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Die Erde ist schön, es liebt sie der Herr

5. Oktober 2013

Eine Handvoll Erde – das ist in aller Schlichtheit ein Symbol für unseren blauen Planeten und eine Aufforderung, nicht abzuheben, erdverbunden zu leben, meint P. Gerhard Eberts von der katholischen Kirche.

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Bild: picture-alliance/chromorange

Im Johannesevangelium wird berichtet, dass Jesus einen Blinden heilt, indem er auf die Erde spuckt, aus dem Speichel einen Teig macht und ihn dem Blinden auf die Augen streicht“(Joh 9.6). Die meisten von uns wissen noch, dass Speichel, also Spucke, kleine Verletzungen heilen kann. Die Frage ist trotzdem: warum zelebriert Jesus einen solchen archaischen Ritus? Er heilt doch oft Menschen nur durch Zuruf: „Steh auf! Dein Glaube hat dir geholfen!“ Er macht Menschen gesund durch Fernheilung: „Geh nach Hause! Dein Knecht ist gesund!“

Natürlich heilt Jesus durch die Macht seines göttlichen Wortes. Mehr braucht es nicht. Aber in unserem Fall handelt es sich um eine Blindenheilung. Der Blinde wird nicht geheilt, damit er als Sehender besondere Visionen empfängt. Er wird geheilt, damit er die Erde sehen, sich auf ihr bewegen und auf ihr sein Brot verdienen kann. Jesus will auch uns, den Sehenden, die Augen öffnen.

Wir schauen auf Jesus und die Erde in seiner Hand. Diese Erde vom Wegrand ist ein Symbol für das, was wir für gewöhnlich als Erde bezeichnen: unseren blauen Planeten, die Welt, auf der wir leben. Die Erde bietet uns festen Boden unter den Füßen, aber auch Heimat, obendrein ernährt sie uns. Glücklich der Mensch, der erdhaft, erdverbunden leben darf! Der erdhafte Mensch baut keine Luftschlösser. Er bleibt auf dem Boden. Der erdhafte Mensch kennt die heilende Kraft, die in der Erde steckt.

Wir schauen auf Jesus und die Erde in seiner Hand.Dabei wird uns die Begrenztheit und Zerbrechlichkeit der Erde bewusst. Die „Mutter Erde“ hat uns alle geboren, sie wird uns auch aufnehmen im Tod. „Von der Erde bist du genommen, zur Erde kehrst du zurück“, heißt es bei der Beerdigungsliturgie. Nicht nur der Mensch, auch die Erde ist vergänglich. Der Gedanke daran, sollte uns bescheiden und hilfsbereit machen. Wir sind alle aus dem gleichen Stoff; denn, so sagt der Schöpfungsbericht: „Gott, der Herr formte den Menschen aus der Erde des Ackerbodens“ (Gen 2,40). Darum werden wir uns auch die Indianerweisheit ins Stammbuch schreiben, die da sagt: Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern wir haben sie von unseren Kindern nur geliehen.

Wir schauen auf Jesus und die Erde in seiner Hand.Die Erde ist uns lieb und teuer, aber für viele ist sie auch eine Last. „Unter Mühsal wirst du vom Ackerboden essen alle Tage deines Lebens.“ Was Gott zu Adam nach dem Verlust des Paradieses gesprochen hat, ist auch heute noch für viele Realität. Die Erde ist nicht nur ein Grund zur Freude, so dass wir singen, „Die Erde ist schön, es liebt sie der Herr“, sie ist auch Symbol des harten Alltags und der Vergänglichkeit.

Der Mann, der durch Jesus das Augenlicht geschenkt bekommt, lernt aber zugleich ein „neues Sehen“. Schritt für Schritt erkennt er, dass die Erde nicht nur aus sich heraus so überaus kostbar ist: Der ehemals Blinde, so erzählt das Johannesevangelium, erkennt, dass dieser Jesus von Nazareth ein Prophet ist, einer, der Gottes Botschaft verkündet. Dann werden ihm die inneren Augen geöffnet für die Wahrheit, dass Jesus der Menschensohn ist, der Messias, der Sohn Gottes.

Unsere Erde ist nicht zuletzt deshalb so eine große Kostbarkeit, weil Jesus auf dieser Erde geboren wurde. Die Erde ist so kostbar, weil auf ihr das Kreuz des Erlösers aufgerichtet wurde. Nicht nur der Mensch, auch die Erde, die Schöpfung, die als Folge der Sünde Disteln und Dornen trägt, soll in ihrer Tiefe geheilt werden. So schreibt es der Apostel Paulus im Römerbrief: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (Röm 8, 21).

Es ist gut, ein „erdhafter“ Mensch zu sein und mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen. Das ist wichtig für unseren Alltag. Der Sonntag aber ist der Tag, an dem wir über diese Erde hinausschauen und uns bewusst machen, dass wir auf dieser Erde keine bleibende Stätte haben. Unsere Heimat ist im Himmel.

Erde in Jesu Hand: Das ist das Versprechen, dass Gott die Erde in seiner guten Hand trägt und das ist die Verheißung, dass uns ein neuer Himmel und eine neue Erde geschenkt werden.

Pater Gerhard Eberts MSF (Missionar von der Heiligen Familie), Augsburg Berge (Niedersachsen)
Pater Gerhard EbertsBild: Gerhard Eberts

P. Gerhard Eberts, geboren im Sauerland, ist Missionar von der Heiligen Familie (MSF). Nach Priesterweihe und Journalistenausbildung war er von 1968 bis 2011 Chefredakteur der Ordenszeitschrift „Sendbote“. Gleichzeitig war er bis 1984 Redakteur der Monatszeitschrift Weltbild. Zwischen 1991 und 2000 war P. Eberts Studienleiter und Dozent beim Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchs (ifp) in München. Dabei kümmerte er sich besonders um den Aufbau von Journalistenkursen in Osteuropa. Heute arbeitet er als Hochschulseelsorger in der Katholischen Hochschulgemeinde Augsburg, er gibt Exerzitien und trägt seit 2010 Verantwortung für die Koordination der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Diözese Augsburg.