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Nach dem Bombenanschlag

Das Interview führte Angela Göpfert3. Januar 2007

Der politische Arm der ETA zeigte sich am Mittwoch überrascht vom ETA-Anschlag in Madrid. Sicherheits-Experte Joachim Krause betont im Gespräch mit DW-WORLD.DE die Zerstrittenheit innerhalb der Separatisten-Bewegung.

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Feuerwehrmänner bei Aufräumarbeiten nach dem Bombenanschlag im Parkhaus des neuen Madrider Flughafens (Quelle: AP)
Die Autobombe im Parkhaus des neuen Madrider Flughafens verletzte 19 PersonenBild: AP

DW-WORLD.DE: Herr Krause, warum hat sich die ETA denn gerade jetzt mit einem solch massiven Anschlag auf den Flughafen in Madrid zurückgemeldet?

Joachim Krause: Der gewählte Zeitpunkt ist in der Tat ein großes Rätsel. Denn erst vor drei Wochen haben die ETA und die spanische Regierung ihre lange angekündigten und immer wieder hinausgezögerten Gespräche endlich aufgenommen. Es gibt also ganz offensichtlich innerhalb der ETA eine Fraktion, die diese Gespräche ablehnt und stören will.

Ministerpräsident Zapatero hatte sich gegenüber der ETA stets offener und gesprächsbereiter gegeben als sein Vorgänger Aznar. Ist mit diesem Anschlag seine Strategie der Annäherung endgültig gescheitert?

Es sieht ganz danach aus. Sein Innenminister hat bereits klar zum Ausdruck gebracht, dass damit das Angebot eines Friedensprozesses obsolet ist. Das war aber auch schon sehr mühsam in den letzten Monaten: Zwischen dem Waffenstillstandsangebot der ETA und dem Dialogangebot von Zapatero vergingen ja Monate, ehe man sich überhaupt über die einfachsten Modalitäten einig werden konnte. Was meines Erachtens eindeutig an der ETA lag, die Forderungen gestellt hatte, die für die spanische Regierung einfach nicht zu erfüllen waren. Kein Wunder also, dass die Mehrheit der spanischen Bevölkerung denkt, dass der politische Dialog mit der ETA keinen Sinn macht.

Am Mittwoch hat der politische Arm der ETA, die verbotene Batasuna-Partei, Unverständnis über den Anschlag am Madrider Flughafen geäußert: Kann man das als Zeichen der Zerstrittenheit zwischen ETA und Batasuna-Partei deuten?

Joachim Krause, Professor für Politikwissenschaft und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Sozialwissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Joachim KrauseBild: presse

Die Batasuna-Partei hat auch schon in der Vergangenheit oft erstaunt auf ETA-Anschläge reagiert und so getan, als hätte sie damit nichts zu tun. Das ist Teil ihrer Legende. Insofern wäre ich vorsichtig, diese Äußerung als Zeichen der Zerstrittenheit zwischen ETA und Batasuna-Partei zu deuten. Aber es gibt ja nicht nur zwischen ETA und Batasuna Spannungen, sondern auch innerhalb der ETA sehr unterschiedliche Fraktionen. Und zwischen denen wird offenbar gerade ein großer Konflikt ausgetragen.

Der Generalstaatsanwalt Candido Conde-Pumpido sagte, der Niedergang der Separatisten sei nicht aufzuhalten: "Meiner Ansicht nach ist die ETA besiegt und wir sind auf ihrer Beerdigung." Teilen Sie diese Einschätzung?

Das ist schon sehr optimistisch. Aber tatsächlich gab es in den letzten Jahren immer wieder Anzeichen, dass die ETA geschwächt ist und dass die Politik dieser Organisation gerade auch bei den jungen Basken schwer umstritten ist. Zudem repräsentiert die ETA nur eine Minderheit der Basken. Doch leider kann keiner von uns in die Interna der ETA hineinschauen, vielleicht bestenfalls ein Staatsanwalt. Ich kann nur hoffen, dass seine Aussage einen realen Hintergrund hat.

Joachim Krause ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Politische Wissenschaft und Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.