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Vermittler

21. August 2008

Der Vorsitzende des Föderationsrates Russlands, Sergej Mironow, hält einen neuen Kalten Krieg zwischen Russland und dem Westen für unmöglich. Im Interview mit der DW spricht er über die Rolle der EU im Kaukasus-Konflikt.

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Sergej Mironow findet Lob und KritikBild: DW

DW-Russisch: Herr Mironow, wie bewerten Sie die Rolle der Europäischen Union als Vermittler im Kaukasus-Konflikt?

Sergej Mironow: Natürlich bewerte ich die Rolle positiv. Es ist sehr gut, dass die europäischen Staatschefs sich persönlich für Frieden in dieser Region einsetzen. Gleichzeitig möchte ich aber auch tiefes Bedauern äußern über die einseitigen Informationen, auf die sich zahlreiche westliche Politiker stützen und anhand derer sie ihre Meinung zu Südossetien bilden. Es ist der Initiative von Herrn Sarkozy zu verdanken, dass ein Sechs-Punkte-Plan erstellt wurde. Wie mir bekannt ist, unterstützt die EU-Führung diesen Plan, der ein gewichtiger positiver Beitrag ist.

Den USA ist es im Gegensatz zur EU nicht gelungen, als Vermittler in dem Konflikt aufzutreten. Kann Europa die eigene Rolle bei der Lösung von Konflikten in Eurasien noch verstärken?

Das kann und muss Europa. Ich habe immer Respekt davor, wenn Europa eine eigene Position bezieht und sich in den verschiedensten wirtschaftlichen und politischen Fragen nicht von den USA einspannen lässt. Die Europäische Union ist längst ein selbständiger und einflussreicher Akteur in der internationalen Arena. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Europäer ihre Kraft und Möglichkeiten unterschätzen. Wir respektieren immer die Schritte, die von nationalen oder besonderen Interessen der EU diktiert werden, und nicht von irgendwelchen transatlantischen Partnern.

Hochrangige europäische Politiker fragen sich derzeit, ob der Konflikt im Kaukasus zu einer Abkühlung der Beziehungen zwischen Russland und der EU führen wird. Rechnen Sie mit einer solchen Abkühlung?

Nein, ich rechne nicht mit einer Abkühlung. Wir alle sind heute in einer globalisierten Welt voneinander abhängig und miteinander verbunden. So etwas, was man seinerzeit als Kalten Krieg oder Eisernen Vorhang bezeichnete, kann es heute nicht mehr geben. Nur wenige Tage nach Sarkozys Besuch traf sich Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten. Mit einer Abkühlung ist nicht zu rechnen. Außerdem bin ich überzeugt, dass sich die Lage ändern wird, wenn die europäischen Staatschefs, aber auch die Öffentlichkeit, verlässliche und wahre Informationen bekommen, und wir werden diese Informationen liefern. Derzeit wird alles festgehalten, es gibt Zeugenaussagen, Videos, Fotos.

Wie steht es um das internationale Recht: Wird sich Russland daran halten, beispielsweise an das UN-Statut, an das Prinzip der territorialen Integrität von Staaten?

Es gibt die territoriale Integrität, und es gibt das Recht der Völker auf Selbstbestimmung. Im Falle des Kosovo hat man an die territoriale Integrität nicht mehr gedacht. Es wurde ein Präzedenzfall geschaffen und gegen das UN-Statut sowie internationales Recht verstoßen. Für diesen Präzedenzfall sind die USA verantwortlich. Nach Kosovo sind verschiedene Brennpunkte in vielen Regionen der Welt entstanden, darunter auch separatistische und nationale Befreiungsbewegungen. Das internationale Recht ist nicht zerstört, es besteht und dessen Hauptprinzipien sind in Kraft. Dies hat unser Präsident auch deutlich zum Ausdruck gebracht, als er von einer möglichen künftigen Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens sprach, was mich freut. Er sagte, dies sei nur möglich, wenn man sich auf das UN-Statut stütze.

Das Gespräch führte Wladimir Sergejew