebatte verdeutlicht den Verlust des internationalen Einflusses der USA, meint Christina Bergmann.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Barack Obama ist ein optimistischer Mensch. Und so hat er in seiner Rede vor den Vereinten Nationen das Bild einer Welt gezeichnet, in der "kriegerische Aktivitäten abebben". Es stimmt, dass der arabische Frühling demokratische Ideen in Länder gebracht hat, in denen dies noch vor wenigen Monaten niemand für möglich gehalten hatte. Es stimmt aber auch, dass dies ohne das Zutun der USA geschah. Im Gegenteil.

Viel zu lange hat der US-Präsident gezögert, sich hinter die Demonstranten in Syrien und Ägypten zu stellen. Was für ein Unterschied ist das diesjährige Schweigen während Obamas Rede bei der UN-Generaldebatte zu dem tosenden Empfang, mit dem US-Präsident noch vor zwei Jahren von der Vollversammlung empfangen wurde.

Nahost-Konflikt als zentrale Frage

Christina Bergmann (Foto: DW)
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Christina Bergmann

Denn es ist der Nahost-Konflikt, mit dem alles steht und fällt. Im letzten Jahr hatte Obama die Frage eines Nahost-Friedens und der Anerkennung des Palästinenserstaates zu einem zentralen Punkt in seiner Rede gemacht. Damals gab er sich optimistisch, dass die Palästinenser schon jetzt in die UN-Familie aufgenommen werden können. Davon jedoch ist man nicht nur weiter entfernt denn je. Hinter den Kulissen findet derzeit eine hektische Diplomatie statt. Es soll vermieden werden, dass die Palästinenser genau diesen Antrag auf Anerkennung ihres Staates und Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen stellen.

Einen solchen Schritt, das hat Obama in seiner Rede bekräftigt, würden die USA im Sicherheitsrat mit ihrem Vetorecht blockieren. Für die Amerikaner gilt: Ohne Friedensprozess kein Palästinenserstaat. Der Friedensprozess aber liegt seit Monaten wieder auf Eis. Daran ist Barack Obama zwar nicht allein schuldig. Er hat aber einige Fehler gemacht: Gegen den Rat von Experten verlangte er von den Israelis einen Siedlungsstopp - und musste schließlich nachgeben. Bei den Palästinensern wiederum weckte er die Erwartung auf eine zügige Anerkennung als Staat – und muss auch hier einen Rückzieher machen. Letztlich hat Obama durch diese Manöver bei beiden Seiten an Einfluss verloren.

Verschobene Gewichte

Im Nahost-Konflikt geht es jetzt darum, einen Kompromiss zu finden, der einerseits Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erlaubt, den UN-Antrag auf Anerkennung seines Staates zu stellen, um nicht das Gesicht zu verlieren, der aber andererseits eine Abstimmung im Sicherheitsrat nicht sofort notwendig macht, um die Fronten nicht noch zusätzlich zu verhärten. Und der den Weg zu neuen Verhandlungen weist. Es sind vor allem die Europäer, die derzeit hinter den Kulissen an einer solchen Lösung basteln.

Denn die Amerikaner, von denen es immer hieß, sie seien die entscheidende Macht, die den Nahost-Konflikt voranbringen können, sind dazu allein nicht mehr in der Lage. Auf internationalem Parkett haben sich die Gewichte verschoben.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Christian Walz