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Fed: Tag der Entscheidung

Andreas Rostek-Buetti16. September 2015

Die Gouverneure der Federal Reserve, der amerikanischen Notenbank, tagen in Washington - es geht um eine historische Frage: Hebt die Fed die seit Jahren nahe Null verharrenden Leitzinsen?

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Janet Yellen
Bild: picture-alliance/dpa

Kaum einer unter all den Ökonomen weltweit traut sich mehr, mit Überzeugung vorauszusagen, was Fed-Chefin Janet Yellen am Donnerstag zum Ende des Gouverneurstreffens bekannt geben wird. Zieht der US-Leitzins wieder an, oder wartet die Fed damit bis Dezember?

Die Finanzmärkte, zeigen die Börsenindices, blieben verhalten bis optimistisch: der Dax und EuroStoxx am Mittwoch deutlich im Plus, auch der Nikkei in Japan am Donnerstag, ebenso die anderen asiatischen Börsen. Nur noch gut ein Viertel der Marktteilnehmer, so jüngste Wetten an den Börsen, glaubt, dass die Fed schon morgen die Zinswende einleitet.

Warnende Töne

Warnende Töne noch am Mittwoch hingegen von der OECD in Paris. Die Chef-Ökonomin der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit mahnt, das Tempo sei jetzt wichtig. Catherine Mann plädierte gegenüber der Agentur Reuters für eine allmähliche Straffung:"Steigende Zinsen würden jetzt Unsicherheit aus den Märkten lassen", sagte Mann.

Eines kann man mit Bestimmtheit sagen: Die Fed-Gouverneure und ihre Vorsitzende Yellen haben ein kompliziertes Bündel zu entwirren.

Kommt die Zinswende nach der historisch langen Tiefstphase also schon am Donnerstag oder wird sie wieder verschoben?

Für und Wider

Beide Varianten haben ihr Für und Wider – hier eine (unvollständige) Liste:

- Pro: Janet Yellen hat im Juli vor dem Kongress in Washington gesagt, langsam komme die Zeit für ein Ende der Niedrigzins-Politik. Noch in diesem Jahr werde es wohl zu einer Zinswende kommen. Es wäre die erste seit 2008. Nun geht es also um die Glaubwürdigkeit der Fed.

- Pro: Schon die Ankündigung hat Wirkung gezeigt – mehr Wirkung vielleicht als die Entscheidung selbst, vermutet mancher Beobachter. Seit der Ankündigung fließt massenhaft Kapital aus den Schwellenländern ab. Die Börsen dort sind um 16 Prozent eingebrochen. Diese Unsicherheit muss enden, fordern Kritiker.

- Contra: Aber eben diese Schwellenländer führen Weltbank und Internationalen Währungsfond zu der Warnung: Durch höhere Zinsen in den USA könnte der Dollar anziehen – entsprechend würden die Währungen in Brasilien, Indonesien, in der Türkei oder anderen wachsenden Volkswirtschaften schwächer, noch mehr Anleger würden das Weite suchen.

- Contra: Besonders ein Schwellenland gibt derzeit Anlass zur Sorge: China. Der kurze, von Staats wegen entfachte Börsenboom dieses Sommers ist abrupt zu Ende gegangen, die Kurse im Land sind abgestürzt, die Börsen weltweit spürten die Schockwellen. Die Furcht greift um sich: Steht China vor einer ernsten Flaute? Und in solch einer Lage soll die Fed im eigenen Land die Zügel anziehen?

- Pro: Leitzinsen sollen steigen, so will es ökonomische Weisheit, wenn die Beschäftigung hoch ist, die Löhne ebenso und die Wirtschaft brummt. All das ist in den USA so, wenn auch mit einigen Einschränkungen.

- Pro: In einer solchen Situation würde die Zinserhöhung der Notenbank Spielräume für mögliche künftige Krisen eröffnen, meinen die Befürworter. Und eine Zinserhöhung würde künftigen Spekulationsblasen vorbeugen. Die nämlich drohen, wenn zu viel Geld im Umlauf ist und zu gefährlichen Transaktionen an den Märkten verleitet.

- Contra: Die Fed als US-Notenbank schaut naturgemäß vor allem auf die Lage im eigenen Land. Hier soll sie für Währungsstabilität, hohe Beschäftigung und gefestigte Finanzmärkte sorgen. Überall hier sieht es nicht schlecht aus, aber Skeptiker warnen: Die Daten sind nicht eindeutig, der Aufschwung könnte schnell wieder abgewürgt werden, wenn die Leitzinsen zur Unzeit steigen – und womöglich die Schockwellen der Zinsentscheidung einmal um den Globus gehen, um dann auch die US-Wirtschaft zu treffen.

Verschieben?

Das könnte sich als entscheidendes Motiv der Zentralbanker erweisen. Finanzexperten der Barclays Bank schreiben denn auch, sie gingen davon aus, "dass die Fed die Zinserhöhung verschieben wird, um die Risiken für die Konjunktur nach den jüngsten Kursturbulenzen zu analysieren."

Aufgehoben wäre dann nur aufgeschoben – und zwar genau auf den 16. Dezember: Dann kommen die Fed-Gouverneure zu ihrer nächsten und letzten Sitzung in diesem Jahr zusammen.