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Fünf Gefahren für unsere Ozeane

Brigitte Osterath
5. Oktober 2017

Das Meer bedeckt zwei Drittel unseres Planeten, es schenkt uns Nahrung, Energie und andere Schätze. Aber diese fantastische Unterwasserwelt ist in Gefahr. Welche Bedrohung ist am größten?

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Internationaler Tag des Meeres
Bild: Imago/OceanPhoto

Wellenreiten, segeln, Spaziergänge an menschenleeren Strände - ja, wir Menschen lieben das Meer. Trotzdem behandeln wir es alles andere als gut. Wir haben die fünf größten Bedrohungen für unsere Weltmeere zusammengestellt.

1. Bald ausverkauft

Fisch und Meeresfrüchte sind gesund. Mehr noch: Weltweit sind viele Menschen - vor allem in Entwicklungsländern - von dieser Eiweißquelle aus dem Meer abhängig. Früher fing die Menschheit nur so viel, wie die Natur wieder nachliefern konnte. Aber dieses Gleichgewicht existiert nicht mehr.

Fischkutter beim Fischen
Wie viel Fisch geht noch?Bild: picture-alliance/dpa

Laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wurden im Jahr 2015 über 81 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte gefangen - ein Plus von 1,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2014. Knapp ein Drittel der weltweiten Fischbestände sind bereits überfischt; über die Hälfte sind an ihrem Limit.

Die größten Fischfangnationen waren im Jahr 2015 China, Indonesien und die USA. 80 Prozent der weltweiten Fisch- und Meeresfrüchtefänge gehen aufs Konto von 23 Ländern - die meisten von ihnen Industrienationen.

Fische in Aquakulturen nachzuzüchten galt lange Zeit als Lösung des Problems. Aber das verschlimmert die Situation sogar noch. Die industrielle Massenfischhaltung - beispielsweise in großen Käfigen an den Meeresküsten  - benötigt ironischerweise große Mengen Meeresfrüchte und Fische - denn mit irgendwas müssen die Zuchtfische ja gefüttert werden. Fischfarmen verschmutzen zudem die Gewässer rund um sie herum mit Exkrementen und Medikamenten. Auch Fischkrankheiten können sich besser ausbreiten.

Rigorose Fischfangquoten und allgemein ein besseres Fischereimanagement könnten hingegen helfen. Fischbestände können sich wieder erholen, wenn man sie eine Zeit lang in Ruhe lässt. Doch das klappt nur bei rechtzeitigem Eingreifen.

Und ja: Fisch und Meeresfrüchte in Maßen zu essen und darauf zu achten, welche Art aus welcher Gegend auf dem Teller landet, hilft natürlich auch.

Infografik Fischbestand

2. Wenn das Meer sauer wird

Der CO2-Ausstoß hat sich seit Beginn der Industrialisierung vervielfacht; trotzdem ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre um nur 40 Prozent gestiegen. Denn die Meere nehmen Kohlendioxid auf: Das Gas löst sich im Wasser. So verlangsamt das Meer den Klimawandel - allerdings hat das seinen Preis.

Wenn sich Kohlendioxid in Wasser löst, entsteht Kohlensäure - das Wasser wird saurer, der pH-Wert sinkt. Im Jahr 1870 war der pH-Wert von Meerwasser noch 8,2; inzwischen beträgt er 8,1. Und Prognosen sagen voraus, dass er im Jahr 2100 auf sogar 7,7 abgefallen sein wird.

Das scheint nur eine geringe Veränderung zu sein - es bedeutet aber, dass die Menge an Säure um 150 Prozent zugenommen haben wird. Viele Tiere - vor allem viele Weichtiere und Wirbellose - können damit nicht umgehen. Sie werden aufhören, sich zu vermehren, und irgendwann aussterben.

Austernzucht auf Sylt
Austern reagieren besonders empfindlich auf pH-Wert-SchwankungenBild: picture-alliance/dpa/A. Warmuth

Einen Vorgeschmack gab im Jahr 2005 der Untergang der Austernfarmen an der kalifornischen Küste in den USA: Das Meerwasser war zu sauer für die Larven der Austern geworden. Die Larven starben und mit ihnen der Industriezweig in dieser Gegend.

Um die Versauerung der Ozeane aufzuhalten, muss der CO2-Ausstoß reduziert werden - und das so schnell wie möglich.

3. Die Zukunft wird warm - und bleich

Die Meere speichern nicht nur CO2, sie speichern auch Wärme. Berechnungen zufolge absorbieren sie 93 Prozent der Wärme, die durch den menschengemachten CO2-Ausstoß verursacht wird. Das führt allerdings zwangsweise zu wärmerem Wasser.

Zwischen 1900 und 2008, stieg die Meeresoberflächentemperatur weltweit im Durchschnitt im 0,62 Grad Celsius, in einigen Gegenden wie dem Chinesischen Meer sogar um bis zu 2,1 Grad. Für viele Unterwasserorganismen ist das ein großes Problem, zum Beispiel für Korallen.

Korallen sind Tiere, die ein hartes Kalkgerüst bilden. In ihrem Innern nisten sich farbenfrohe, photosynthetisch aktive Algen ein. Wenn das Wasser aber zu warm wird, stoßen die Korallen ihre Algen ab und verhungern schließlich. Dieser Vorgang heißt Korallenbleiche. Bereits jetzt ist ein Drittel des Great Barrier Reefs vor Australien tot.

Nur ein geringerer CO2-Ausstoß könnte die Meerwassertemperaturen an einem weiteren Ansteigen hindern. Darüber hinaus werkeln Forscher aber auch daran, Korallen zu züchten, die widerstandsfähiger gegen wärmere Temperaturen sind.

4. Überall Dreck

Lange Zeit waren die Weltmeere nichts weiter als eine riesige Müllkippe für Seefahrer, Kreuzfahrtschiffe und Küstenstädte. Und obwohl sich die Einstellung inzwischen deutlich verändert hat, sammelt sich noch immer eine riesige Müllmasse in den Ozeanen an.

In fünf großen Müllstrudeln haben die Strömungen Billionen von Plastikteilen und anderen Abfällen eingefangen. Sie umfassen eine Fläche zwischen schätzungsweise 700.000 und 15 Millionen Quadratkilometern.

Ghana Plastikmüll am Strand
Mehr Müll als Sand - Strand in GhanaBild: picture-alliance/dpa/C. Thompson

99 Prozent des Mülls erreicht diese Wirbel allerdings nie. Er wird an die Küsten geschwemmt und bringt Seevögel, Meeresschildkröten und andere Tiere in Gefahr. Ein großer Teil des Abfalls wird zudem in winzige Teilchen zersetzt: Mikroplastik, das sich auf dem Meeresgrund oder auf dem Meereseis an den Polen absetzt.

Dazu kommen Nitrat und Phosphat aus Massentierfarmen, die über die Flüsse ins Meer gelangen. Sie lassen Algen gedeihen, die später sterben und von Bakterien zersetzt werden. Der Sauerstoffgehalt im Wasser sinkt dermaßen ab, dass in diesen "Todeszonen" nichts mehr wachsen kann.

Auch Industrieabwässer gelangen nach wie vor in die Meere, und mit ihnen gefährliche Chemikalien und Metalle wie Blei, Quecksilber und schwer abbaubare organische Schadstoffe. Die reichern sich im Fett von Walen, Haien und anderen Tieren am Ende der Nahrungskette an.

Es gibt bereits Pläne, den Müllbergen im Meer Herr zu werden. Die niederländische Stiftung "The Ocean Cleanup" will im Jahr 2018 beginnen, Plastikabfall aus dem größten Müllstrudel im Pazifik zu entfernen, und zwar mit einem schwimmenden Gerät, das sie für diesen Zweck entwickelt haben.

Abgesehen davon braucht es vor allem weniger Plastik und strengere Gesetze im Umgang mit Abwässern.

5. Noch mehr Schätze aus dem Meer

Der große Ansturm auf das Meer steht möglicherweise erst bevor. Denn tief in den Ozeanen warten begehrte Bodenschätze darauf, heraufgeholt zu werden, wie etwa Manganknollen. Das sind Gesteine aus Eisen und Manganhydroxid, die sich auf dem Meeresgrund befinden. Mit Mangan stellt man Metalllegierungen her, die vor allem für die Produktion von rostfreiem Stahl genutzt werden.

Manganknolle
So sehen die begehrten Manganknollen ausBild: picture-alliance/blickwinkel/R. Koenig

Schätzungen zufolge ruhen im Meer über 7 Milliarden Tonnen Mangan - mehr als an Land. Viele Länder haben sich bereits "claims" auf dem Meeresgrund gesichert, um dort in Zukunft mit dem Abbau beginnen zu können. Auch andere wertvolle Metalle wie Nickel, Thallium und seltene Erden liegen dort unten.

Allerdings sind die Manganknollenfelder auch Hotspots der Artenvielfalt. Erst letztes Jahr haben Forscher dort einen geisterhaften Oktopus entdeckt, den sie Casper tauften. Bergbau in diesen Gegenden würde die sensiblen Ökosysteme in Gefahr bringen. Lediglich ein generelles Verbot oder zumindest strenge Regeln für den Tiefseebergbau kann Schlimmes verhindern.